Nach der Weltmeisterschaft ging es direkt in die Reha

31.8.2010, 13:10 Uhr
Nach der Weltmeisterschaft ging es direkt in die Reha

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Geflachst wird am Stammtisch der Kodiaks, wie sich die immer noch aktiven Altherren-Ringer der SV Johannis 07 nennen, nach den Trainingsabenden immer. Diesmal jedoch sorgte zusätzlich manches Foto und manche Schlagzeile in den beiden Ordnern mit Presseberichten früherer Jahre für Schmunzeln oder ironische Bemerkungen. Mitgebracht hatte sie der langjährige Trainer Jürgen Rebel aus gutem Grund: Rainer Weber, eines jener Urgesteine, wie sie „nur in Johannis wachsen“ (Rebel), war als Vizeweltmeister aus Belgrad zurückgekehrt. „Nur“ bei den Veteranen, wie im Ringen offiziell die Senioren heißen, aber dieser Begriff stört Weber nicht, „denn wir alten Kämpfer haben alle mehr oder weniger unsere Wehwehchen“.

Und auch das despektierlich klingende, aber anerkennend gemeinte „Du kannst ja nur Vize“ von einem aus der Runde entlockt ihm ein Lächeln. Die Statistik belegt: 1979 wurde er Jugend-Weltmeister, dann aber bei der Junioren-WM 1982 Vize und auch viermal schmückte ihn bei deutschen Meisterschaften die Silbernmedaille, einmal zudem noch Bronze.

Nach zehn Jahren Abstinenz vom Wettkampfsport und ungezählten Mattenschlachten in über zwei Jahrzehnten – 1989 hat er es für ein Jahr in Kelheim probiert, „aber da hat es mir überhaupt nicht gefallen“ – hatte sich der 49-Jährige im Frühjahr vom Ex-Johanniser Mario Baumeister, der als Delegationsleiter der Deutschen fungierte, zum Start überreden lassen, das Training daraufhin auf viermal pro Woche verdoppelt. Und trotz aller Erfahrung kam vor dem ersten Kampf Nervosität auf. „Du sitzt in der Halle, schaust den anderen zu und weißt nicht, was du dir noch zutrauen kannst. Da kommst du ins Schwitzen, nicht nur wegen der Hitzegrade in der Halle“, beschreibt Weber seine Gefühle, schließlich sind die Gegner nicht irgendwer, sondern nahezu ausnahmslos ehemalige Weltklasse-Athleten. Mit Technik wollte er es zuerst versuchen, das aber klappte zum Auftakt gegen den Slowenen Milos Horvat nicht. Nach verlorener erster Runde stellte er seine Taktik erfolgreich auf Kampf um, gewann die nächsten beiden Durchgänge – und stand danach als klarer Außenseiter dem Russen Yuri Dyukov gegenüber, immerhin viermaliger Weltmeister und Olympiateilnehmer.

Wieder lag Weber zurück, aber ein Durchdreher Sekunden vor dem Ende der zweiten Runde sorgte für die Wende zum Positiven. „Dieses Erfolgserlebnis war alle Strapazen, allen Aufwand an Zeit und Geld wert“, kommentierte Weber seinen unerwarteten Einzug ins Finale gegen einen der „Großen“ der Ringer-Welt.

Spaß überwiegt

Dass es dort nicht klappte mit dem Titel gegen den aus Bosnien stammenden, aber seit Jahren für Deutschland ringenden Milos Govedarica – bis vor zwei Jahren noch in Bundesliga zwei für Burgebrach aktiv und „für mich schon früher ein sehr unbequemer Gegner“ – ändert nichts daran, dass trotz zwischenzeitlicher Zweifel am Comeback der Spaß überwogen hat. „G’scheit gespürt“ habe er nach den drei Kämpfen zwar Knie, Hüften und Rücken – „aber das ist normal, außerdem ging’s nach der Rückkehr gleich in die Reha am Valznerweiher“.

Das Wellness-Programm schlug gut an. Die Veteranen-WM 2011 in Polen ist durchaus ein Thema für Weber, mit einer Einschränkung: „Wenn sonst noch der eine oder andere aus dem Verein mitfährt.“ Denn Kodiaks mögen in der Natur Einzelgänger sein, bei den Johannis-Ringern lieben sie das sportliche und gesellige Miteinander.