„Ich bin nicht mehr die süße Magdalena“

8.12.2010, 16:24 Uhr
„Ich bin nicht mehr die süße Magdalena“

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Wie war der Einstieg ins Training?
Neuner: Am Anfang fiel’s ganz schön schwer. Wenn man im Hinterkopf hat, was man schon alles erreicht hat, dann fällt’s noch einmal ein bisschen schwerer.

Hört sich nach kleiner Sinnkrise an. Hatten Sie überlegt, ganz aufzuhören?
Neuner: Nicht ernsthaft, dafür bin ich doch noch ein bisschen zu jung. Trotzdem hatte ich den Gedanken: Ich muss ganz schön kämpfen, um mich wieder zu motivieren.

Was war ausschlaggebend?
Neuner: Ganz einfach, dass ich einen Traumberuf ausübe. Ich kann mit dem Radl zum Badesee fahren, während andere im Büro schwitzen. Klar muss ich auch draußen sein, wenn es regnet und die anderen im trockenen Büro sitzen. Doch es ist in jedem Beruf so, dass es mal mehr und mal weniger Spaß macht.

Nach Vancouver gab’s einen Umbruch im deutschen Team, weil Kati Wilhelm, Simone Hauswald und Martina Glagow zurückgetreten sind. Was hat sich dadurch verändert?
Neuner: Eigentlich gar nicht so viel. Wir sind eine Mannschaft, die sich schon lange kennt. Kathrin Hitzer ist wieder im Team, Sabrina Buchholz auch. Wir sind ein Team, das prinzipiell nicht neu erfunden wurde. Wir verstehen uns untereinander gut. Das ist wichtig.

Sie betonen immer wieder die gute Stimmung im Team.
Neuner: Weil es so ist.



Uwe Müssiggang wurde zum Cheftrainer befördert, stattdessen kam Ricco Groß als Trainer ins Frauenteam. Wie macht sich das bemerkbar?
Neuner: Eigentlich sehr positiv. Mit Ricco fließen neue Dinge ins Training ein. Er ist sehr nah am Sportler dran, geht selbst mit auf die Strecke und korrigiert dann vor Ort. Er versucht, auf jeden individuell einzugehen.

Lastet nach den Rücktritten mehr Verantwortung auf Ihren Schultern?
Neuner: Die Trainer wollten mich als Mannschaftssprecherin ausschauen. Ich habe ihnen gesagt, dass es zwar eine Ehre wäre, aber ich nicht wüsste, ob ich der richtige Mensch dafür bin. Ich bin nicht diejenige, die sich gerne jeden Tag vorne hinstellt. Wir haben’s jetzt so geregelt, dass die Andrea (Henkel) und ich ein wenig die Mannschaftssprecherinnen sind.

Kati Wilhelm war in dieser Hinsicht ein anderer Typ.
Neuner: Das stimmt, Kati war diesbezüglich sehr stressverträglich.

Merken Sie, dass Sie den Stress außerhalb besser verkraften?
Neuner: Routine bekommt man schon, aber was öffentliche Auftritte anbelangt bin ich absolut nicht stressverträglich. Die Einkleidung vor der Saison ist ein schöner Termin, aber für mich auch sehr anstrengend. Magdalena schau‘ mal hier, Magdalena mach’ mal das, Magdalena lächel’ mal – ich sollte an drei Orten gleichzeitig sein. Ich falle abends todmüde ins Bett. Für die Kati war das kein Problem, der hat das sogar Spaß gemacht.

Vor ein paar Jahren gab es Bilder von Ihnen strickend und mit vielen Wollknäueln. Im Sommer kamen Bilder in Dessous auf den Markt. Eine ziemliche Bandbreite.
Neuner: Obwohl ich mich auch heute noch strickend fotografieren lasse.

„Ich bin nicht mehr die süße Magdalena“

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Warum die erotischen Fotos?
Neuner: Ich hatte schon immer ein Problem mit diesem Klischeedenken. Peng, schon war ich in der Schublade: die kleine, süße Magdalena aus Wallgau, die ständig ein Dirndl anhat und strickend auf dem Sofa sitzt oder Harfe spielt. Das ist ein Teil von mir, dazu stehe ich. Aber ich finde es schlimm, wenn ich auf das beschränkt werde. Ich wollte mit den Fotos auch die Frau in mir zeigen. Ich bin in den Jahren nicht nur älter geworden, sondern auch gereift. Ich bin nicht mehr nur die kleine, nette, süße Magdalena, die zu allem Ja und Amen sagt.

Hat sich der Playboy gemeldet?
Neuner: Der war schon zweimal da. Für mich macht es aber schon einen Unterschied, ob ich meinen Körper verkaufe oder ob ich mal ganz andere Aufnahmen machen lasse. Nicht im Sportdress oder im Strickpullover, sondern mit einem schönen BH. Das Shooting hat Spaß gemacht, ich würde es jederzeit wieder machen. Aber zum Playboy sage ich Nein.

Zurück zum Sport: Welche Ziele haben Sie in diesem Winter?
Neuner: Die Frage erübrigt sich, wenn man bedenkt, was ich die letzten Jahre alles erreicht habe. Diesen Anspruch habe ich einfach immer an mich. Klar ist der Gesamtweltcup ein Ziel, auch von der WM will ich nicht mit ganz leeren Händen heimfahren.

Sind die Olympischen Spiele 2018 noch ein Thema?
Neuner: Selber starten? Nein, ganz sicher nicht. Ich bin dann ja schon 33 Jahre alt.

Das ist doch kein Alter.
Neuner: Ich betreibe jetzt schon 15 Jahre Leistungssport. Irgendwann reicht’s einfach.