Kegeln auf Finnisch mit einer Prise Anarchie

13.8.2007, 00:00 Uhr
Kegeln auf Finnisch mit einer Prise Anarchie

© Karlheinz Daut

Wer in diesen verregneten Augusttagen im Pegnitzgrund unterwegs ist, mag sich schon einmal gefragt haben, welche hartgesottenen Menschen trotz Wind und Regen stundenlang auf den Wiesen verharren. Eine Gruppe von etwa fünfzehn bis zwanzig Leuten sieht man jeden Sonntagnachmittag auf den Boulebahnen beim Westbad. Und jedes Mal vollführen sie dasselbe Ritual: Sie schleudern merkwürdige hölzerne Wurfgeschosse von sich. Wenige Sekunden nach dem Wurf vernimmt man einen Jubelschrei des Werfers oder man sieht ihn gesenkten Hauptes davonschleichen. Was tun diese Menschen? Sie spielen Pölkky, der Nationalsport der wurffreudigen Finnen, die traditionell vom Handy bis zum Gummistiefel alles mögliche weit wegschleudern.

Seit über einem Jahr trifft sich die Gruppe um die gebürtigen Finninen Mari Koskela und Marjukka Cassaro. Auch Horst Neuhoff, der mit einer Finnin verheiratet ist, kommt immer mit, wenn das Geschicklichkeitsspiel trainiert wird. «Pölkky ist ein Spiel für alle Altersgruppen. Mein Sohn Toni ist mit zwölf der Jüngste», sagt Marjukka Cassaro. Das Spiel ist nach dem Wurfholz - finnisch Pölkky - benannt. In Finnland heißt es ursprünglich Mölkky, wegen urheberrechtlicher Gründe wird es in Deutschland aber Pölkky genannt. Ein Pölkky-Spielsatz aus Holz besteht aus zwölf Spielhölzern und einem Wurfholz. Die Spielhölzer sind runde Kegel und an der Oberseite abgeschrägt. Sie tragen Zahlen von eins bis zwölf.

Wenn der Gegner sabotiert

Ein bisschen kann man Pölkky mit Kegeln vergleichen. Bei beiden geht es darum, die Holzkegel, die nach einem bestimmten System auf einer Fläche angeordnet sind (bei Pölkky ein länglicher Kiesplatz) zu treffen. Allerdings ist es bei Pölkky etwas komplizierter, denn wichtig sind die Zahlen auf den Kegeln. Der Spieler, der als erster eine Punktzahl von exakt 50 erreicht, ist Sieger. Trifft der Werfer einen Kegel so, dass dieser umfällt, dann zählt die auf dem Holz aufgedruckte Punktzahl. Fallen mehrere Kegel um, addiert man die Punkte aus der Anzahl der umgefallenen Kegel. 50 Zähler zu sammeln ist dabei gar nicht so einfach. Denn der Gegner tut alles, um einen zu sabotieren.

Er kann beispielsweise extra einen Kegel anpeilen, den er zwar nicht selber braucht, aber den der andere im nächsten Wurf benötigen würde. Denn der Kegel wird dort neu aufgestellt, wohin ihn der Spieler mit seinem Wurfholz weggekickt hat. So geht es bei Pölkky immer auch um Taktik. Ansonsten entpuppt sich der finnische Export als durchaus gemütliche Angelegenheit. Und billig ist es obendrein. «Es kostet so gut wie nichts», sagt Horst Neuhoff, «nur zehn Cent pro Spiel.» Und ein bisschen anarchisch ist die Angelegenheit auch. «Jeder kann kommen und gehen, wann er will», erzählt Neuhoff weiter. Trotzdem, ein Mannschaftstrikot muss natürlich sein: «NPV» prangt auf den gemeinsamen T-Shirts, was auf finnisch «Nürnbergin Pölkky Veikot», auf deutsch «Nürnberger Pölkky Freunde», bedeutet.

Am kommenden Wochenende starten neun Nürnberger Pölkky-Freunde im finnische Lahti bei der Pölkky-Weltmeisterschaft. Die findet jedes Jahr statt und auch dort geht es in erster Linie um den Spaß am Spiel. Dafür hat sich die Übungsphase im verregneten Nürnberger August gelohnt. «In Lahti müssen wir bei jedem Wetter spielen», betont HorstNeuhoff. Zumal dann Schluss mit lustig ist - eine vordere Platzierung soll es schon werden. ANNETTE WALTER

Weitere Informationen unter www.dfg-nuernberg.de/dfg/index.htm