Kommentar: Der Super League-Flop war nur der Anfang

21.4.2021, 13:53 Uhr
Cancel Culture: Auch die Fans, die an der Stamford Bridge gegen die Super League protestiert haben, dürfen sich freuen. Fragt sich nur, wie lange.

© ADRIAN DENNIS, AFP Cancel Culture: Auch die Fans, die an der Stamford Bridge gegen die Super League protestiert haben, dürfen sich freuen. Fragt sich nur, wie lange.

Plötzlich war wieder Ruhe im großen europäischen Fanblock. In der Nacht zum Montag war dort die Super League aufgetaucht – protzig, selbstverliebt, abgehoben –, wurde beschimpft und hat sich zwei Tage später wieder verzogen. Alles gut also im Fußball, wie wir ihn kennen und lieben? Natürlich nicht.

Es ist unwahrscheinlich, dass die Männer hinter zwölf der größten Klubs der Welt tatsächlich von den wütenden Reaktionen von Fans, Politik und aus dem Sport selbst überrascht wurden. Genauso unwahrscheinlich ist es, dass ausgerechnet Bayern München und Borussia Dortmund an diesen Plänen nicht beteiligt waren; dass es der letzte Versuch war, den europäischen Spitzenfußball den Kurven zu entreißen; oder dass das Theater nicht allein dazu veranstaltet wurde, um in der Champions League zu verhindern, dass die lumpigen Meister aus der Slowakei oder aus der Schweiz die Party crashen.

Für die Young Boys Bern, für jedes Kinderlachen

Die zwölf Verschworenen, die Bayern, Dortmund und mindestens Paris St. Germain sind ihren Vierteln, ihren Städten und Ländern, selbst ihrem Kontinent längst entwachsen. Sie gehören schon lange nicht ihren Fans und schon gar nicht den Fans ihrer Gegner. Es ist Glück, mit diesen Vereinen aufwachsen zu dürfen. Fans finden ihre Vereine heute auf Instagram, Youtube oder per Livestream, nachts um drei auf der anderen Seite des Erdballs. Diese Fans und die Produkte, die sie kaufen, sind für die Männer hinter den Großklubs interessanter als die Fans in der Kurve. Und sie wissen, dass das Hochglanzprodukt nicht leiden wird, wenn sich die selbsternannten wahren Fußballfans angewidert abwenden.

Trotzdem lohnt es sich zu kämpfen, um jede Meisterschaft von Leicester City, um jede Champions League-Teilnahme der Young Boys aus Bern, um jedes Dienstagsspiel zwischen Bielefeld und den Bayern. Es lohnt sich für jedes Mädchen, jeden Jungen zu kämpfen, dass sich über ein 0:4 des kleinen Herzensklubs in den großen FC Barcelona verliebt, der immer noch mehr als ein Klub sein will, der aber spätestens in der Super League nur noch wie ein Marketinginstrument wirken wird.

Den ersten verdächtig kurzen Kampf um den Verbleib des dreckigen Dutzends mag eine seltsame Allianz aus Fußballromantikern und -zynikern gewonnen haben. Vielleicht auch will sie ihn hatte gewinnen sollen. Die große Schlacht aber hat gerade erst begonnen.

Verwandte Themen


1 Kommentar