Basketball-EM

Besser als Luka Doncic geht nicht, besser als Deutschland schon

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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7.9.2022, 10:56 Uhr
Nicht aufzuhalten: Luka Doncic setzt sich Daniel Theis und Joe Voigtmann durch.

© IMAGO/Tilo Wiedensohler, NN Nicht aufzuhalten: Luka Doncic setzt sich Daniel Theis und Joe Voigtmann durch.

Er raucht angeblich und trinkt angeblich und lacht. Deutschland hatte gerade das letzte Länderspiel vor der Basketball-Europameisterschaft überzeugend gewonnen, Gegner war Slowenien, immerhin Titelverteidiger. Vor allem aber hinterließ ein Slowene, von dem es heißt, dass er der beste Basketballer der Welt sein könnte, nur im Hotel einen bleibenden Eindruck. In der Nachbetrachtung konnten sich deutsche Journalisten nicht darin zurückhalten, ihre Beobachtungen aus München zu teilen.

Eineinhalb Wochen danach hat ein unfassbarer Luka Doncic die deutsche Mannschaft alleine besiegt.

Arrogant, charismatisch, faszinierend

Das 88:80 (36:44) gegen die bislang so starke deutsche Mannschaft wäre ohne das Zutun der Dragic-Brüder Goran und Zoran, beide mittlerweile auf der Schlussgerade ihrer großen Karrieren, wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Und natürlich wird Basketball im September 2022 immer noch Fünf gegen Fünf ausgetragen, bei dieser Eurobasket auf erfreulich hohem Niveau. Doch was dieser durchaus arrogante, dennoch charismatische und auch deshalb faszinierende Doncic vor 18000 Zuschauern in der KölnArena aufführte, hatte mit dem Spiel der anderen neun auf dem Parkett nur wenig zu tun.

Als Deutschland im Schlussviertel beinahe doch noch zu einem Rhythmus in der Offensive gefunden hätte, als Hoffnung in der Arena aufkam, zeigte Doncic, woran er selbst nie gezweifelt hatte: Wen dieser 23-Jährige will, kann ihn niemand aufhalten. Seine Kollegen kennen das bereits und gaben sich alle Mühe, nicht im Weg zu stehen. In 3:11 Minuten erzielte Deutschland 7 Punkte, Slowenien 13 und 11 davon kamen von diesem 2,00 Meter langen Ausnahmetalent, das so ganz anders aussieht als man das von den besten Athleten der Welt bislang gewohnt war. Doncic ist bullig, seine Muskulatur aber nicht definiert, seine Backen sind voll, so wie einst als 16-Jähriger in Nürnberg, als er mit Real Madrid gegen Bamberg vorspielte. Er wirkt schwerfällig – bis er den Ball in die Hand nimmt.

Hände eines Konzertpianisten

„Man kann ihn nicht stoppen“, stellte Maodo Lo nach der ersten Turnierniederlage nüchtern fest. „Er ist einfach so gut.“ Deutschland hatte bis dahin auch durch kluge und unnachgiebige Verteidigung überzeugt, gegen Doncic aber fand kein Spieler ein Mittel – auch Coach Gordon Herbert nicht. Doncic spielte wie besessen, er vergaß sogar, jede Entscheidung der Schiedsrichter zu kommentieren, ein leichtfüßiger Rammbock mit den Händen eines Konzertpianisten. Und danach lachte er.

Vor dem Achtelfinale am Samstag (18 Uhr/MagentaSport) gegen Montenegro und dem stimmungsvollen 106:71 (54:39) im abschließenden Gruppenspiel gegen Ungarn war es trotzdem keine bittere Niederlage für das deutsche Team. Gegen eine motivierte slowenische Mannschaft und einen außerirdischen Doncic hatte Deutschland lange eine realistische Siegchance, obwohl mit Lo, Johannes Thiemann, Joe Voigtmann, Franz Wagner oder Daniel Theis wichtige Spieler nur phasenweise zu ihrer Form fanden. Deutschland kann sehr viel besser spielen als im Schatten des Einzigartigen. Doncic wird nicht besser spielen können, niemand kann das - dachte man. Dann legte der Slowene beim Sieg gegen Frankreich 47 Punkte auf.

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