Marco Pfleger: Ex-Ice-Tiger, Topscorer, Spielerberater

22.3.2021, 18:51 Uhr
Dieses Foto aus dem November 2020 ist eine Rarität: Eigentlich sieht man Marco Pfleger niemals ohne den roten Helm, den der Topscorer der Tölzer Löwen tragen darf. 

© Eibner-Pressefoto via www.imago-images.de Dieses Foto aus dem November 2020 ist eine Rarität: Eigentlich sieht man Marco Pfleger niemals ohne den roten Helm, den der Topscorer der Tölzer Löwen tragen darf. 

Mit dem Gastner Wolfi in Nürnberg hat er natürlich auch schon telefoniert. Das gehört schließlich zu seinem Nebenjob. Marco Pfleger ist Eishockey-Profi und neuerdings auch Spielerberater, der für seine Klienten das Beste will. In diesem Fall einen Vertrag in der Deutschen Eishockey Liga. Noch hat Marco Pfleger nur einen Klienten, der aber liegt ihm allerdings besonders am Herzen. Sein Name ist: Marco Pfleger.

Es gab eine Zeit, da hatte der Profi Marco Pfleger einen Spielerberater, der nicht er selbst war. So wie das bei den meisten Eishockeyspielern der Fall ist. Im Frühjahr 2019 hat ihm dieser Berater "vieles versprochen". Angeblich waren mehrere DEL-Klubs daran interessiert, diesen Außenstürmer zu verpflichten, der in fünf Spielzeiten für die Ice Tigers immer wieder gezeigt hat, was er kann und der in der Saison zuvor für die Straubing Tigers noch neun Tore erzielt hatte. Aus dem März aber wurde der April, aus April der Mai – und irgendwann fühlte sich Pfleger "am langen Arm verhungert: Ich habe mich auf ihn verlassen, wurde aber verlassen." Und so hat Pfleger seinen Spielerberater verlassen.

Jede Sekunde genießen

Seitdem ist er sein eigener Berater, das ist noch immer ungewöhnlich, gerade jetzt, da Pfleger auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber für sich selbst ist. Weil es mit einem Engagement in der DEL nicht klappen wollte, wechselte Pfleger im Sommer 2019 dorthin zurück, wo seine erstaunliche Karriere entscheidend beschleunigt worden war, nach Bad Tölz. Pfleger stammt aus Peißenberg, noch ein bisschen kleiner als Tölz, eine Kleinstadt aber, in der Eishockey ähnlich groß ist. Vater Hans war Trainer, Bruder Andreas stand im Alter von zwei Jahren erstmals auf Schlittschuhen, nur Marco weigerte sich – bis er 11 Jahre alt war. Zum Profi wird man da eher nicht mehr, Marco Pfleger bewies das Gegenteil. Mit 16 debütierte er für die Erste Mannschaft in der Bayernliga, wechselte zum ruhmreichen EC Bad Tölz und von dort zum Kooperationspartner nach Nürnberg in die DEL – und das als Lehrling für Bürokommunikation.

Mittendrin statt nur dabei: Marco Pfleger hat in der DEL2 73 Punkte gesammelt, einen erfolgreicheren Stürmer gibt es in der zweiten Liga nicht. 

Mittendrin statt nur dabei: Marco Pfleger hat in der DEL2 73 Punkte gesammelt, einen erfolgreicheren Stürmer gibt es in der zweiten Liga nicht.  © Germann/ Eibner-Pressefoto via www.imago-images.de

Bis Donnerstag arbeitete er im Büro, fuhr nach Nürnberg, um dort das Abschlusstraining mitzumachen. Und wenn die Ice Tigers am Sonntag in Hamburg spielten und die Mannschaft tief in der Nacht nach Nürnberg zurückkehrte, setzte sich Pfleger ins Auto, um pünktlich um acht Uhr wieder im Büro zu sitzen. Pfleger erzählt diese Geschichten mit einer Bescheidenheit, die ihm geblieben zu sein scheint. "Wir müssen doch über jede Sekunde froh sein, die wir auf dem Eis stehen dürfen", sagt er immer wieder. "Das ist doch in diesen Wochen nicht selbstverständlich."

Gespräche mit dem Gastner Wolfi

Seit zwei Jahren spielt er wieder in der DEL2 für die Tölzer Löwen, einen Verein mit großer Tradition und vermeintlich überschaubaren Möglichkeiten – bis mit dem Onkel von Yasin Ehliz, Nationalspieler und ehemaliger Kollege Pflegers in Nürnberg, ein ambitionierter Unternehmer einstieg. 2026 sollten die Löwen Meister werden, nicht Zweitliga-Meister, sondern Deutscher Meister. Wie so viele Eishockey-Träume aber ist auch dieser Traum geplatzt. In Bad Tölz muss man wieder ums Eishockey bangen, die Mannschaft aber trotzt allen Widrigkeiten. Im Dezember knockte Covid den kleinen Kader aus, Pfleger blieb verschont, zwei Mitspieler aber fallen noch heute mit langfristigen gesundheitlichen Folgen aus. Es gab Spiele, in denen er deshalb 38 Minuten auf dem Eis stand, ein unfassbarer Wert in einer Sportart, in der ständig gewechselt wird, damit die Belastung nicht zu groß wird. Pfleger aber scheint jede Sekunde zu genießen. Der 29-Jährige ist Topscorer der gesamten Liga, in den jüngsten drei Partien hat er acht Treffer selbst erzielt und sieben weitere vorbereitet. "Ja, mei", sagt er, "es läuft ganz gut."

Besser lief es für ihn nur in den DEL-Playoffs 2017. Sein Kumpel Leo Pföderl hatte sich damals an der Schulter verletzt. Rob Wilson gab Pfleger die Chance, sich zu beweisen, jenem Spieler, den er „technisch und spielerisch“ für einen der besten Stürmer der DEL überhaupt hielt. Und Pfleger zeigte, was er kann. Er, der sich „menschlich und sportlich immer hinter so unglaublichen Spielern wie Reinprecht, Reimer und Steckel versteckt“ hatte, zeigte auf höchstem Niveau, was er kann. Danach bremsten ihn Verletzungen aus und ein Berater. In Tölz zeigt er wieder, wie gut er ist. Die Löwen sind Zweiter, trotz allem. Kürzlich aber wurde bekannt, dass Pflegers Vertrag nicht verlängert wird. Er sucht einen Verein - für sich selbst. "In Nürnberg habe ich mich immer wohlgefühlt, das zuzugeben, fällt mir als Oberbayer nicht leicht." Mit dem Geschäftsführer, dem Gastner Wolfi, hat er geredet. Und, wird es was? Es ist kompliziert. "Vielleicht." Der Berater Marco Pfleger lernt schnell.

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