Mit 56 läuft die Fürtherin Heike Schug noch allen davon

18.7.2019, 13:25 Uhr
Mit 56 läuft die Fürtherin Heike Schug noch allen davon

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Manchmal hat Heike Schugs Sohn nur noch Kopfschütteln für seine Mutter übrig: "Du bist verrückt", sagt er dann. "Mach’ doch mal langsam und setz’ dich einfach hin." Aber Heike Schug will sich nicht hinsetzen. Sie will auch nicht spazierengehen, wie das viele Menschen in ihrem Alter tun. Die Groß- und Außenhandelskauffrau will Sport machen, zu den besten Leichtathleten ihrer Altersklasse gehören. "Fleiß und Kontinuität sind genauso wichtig wie Talent. Und in der Leichtathletik muss man auch mal alleine auf dem Trainingsplatz stehen können", sagt die 56-Jährige.

An vier Tagen pro Woche trainiert sie, eine Einheit dauert meist etwa zwei Stunden. Ein bemerkenswertes Pensum. Die meisten ihrer Freunde und Bekannten finden Schugs Ehrgeiz toll. "Manche finden aber auch, ich sollte versuchen, mich mal zu entspannen", erzählt sich lachend. Lange schien es nicht mehr so als ob aus der drahtigen Fürtherin mal eine erfolgreiche Leistungssportlerin werden würde. Zwar hat sie schon als Schülerin Leichtathletik-Wettkämpfe bestritten, im Jugendalter verließ sie jedoch die Motivation.

Mit 40 gibt sie ihr Comeback

"Ich hatte damals einfach andere Interessen. In einem Mannschaftssport fühlt man sich noch eher dem Team verpflichtet, aber in der Leichtathletik brechen im Jugendalter viele weg", sagt sie. "Im Nachhinein wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, ich hätte damals weitergemacht – aber ich weine dem nicht nach." Das Kapitel Leichtathletik war zwar vorerst beendet, sportlich aktiv bleibt Schug aber trotzdem immer. Regelmäßig geht sie joggen, macht Gymnastik, absolviert sogar erfolgreich einen Halbmarathon. Bis ihr alter Verein, der LAC Quelle Fürth, im Jahr 2003 wieder bei ihr anfragt. Ob sie sich nicht vorstellen könnte, auf die Aschenbahn zurückzukehren. Immerhin der Ort, an dem sie als Kind viele Stunden verbracht hat.

Ihre Rückkehr zum früher praktizierten Sport entpuppt sich für sie als Glücksfall: Schug gehört seit Jahren zu den besten Athletinnen in ihrer Altersklasse in Deutschland. In der Halle ist sie amtierende deutsche Meisterin im Weitsprung mit einer Weite von 4,63 Metern. Im Juli 2014 war ihr unter freiem Himmel sogar ein Satz über 4,81 Meter gelungen – danach durfte sie sich ebenfalls  deutsche Meisterin nennen. Doch nicht nur im Weitsprung, sondern auch im Sprint gehört Schug zum engsten Kreis der nationalen Spitze.

"In der Staffel geht es kameradschaftlich zu"

Regelmäßig steht sie über 100 und 200 Meter auf dem Podium, wenn die deutschen Meisterschaften ausgetragen werden. Ihre Leistungen sind dabei seit Jahren beachtlich konstant. Knapp über 14 Sekunden braucht Schug heute für die 100-Meter-Strecke, ihre Bestleistung liegt sogar bei beachtlichen 13,84 Sekunden. Eine Zeit, an der sich manch junger Mann die Zähne ausbeißt. Am meisten Spaß hat Schug aber dann, wenn sie gemeinsam mit anderen Athletinnen in der Staffel über 4x200 Meter antritt. "Da geht es sehr kameradschaftlich zu, und wir halten als Mannschaft immer zusammen. Auch wenn mal jemand einen schwächeren Tag hat."

Mit 56 läuft die Fürtherin Heike Schug noch allen davon

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Allzu schwach war beim letzten Mal offenbar aber niemand. Schugs Team des LAC Quelle holte sich bei der deutschen Meisterschaft im März den Titel. Doch wie verträgt ihr Körper das intensive Training und die Belastung durch die Wettkämpfe? "Ich muss mich ausführlich warmmachen und dehnen, aber dann geht es gut", sagt Schug. Insgesamt habe sich ihr Körper durch den Sport positiv entwickelt. Das Gewicht ist konstant, die Muskulatur stark. Einzig im Lendenwirbelbereich zwickt es manchmal.

Vielleicht bald Europameisterin?

Nur im direkten Vergleich mit jüngeren Athletinnen merkt Schug, dass sie keine 20 mehr ist: "Im Winter habe ich mit einer Siebenkämpferin trainiert, die ist 32 und musste sich viel kürzer aufwärmen als ich." Trotzdem, die Jüngeren zollen ihr Respekt: "Die unterstützen und motivieren mich." Sicher auch ein Grund, warum ihr der Sport noch immer so viel gibt. "Ich mache das, weil es mir einfach sehr viel Spaß macht. Nicht, weil ich meinem Alter davonrennen will", stellt sie mit Nachdruck in der Stimme klar.

Vielleicht kommen zu den Erfolgen auf nationaler Ebene ja in absehbarer Zeit internationale Titel hinzu. Irgendwann mal bei internationalen Wettkämpfen zu starten, das wäre schon etwas, das sie reizen würde. Bisher hat Schug den zeitlichen und finanziellen Aufwand gescheut, der damit nun mal verbunden wäre. Doch das könnte sich in Zukunft ändern. Heike Schug, Europameisterin – das würde sich doch gut anhören. Und würde sicher auch ihrem Sohn gefallen.

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