Marc Zellhöfer: Ein Leben für den Motorsport

20.7.2017, 17:40 Uhr
Marc Zellhöfer: Ein Leben für den Motorsport

© Foto: Eigler

Wer im Motorsport spät startet, wird in der Regel schnell abgehängt. Nicht so bei Marc Zellhöfer. Mit 14 Jahren startet der Junge aus Fürth-Sack seine Karriere beim Motocross, zunächst nur aus Spaß. Weil ihm das aber auf Dauer zu langsam ist und der Adrenalinkitzel fehlt, testet er 2011 auf dem Sachsenring eine Aprilia RS 125. Der Funke springt über, er steigt 2012 in den ADAC Junior Cup ein.

Obwohl er dort mit 15 Jahren einer der ältesten und schwersten Fahrer ist – jedes Gramm zusätzliches Gewicht kostet wertvolle Rundenzeit –, stellen sich dort die Erfolge im zweiten Jahr bereits ein. Einer Pole Position am Lausitzring folgt der erste Sieg überhaupt Ende des Jahres am Hockenheimring.

2015 folgt der Wechsel in den Yamaha-Cup. An die neue Maschine mit annähernd 120 PS bei 600 ccm gewöhnt sich Zellhöfer schnell: "Die Umstellung war von der Leistung her am Anfang heftig, aber es hat großen Spaß gemacht. Entsprechend gewöhnt man sich dann auch dran." Auch ein Grund dafür: Mit knapp 60 Kilo hat der Biker keinen Gewichtsnachteil mehr. Streckenabhängig werden pro Rennen knapp 50 Kilometer oder 14 Runden zurückgelegt.

Einem zehnten Platz in der Gesamtwertung folgt im vergangenen Jahr der Durchbruch. Mit vier Siegen ist der Hobby-Fußballer vom TSV Sack bis zum letzten Lauf in Hockenheim ein Meisterschaftskandidat. Nur ein Punkt trennt ihn vom Polen Patryk Kosiniak. Bis zur achten Runde liegen die beiden unmittelbar hintereinander auf den Plätzen drei und vier, als Zellhöfer stürzt. Der Traum von der Meisterschaft ist dahin. Immerhin bleibt ihm das Trostpflaster, Rookie des Jahres, also bester Neuling geworden zu sein.

Mit der Vizemeisterschaft hat es Marc Zellhöfer seinem Vater Gerhard nachgetan. Der ging bereits in den 80er und 90er Jahren im Yamaha-Cup und der deutschen Meisterschaft (heute Superbike IDM) an den Start.

Die Leidenschaft für den Motorsport ist in der ganzen Familie zu spüren. Auch Mutter Karin und Schwester Sarah sind bei nahezu jedem Rennen dabei. Mit dem Anhänger geht es dann nach Hockenheim, Polen oder Belgien. Dabei fungiert die Familie als Boxen-Crew.

Während Karin Zellhöfer neben der Organisation an der Boxenmauer steht und Marc mit einer Tafel Runde für Runde die Zeiten anzeigt, sind während des Trainings Gerhard und Sarah Zellhöfer an der Strecke unterwegs, um den Fahrstil Marcs und den seiner Konkurrenten zu beobachten.

Am Stil feilen

Das ist notwendig, um am Stil zu schleifen, der immer wieder justiert und verbessert werden muss. Als der Fürther 2015 auf den Yamaha-Cup umgestiegen ist, hat er seine Fahrweise recht radikal geändert. Weniger rund, dafür mehr auf Sicherheit bedacht und in den Kurven spitzer zum Scheitelpunkt hin, wodurch er schneller wieder am Gas ist. Aus einer Kurve wird so ein Dreieck. Natürlich hilft da die Erfahrung von Vater Gerhard. Wesentliche Verbesserungen kommen nur mit regelmäßigen Testfahrten zustande.

Diese Unterstützung ist nur möglich, weil bis auf Marc alle Zellhöfers im familieneigenen Transportunternehmen arbeiten. Der Fürther selbst ist bei der MAN als Kfz-Mechatroniker in die Lehre gegangen und dort mittlerweile als Geselle tätig. Dort fühlt sich der Mittelfranke pudelwohl und ist seinem Arbeitgeber auch sehr dankbar dafür, dass er dort für sein großes Hobby Verständnis findet. "Manchmal ist es aufgrund von Änderungen im Terminkalender nicht anders möglich, erst zwei Wochen vor dem Wettkampf Urlaub zu beantragen."

Andere Teilnehmer müssen gelegentlich das Training auslassen und kommen erst am Samstag an. Ein klarer Wettbewerbsnachteil. Auch hilft die Arbeit, mehr Verständnis für die Technik zu bekommen. "Ich schraube am Motorrad viel selber herum. Das Motorrad wird als Straßenversion geliefert und muss dann nach Vorgaben von Yamaha renntauglich umgebaut werden."

Die Ambition, aus dem Hobby den Beruf zu machen, besteht durchaus. Allerdings ist auch hier der schnöde Mammon das Problem. Eine Saison allein im Yamaha-Cup kostet inklusive Motorrad, Ausrüstung und Gebühren bereits 35 000 Euro. Allein die Yamaha R 6 mit Ausrüstung liegt bei knapp 18 000 Euro, dazu etwa 8000 Euro für die Reifen, was alles aus eigener Tasche bezahlt werden muss.

Auch Sprit und Testfahrten kommen oben drauf. Bei Rennwochenenden mit zwei Läufen spielt auch der Gedanke im Hinterkopf mit, die R6 im ersten Rennen besser nicht zu zerlegen, um nicht den zweiten Lauf auslassen zu müssen. Schnelle Umbauten wie bei MotoGP oder Formel 1, wo auch mal ein Motor innerhalb zweier Durchgänge gewechselt wird, ist in Zellhöfers Liga Utopie. Die Sponsorensuche kann sich zäh gestalten. E-Mails an Firmen bleiben oft unbeantwortet oder verlaufen im Sande. Seine Sponsoren hat sich Zellhöfer durch persönliche Kontakte auf der Rennstrecke oder der Nachbarschaft erarbeitet.

Wer erkennt das Talent?

Zumindest sieht Vater Gerhard seinen Sohn im Yamaha-Cup gut aufgehoben. Die Chance, hier entdeckt zu werden, sei noch am höchsten. Der nächste Schritt wäre die Internationale Deutsche Meisterschaft (Superbike IDM) in deren Rahmen ein Großteil der Wochenenden des Yamaha-Cups stattfinden. Allerdings bieten gute Leistungen alleine noch keine Garantie aufzurücken.

Zumindest in der FIM Endurance World Championship konnte er bereits im Mai Luft in der Langstrecken-WM schnuppern. Nach einer Testfahrt im Motorsportmekka Le Mans fuhr er als dritter Fahrer in Oschersleben. Eine Zukunft im Langstreckensport? "Geil wär’s schon!", sagt der 19-Jährige.

Im Fokus steht jetzt allerdings die aktuelle Saison. Und hier sieht es sogar richtig gut aus. Mit dem Sieg im belgischen Zolder hat Zellhöfer die Meisterschaftsführung übernommen. Beim nächsten Rennwochenende vom 28. bis 30. Juli am Schleizer Dreieck ist er also der Gejagte.

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