Meisterlich! Steff Reisch ist jetzt 75

30.11.2016, 12:35 Uhr
Bis vor zwei Jahren stand Steff Reisch noch täglich hinter seinem Ladentisch in Erlenstegen. Nun ist Nürnbergs Meisterspieler im Ruhestand und liebt und leidet mit seinem Club.

© Thomas Susemihl Bis vor zwei Jahren stand Steff Reisch noch täglich hinter seinem Ladentisch in Erlenstegen. Nun ist Nürnbergs Meisterspieler im Ruhestand und liebt und leidet mit seinem Club.

"Er löste mit artistischer Ballbehandlung und seinen Täuschungsmanövern bei den Zuschauern große Begeisterung aus", ist über Steff Reisch nachzulesen. Eine verständliche Lobeshymne auf den auch "Rastelli" genannten ehemaligen Club-Spieler, der am Dienstag seinen 75. Geburtstag feierte. Das Leben hat dem gebürtigen Ungarn nicht nur Sonnenschein, sondern auch harte Zeiten beschert. In der frühesten Jugend. "Wir mussten 1946 aus der Heimat fliehen", erzählt er, "und haben sechs Jahre in Herrieden mit fünf Personen in einem Zimmer gelebt".

Haartolle und tolle Leistungen

Nach dem Umzug nach Moorenbrunn begann die Laufbahn des leidenschaftlichen Fußballers: Nach einem Intermezzo beim TSV Altenfurt meldete er sich 1955 beim 1. FC Nürnberg an. Es war der Start einer erfolgreichen Laufbahn, die im Zabo über die Schüler- und Jugendmannschaft begann und Reisch frühzeitig Einsätze in diversen deutschen Auswahlmannschaften bescherte. Das große Talent, wegen einer Haartolle James Dean des FCN genannt, kam frühzeitig zu großen Ehren: 1961 feierte er im Alter von erst 18 Jahren den Gewinn der achten deutschen Meisterschaft, dem sich zwölf Monate später der Triumph im DFB-Pokalwettbewerb anschloss.

Reisch zählt die Namen seiner Mitspieler auf und erinnert dabei an eine Tatsache, die heutzutage wie ein Märchen klingt: Fast alle seiner Mitspieler kamen aus Nürnberg und der eigenen Jugend. "Wenn einer wie Heiner Müller aus Roth oder Jo Zenger aus Herzogenaurach stammte, war er für uns schon ein Ausländer", erinnerte er sich schmunzelnd.

Bei seinem Rückblick auf seine Zeit im Zabo vergisst er einen Mann nicht, den er schon als kleiner Junge bewundert hatte: Weltmeister Max Morlock. "Er war nicht nur ein Vorbild", würdigt er das Idol der Noris, "sondern für uns junge Spieler eine echte Vaterfigur. Ich hatte im Traum nicht daran gedacht, eines Tages mit ihm in einer Mannschaft zu spielen."

Aufmüpfig - nichts für Merkel

Warum aber verließ Reisch 1967 den Verein, obwohl er einen Sechsjahresvertrag besaß? Er kam mit dem exzentrischen Trainer Max Merkel ("Er hatte mit mir als aufmüpfigem Typ seine Probleme") nicht klar. Den Wechsel in die Schweiz zu Neuchatel, dem später noch erfolgreiche Gastspiele beim belgischen Klub FC Brügge und beim FC Basel folgten, hat er nie bereut. Auch wenn ihm der Abschied vom Club sehr schwer gefallen war. "Die Zeit im Ausland haben mir in meinem weiteren Leben geholfen", betont er.

Auch wenn er inzwischen seit 61 Jahren Mitglied beim FCN ist, hat sich bei aller Liebe auch Enttäuschung breitgemacht: Die Vereinsführung zeigte keinerlei Interesse, ihn nach Beendigung der Profilaufbahn als Jugendtrainer zu beschäftigen. Und so trainierte er einige Vereine in Mittel- und Unterfranken sowie der Oberpfalz. Dass Steff Reisch heute finanziell ausgesorgt hat und, wie er betont, ein glücklicher Mensch ist, verdankt er nur am Rande der Karriere als Fußballer und in erster Linie seinem Geschäftssinn: Mit großem Erfolg betrieb er bis vor zwei Jahren im Stadtteil Erlenstegen ein Schreibwarengeschäft, das sich ständig vergrößerte.

Ausgliederung - ein klares Ja! 

Das Geschehen am Valznerweiher verfolgt der neunfache Nationalspieler aus nächster Nähe. Er glaubt nicht, dass die Club-Mannschaft im Kampf um die begehrten Aufstiegsplätze eine ernsthafte Rolle spielen kann. Angesichts der hohen Schuldenlast des Vereins plädiert er ohne Wenn und Aber dafür, die Profis auszugliedern.

Die letzte Frage in einem lockeren und intensiven Gespräch: Warum hat er nicht mehr als neun Länderspiele bestritten? "Irgendwann waren nur noch Spieler mit einer Größe zwischen 1,85 und 1,90 Meter gefragt und keine wie ich mit nur 1,70 Meter", meint er lächelnd. Von Enttäuschung keine Spur. Er ist trotzdem ein Großer geworden.

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