Nette Fürther rennen leidenschaftlich in den Untergang

29.4.2013, 06:59 Uhr
Nette Fürther rennen leidenschaftlich in den Untergang

© Sportfoto Zink

Einer war noch übrig geblieben, ein einziger Fürther, der seine Hoffnung auf ein Wunder erst am späten Freitagabend aufgab. Nachdem er beim 2:3 gegen Hannover 96 zweimal getroffen hatte, erklärte Nikola Djurdjic doch tatsächlich, er habe vor dem Anpfiff noch an den Klassenerhalt geglaubt. Trotz neun Punkten Rückstands auf den Relegationsplatz. Der Stürmer aus Serbien hat entweder ein Löwenherz oder eine leichte Rechenschwäche.

Aus und vorbei. So viel Sensation schafft nicht einmal der Fußball. Seitdem am Tag darauf der FC Augsburg den VfB Stuttgart geschlagen hat, ist das Kleeblatt nicht mehr nur gefühlt abgestiegen, sondern auch amtlich.

Und doch gab es im Ronhof wenigstens ein kleines Wunder zu bestaunen: Die Spielvereinigung Greuther Fürth agierte in ihrem vorletzten Heimspiel in der Bundesliga so mitreißend leidenschaftlich, als ob die ganze Elf wie Djurdjic gedacht hätte.

Der Verein hatte schon vor Wochen mittels Riesenplakaten symbolisch das Handtuch geworfen. Selbst von den meisten Spielern mochte in der langen Phase, in der sich Sportler in der Regel an der Floskel festhalten, dass „rein rechnerisch“ noch alles möglich sei, zumindest öffentlich kaum jemand ernsthaft eine plötzliche Siegesserie des Kleeblatts herbeibeten. Zu oft war der Aufsteiger an seinen Nerven, an seinen qualitativen Defiziten oder an des Schicksals Mächten gescheitert.

Die Niederlage gegen geradezu lustfeindlich effektive Hannoveraner bildete da keine Ausnahme. Edgar Prib, Thomas Pledl, ja, auch Djurdjic hätten in diversen Szenen dafür sorgen können, dass niemand mehr die Spielvereinigung und Tasmania Berlin in einem Atemzug erwähnt. Sogar der schlechteste Bundesligist aller Zeiten hat einst daheim gewonnen, Fürth immer noch nicht. „Da stehst du da wie ein Depp“, seufzte Rechtsverteidiger Bernd Nehrig.

Die meisten Zuschauer empfanden das anders. Als auch die vorletzte Gelegenheit, diesen Makel zu tilgen, ungenutzt verstrichen war, prasselte anerkennender Beifall auf die Verlierer nieder. Es mag auch ein wenig Mitleid mitgeschwungen haben, sicher ist: Seit dem Sieg im Frankenderby, dem ultimativen Stimmungsaufheller, hat ein beträchtlicher Teil der zwischenzeitlich vergrätzten Fans seinen Frieden mit dem Abstieg gemacht.

Die Gefühlslage von Trainer Frank Kramer changierte dementsprechend zwischen Stolz, Ernüchterung und Wut. Stolz, weil dank einer vorbildlichen Berufsauffassung seiner Elf der Schulterschluss mit dem Anhang gelungen war – „was soll ich dieser Mannschaft vorwerfen“; Ernüchterung, weil das Kleeblatt trotz verbesserten Angriffsspiels nach wie vor an mangelnder Cleverness im Abschluss scheitert; Wut, weil Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer mehrere klare Fehlentscheidungen traf. „Spielentscheidende“ Fehlentscheidungen, wie Kramer meint.

Tatsächlich ging dem 1:2 durch Hoffmann ein Eckball voraus, der eigentlich ein Abstoß hätte sein müssen. Dass Ya Kanon nach einem Foul an Rahman Baba Gelb-Rot verdient gehabt hätte, empfand wahrscheinlich auch nur Kinhöfer anders. „In Dortmund“, so Kramer, „pfeifen dich 80000 nieder, hier sind es halt 15000, und wir sind alle total nett.“ Die angeblich Unparteiischen, meint der Trainer, würden sich davon sehr wohl beeinflussen lassen. „Da sind wir halt nur die Kleinen.“

Den Eindruck, die Fürther seien vor allem wegen ihrer Nettigkeit abgestiegen, wollte Kramer nicht erwecken. Dazu ist der 40-Jährige mit der lebhaften Seitenliniengestik zu sehr Realist. „Bei uns kommt alles zusammen.“

Manager Rouven Schröder vermied es am Sonntag, den Rundumschlag von Präsident Helmut Hack zu erneuern. Der Vereinsboss hatte bereits in der Hinrunde von einer klaren Ungleichbehandlung innerhalb der Bundesliga gesprochen, zum Schaden der Fürther versteht sich. Schröders Kommentar zu den Schiedsrichterleistungen: „Wir sind zwar mehrfach benachteiligt worden, aber sicher nicht durchgängig.“

So oder so, Fürth steigt ab. Schröder beschäftigt eher die Frage, wer diesen Weg mitgeht. „Die deutsche Liga“, erklärte Nikola Djurdjic am Freitagabend, „ist ein Traum für jeden Fußballer.“ Obwohl er diese Aussage nicht präzisierte, war seinen Zuhörern klar, dass der Serbe damit nur die erste deutsche Liga gemeint haben konnte. „Jeder Nationalspieler will auf dem höchsten Level spielen.“

Zwar gab der 26-Jährige, der in Fürth bis 2016 unter Vertrag steht mit seinen beiden Treffern eine unübersehbare Bewerbung ab, aber in seinem Fall scheinen die Fürther eisern bleiben zu wollen. Frank Kramer stellte süffisant fest: „Er kann ja so viele Tore schießen, dass es für den Aufstieg reicht.“

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