Mit Talent im Abstiegskampf

28.11.2006, 00:00 Uhr
Mit Talent im Abstiegskampf

Noch bevor das Lokalderby beginnt, sinkt Burak Tok auf die Knie und betet. Die Hände gefaltet, den Kopf gesenkt, verweilt der gläubige Moslem andächtig an der Strafraumlinie. «Ich bete vor jedem Spiel für eine gute Leistung von mir und der Mannschaft und dass alle gesund durchs Spiel kommen“, verrät der 17-jährige Defensivmann der U 19 des 1. FCN. Geholfen haben die frommen Wünsche letztlich jedoch nicht. Mit 0:2 (0:0) verlor die Elf von Trainer Florian Hinterberger ihre Bundesliga-Partie bei der SpVgg Greuther Fürth und ist damit weiterhin Tabellenletzter.

Dabei wechselte der Türke vor der vergangenen Spielzeit vor allem der besseren sportlichen Perspektive wegen vom FC Augsburg zum Club. «Die B-Jugend des FCA war abgestiegen und die A-Jugend spielt Bayernliga, aber ich wollte mich in einer höheren Klasse weiterentwickeln“, erinnert sich Tok. Dass der Club nun seinerseits das Klassenziel zu verfehlen droht, verleiht der Situation eine gewisse schicksalhafte Ironie.

Dennoch hat der Türke aus dem schwäbischen Königsbrunn seinen Wechsel ins Frankenland bislang nicht bereut. Stattdessen versichert er glaubhaft, «dass ich hier bleibe, auch wenn wir absteigen sollten“. Um diesen Negativfall zu verhindern, muss der Schlaks auch kräftig mithelfen, schließlich sieht Trainer Hinterberger in Tok «einen wichtigen Spieler, der Führung übernimmt und uns hinten Stabilität verleiht“. Auch dessen umsichtiges Defensivspiel sowie ausgeprägter Ehrgeiz werden von Hinterberger lobend hervorgehoben.

Der türkische Fußballverband ist längst auf die besonderen Fähigkeiten Toks aufmerksam geworden. Der kopfballstarke Fußballer ist aktueller Nationalspieler der Türkei, streifte bereits 16 Mal das Trikot für die U 18Auswahl über, zwei Mal für die U 19.

Stellt sich die Frage, weshalb Tok für die Türkei und nicht für Deutschland aufläuft . . . Der Auswahlspieler ist in Bayern aufgewachsen, spricht fließend Deutsch und hat mit vier Jahren hierzulande das Kicken erlernt. Warum also die Entscheidung für die Türkei? «Die Frage hat sich mir nie gestellt“, versichert er mit leiser Stimme und fügt wohl überlegt an, dass «diese Entscheidung mir eine Herzensangelegenheit ist. Und im Herzen bin ich nun mal Türke.“

Erholung statt Party

Coach Hinterberger charakterisiert seinen Spieler schlicht als «gewissenhaften jungen Menschen“. Tok wohnt im FCN-Sportinternat, kommt im täglichen Wechsel seinen schulischen Pflichten an der städtischen Wirtschaftsschule sowie seiner fußballerischen Leidenschaft beim Club nach. Am Ende eines für gewöhnlich langen Tages «lerne ich noch ein wenig für die Schule oder spiele zur Entspannung etwas Playstation“, berichtet Tok. Nach ausschweifenden Feierlichkeiten stünde ihm dann ohnehin nicht der Sinn, vielmehr nach Erholung.

Wie wahrscheinlich auch am Samstag, als sein Team gegen den Lokalrivalen aus Fürth verlor. Die erste Hälfte gestaltete sich dabei ausgeglichen, war geprägt von intensiv geführten Zweikämpfen. Nach dem Wechsel bestraften ballsichere Kleeblättler die taktischen Defizite der bemühten FCN-Elf gnadenlos. Ein sehenswerter Konter führte schließlich zum Führungstor. In der Folge fehlten dem Club die spielerischen Mittel, um gegen kombinationsfreudige Hausherren noch zum Ausgleich zu kommen.

Hinterher schlich Innenverteidiger Tok zwar geknickt vom Feld, gab sich aber dennoch kämpferisch: «Wir werden in der Rückrunde stärker auftreten und die nötigen Punkte holen.“ Vielleicht werden dann auch seine Gebete erhört.