Neuer Trainer, neuer Schwung für Roßtals BOL-Handballer

24.8.2020, 14:54 Uhr
Neuer Trainer, neuer Schwung für Roßtals BOL-Handballer

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Wenn es diese Pandemie nicht gäbe, dann würde in Roßtal wohl eine große Handball-Euphorie herrschen. Denn die erste Männer-Mannschaft tritt in der Bayernliga an, kein anderes Herren-Team in Stadt und Landkreis Fürth spielt höher.

Ohne diesen Erfolg zu verniedlichen, erinnert sich Klaus Axmann an seine Heimat und sagt: "Früher, in Wunsiedel, das war Euphorie." Denn Klaus Axmann ist in der einstigen Handballhochburg im Fichtelgebirge aufgewachsen. "Wir hatten in der Bayernliga Gastspieler aus Coburg, heute würden die Coburger lachen", erinnert er sich – halb im Scherz, halb mit einer Träne im Knopfloch.

Vorläufer der HSG Fichtelgebirge

Denn an die guten alten Zeiten vor der Fusion Wunsiedels mit Marktredwitz zur HSG Fichtelgebirge erinnert sich Klaus Axmann nur zu gerne, von ihnen profitiert er noch heute. Alles, was er sich in Sachen Handball angeeignet hat, kommt aus Wunsiedel.

Die ganze Stadt sei handballverrückt gewesen, als Kind habe sich für seine Brüder und ihn überhaupt nicht die Frage gestellt, welcher Art Ball sie hinterherjagen. Axmann war als Bayernligaspieler der Abwehrchef. Schon früh, mit Anfang 20, trainierte er parallel seine erste Jugendmannschaft, später waren es Männerteams bis zur Landesliga, in Nürnberg gründete er den heute nicht mehr existenten Handballverein Nürnberger Westen.

Die Verbindung in die alte Heimat ist nie abgerissen, auch wenn ihn sein Beruf – bei der AEG oder beim Deutschen Turnerbund – rausgerissen hat aus der vertrauten Umgebung. Lehrer ist er geworden und seit vier Jahren eigentlich in Pension. Doch dieser Mann kann und will nicht still sitzen. Einen Motorsägen-Führerschein hat er gemacht, um sich das Holz für seinen Kachelofen mit Erlaubnis des Waldbesitzers selbst zu schlagen und zuzusägen.

Für den Kopf und den Geldbeutel gibt er weiterhin Erdkunde-Unterricht an einer Nürnberger Privatschule. Unter einer Bedingung: Montag und Freitag muss frei sein, denn an den Wochenenden geht es um die alte Liebe Handball.

Denn Trainer ist er nach einer kurzen Pause auch wieder. Weil einer den anderen in dieser Branche kennt – unter anderem betreute er Jugendteams in Zirndorf und beim HC Erlangen – und der Verbandstrainer Ingo Gömmel mit Axmanns Bruder einst studiert hat. Als Gömmel den Job als Jugendkoordinator beim TSV Roßtal aufgab, weil er mit seinem talentierten Sohn nach Erlangen wechselte, fragte er Axmann, ob er nicht nach Roßtal kommen will.

Und er wollte. Er ist jetzt Trainer der zweiten Männermannschaft in der Bezirksoberliga, "denn wir haben ja sonst nichts zu tun", scherzt Axmann. Der 69-Jährige hat Anfang Juli das erste Training einberufen, seither bringt er dem 18 Mann starken Kader die Dinge bei, die ihm wichtig sind.

Punkt eins: "Wir gehen mit unserem Gegner freundlich um, denn es gab Zeiten, da war der Handball sehr ruppig." Die Gangart, die bis 1980 auch in Länderspielen an den Tag gelegt wurde, sei nicht mehr gefragt. "Heute hat die Schnelligkeit die Härte abgelöst", weiß Axmann und versucht seinen Spielern, Tempo "in den Beinen und im Kopf" zu vermitteln. "Wir müssen handlungsschnell sein", ist sein zweites Credo, "und nicht in den Ball verliebt sein, sondern nach vorne spielen." Das dritte Standbein, das man trainieren könne, seien Freiwurftaktiken und Überzahlspiel.

Den Spielrhythmus der Saison hätte er gerne schon in der Vorbereitung simuliert, doch noch sind Testbegegnungen nicht erlaubt. Dafür plant er ein Trainingslager – natürlich in Wunsiedel. Auch die Frauenmannschaft und wissbegierige Junioren sollen teilnehmen.

Erste und Zweite sind getrennt

Die erste Mannschaft wiederum kocht ihr eigenes Süppchen, die beiden Kader werden strikt getrennt, der Tausch von Spielern zwischen den Teams während der Saison ist nicht geplant. Der Grund: Die Bayernligamannschaft trainiert mit Harz, in der BOL ist das Haftmittel nicht erlaubt.

Wenn nicht ein erneuter Lockdown folgt, beginnt die Saison am 3. Oktober. Das Ziel für die neue Spielzeit kommt wie aus der Pistole geschossen aus seinem Mund: "Klassenerhalt. Meine Spieler haben zu mir gesagt: Wenn die vergangene Saison nicht abgebrochen worden wäre, wären wir abgestiegen."

Das könne er bei dem Eindruck, den er bislang gewonnen habe, aber nicht ganz verstehen. "Sie sind sehr eifrig beim Training und ackern ganz schön." Im Camp will Axmann auch einen Spielführer wählen lassen, ein Amt, das es gar nicht mehr gibt. "Offiziell ist er abgeschafft, aber ich habe nie kapiert, warum." Ebenso wolle er einen Mannschaftsrat aus drei bis vier Spielern als verlängerten Arm zwischen ihm und dem Kader. Auch hier setzt Axmann auf Althergebrachtes. In Reminiszenz an die goldene Ära von Wunsiedel.

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