Nach Pokal-Drama: Fürth will Selbstbewusstsein schöpfen

22.8.2018, 05:58 Uhr
Bei Daniel Keita-Ruel, der ein starkes Spiel gezeigt hatte, überwog am Ende der Partie einzig und allein der Frust.

© Sportfoto Zink / MeZi Bei Daniel Keita-Ruel, der ein starkes Spiel gezeigt hatte, überwog am Ende der Partie einzig und allein der Frust.

Der beste Mann des Abends war gleichzeitig auch der traurigste. Die "Man of the match"-Trophäe unter den Arm geklemmt, stand Sebastian Ernst in der Interviewzone des Fürther Ronhofs. Er schien nicht recht zu wissen, was er sagen oder fühlen sollte. "Extrem bitter", waren die ersten Worte, die er fasste: "Wir waren so nah dran."

Nur knapp 30 Sekunden hatten gefehlt und Ernst wäre zum Pokalhelden des Kleeblatts geworden. Weil er in der 77. Minute nach einem fein vorgetragenen Angriff über Tobias Mohr und Daniel Keita-Ruel das überraschende 1:0 gegen den großen Favoriten Borussia Dortmund erzielt hatte. Und weil er, wie der Rest der Fürther Mannschaft, ein vor allem kämpferisch starkes Spiel abgeliefert hatte.

Für Fürth war es eine unglückliche Niederlage, reines Favoritenglück war der Sieg für Dortmund aber trotzdem nicht. Die Treffer von Axel Witsel (95.) und Marco Reus (121.), die den Coup verhinderten, waren mit enormer Ruhe herausgespielt. Die Kleeblatt-Abwehr versäumte es beim 1:2, die Passwege zuzustellen, bei beiden Gegentoren standen gleich mehrere Dortmunder frei im Strafraum. "Kraft und Konzentration" hätten im entscheidenden Moment gefehlt, sagte Ernst. Das war bitter, weil die Defensive vor allem in zweiter Halbzeit und Verlängerung sonst sehr konzentriert funktioniert hatte.

"Bitter" war auch das meistgebrauchte Wort der Spieler und Verantwortlichen nach der Partie. Im Stadion haderten viele mit dem Schiedsrichterteam um Manuel Gräfe, das fünf Minuten hatte nachspielen lassen. Auch die Fürther Spieler waren nicht ganz zufrieden damit, äußerten ihre Kritik aber zurückhaltend.

Mit ein paar Gläsern Cola

"Es ist immer Ansichtssache des Schiedsrichters. Ich fand sie etwas zu lange", sagte Linksverteidiger Maximilian Wittek. "Klar ist es ärgerlich, es hätten auch nur drei sein können. Aber ich bin nicht nachtragend", formulierte es sein Kollege auf der rechten Abwehrseite, Roberto Hilbert.

Schon in die erste Enttäuschung mischte sich großer Stolz. Mit bemerkenswertem läuferischen Einsatz, einer aggressiven Zweikampfführung und vor allem in der zweiten Halbzeit mutig vorgetragenen Kontern hatten die Fürther den Favoriten an den Rand der Niederlage gebracht.


"Wir waren nah dran": Die Stimmen zum Spiel


"Die Erkenntnis aus dem Spiel ist einfach sehr positiv. So wie in den ersten zwei Ligaspielen haben wir heute wieder eine geschlossene Teamleistung gezeigt", fand Hilbert, der sich trotz seiner 33 Jahre Erfahrung nicht erinnern konnte, schon einmal einen ähnlich bitteren Spielverlauf erlebt zu haben. Dass sich die Niederlage in die Köpfe seiner Kollegen einbrennen könnte, fürchtete er aber nicht: "Jetzt schläft man erst mal nicht bis vier, dann trinkt man ein paar Gläser Cola und dann geht das schon wieder."

Man könne im Gegenteil viel für die restliche Saison aus der Partie ziehen, lautete der Tenor der Spieler. Am kommenden Samstag ist der SC Paderborn im Ronhof zu Gast. Fürth kann seinen guten Saisonstart (vier Punkte aus zwei Spielen) ausbauen. "Ich bin davon überzeugt, dass mit dieser Mannschaft sehr viel möglich ist", sagte Hilbert. "Wir haben gegen die zweitbeste Mannschaft Deutschlands gespielt. Aber wir brauchen uns nicht vor ihnen zu verstecken. Wir haben heute trotz der Niederlage ein großes Stück Selbstbewusstsein getankt", fand Wittek.

"Wollten Frische reinbringen"

Am Mittwoch soll Trainer Damir Buric wieder zur Mannschaft stoßen, der gegen Dortmund wegen eines Trauerfalls in seiner Familie fehlte. Am Sonntag war er aus Fürth abgereist. Zeit genug, um sich mit seinen beiden Co-Trainern Oliver Barth und Petr Ruman abzusprechen, blieb aber noch. Zum Beispiel, um den 18 Jahre alten Maximilian Bauer in die Startelf zu stellen. In der Innenverteidigung spielte er für Kapitän Marco Caligiuri (muskuläre Probleme). "Wir wollten Frische reinbringen. Er ist unbekümmert und hat heute auch ein sehr gutes Spiel gemacht", lobte Barth.

Abgesehen vom getankten Selbstbewusstsein dürften sich die spielerischen Lehren aus der Partie aber in Grenzen halten. Zu groß ist der Unterschied zwischen den dominant kombinierenden Dortmundern und dem Fußball der 2. Liga. "Wir hatten heute wenig Ballbesitz, gegen Paderborn wird es anders sein, da wollen wir wieder spielerische Lösungen suchen", sagte Barth. Doch in den rauen Zweitliga-Alltag können die Kleeblatt-Profis mit hoch erhobenen Köpfen gehen, traurig und stolz zugleich.

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