Im Urlaub zur Europameisterschaft

Neumarkter Wasserskifahrer sprüht mit 63 Jahren vor Ehrgeiz

15.9.2021, 16:20 Uhr
Neumarkter Wasserskifahrer sprüht mit 63 Jahren vor Ehrgeiz

© Doris Kapfelsberger

Genau wie die meisten Jungen in der Grundschule, begeisterte sich Rainer Kapfelsberger zunächst für Mannschaftssportarten wie Fußball oder Handball. Als der gebürtige Neumarkter, der heute das elterliche Uhren- und Schmuckgeschäft Mühlbauer führt, seine Schullaufbahn jedoch in einem Internat bei Deggendorf fortsetzte, kam er an der Donau dem flüssigen Element zwangsläufig näher.

Die ersten Versuche auf Wasserskiern mit zwölf Jahren gerieten zum Spaß fürs Leben. "Da ich schon als kleines Kind das Skifahren gelernt hatte, bin ich ziemlich unerschrocken an die Sache herangegangen. Hinfallen und Aufstehen gehören eben dazu. Wir sind dann zum Üben oft an einen See mit Seilbahn bei Straubing gefahren, später hatten wir bei Familienurlauben am Meer sogar ein eigenes Motorboot dabei", erinnert sich Kapfelsberger, der die Leidenschaft längst an Ehefrau Doris und die eigenen Kinder weitergegeben hat.

"Für Weicheier ist das nichts"

Nachdem er seinen Gleichgewichtssinn beim Judo noch geschärft hatte, schloss sich Kapfelsberger als Student der Augenoptik dem Wasserski Club Haidweiher bei Amberg an. "Gleich bei meinem allerersten Wettkampf auf der Hausstrecke bin ich 1995 Deutscher Meister geworden. Das hat natürlich den Ehrgeiz befeuert." Mit Ende 30, während andere an den sportlichen Ruhestand denken, nahm die Karriere des Neumarkters Fahrt auf und bescherte international so manches Abenteuer. Anfang des Jahrtausends in Dubai etwa, "stand ich mit kompletter Neopren-Montur da, bis ich gemerkt habe, wie warm das Wasser ist. Inzwischen habe ich die Nervosität im Griff, trotzdem schießt der Adrenalinspiegel jedes Mal wieder in die Höhe." Die Vereinsfreunde von der DJK Neumarkt, bei der sich Kapfelsberger nebenbei als Funktionär in der Turnabteilung engagierte und 2017 zum Vorsitzenden aufstieg, erkundigen sich regelmäßig fasziniert nach den neuesten Erlebnissen.

Den Enthusiasmus braucht es auch, schließlich gehören Stürze zur Tagesordnung. "Für Weicheier ist das nichts. Rippenprellungen kommen vor. Aber schlimmer hat es mich nie erwischt", berichtet der 63-Jährige, der jetzt nach längerer pandemiebedingter Unterbrechung zum sechsten Mal an der Europameisterschaft teilnahm. Während Grundlagen der Kraft und Ausdauer im Winter beim Langlauf, Nordic-Walking beziehungsweise im Fitness-Studio gelegt werden, steht Kapfelsberger in der Saison-Hochphase bis zu vier Mal pro Woche auf den Brettern. Corona und das schlechte Wetter im Frühjahr bescherten wieder einmal einen Trainingsrückstand, den der Oberpfälzer ab Ende Juni aufzuholen versuchte. Bei der Deutschen Meisterschaft in Halle/Saale reichte es in den Disziplinen Trick-Ski und Slalom für die Ränge 2 und 3, doch beim Wettkampf im italienischen Ravenna trübte sich die Urlaubsstimmung jäh.

Im 37-köpfigen Feld der Altersklasse M55-65 blieb im Slalom lediglich Platz 26. Noch enttäuschter war Kapfelsberger über die aus seiner Sicht "extrem strenge" Regelauslegung der Schiedsrichter, die ihm auf seiner Paradestrecke Trick-Ski, bei der in einer Zeitspanne von 20 Sekunden pro Durchgang diverse Figuren gezeigt werden, ein besseres Ergebnis als Platz 7 kostete. Der Gesamtsieg für Deutschland in der Mannschaftswertung war immerhin ein kleiner Trost. Weil sich Rainer Kapfelsberger auch eingestehen muss, dass die körperlichen Belastungen nicht spurlos an ihm vorbeigehen, will er 2022 nun eine Wettkampf-Pause einlegen. Das hat er seiner Frau versprochen, die sich sonst die Wehklagen über kleinliche Schiedsrichter und Knie- beziehungsweise Rückenschmerzen anhören muss. Abgeschlossen, betont er, "habe ich aber nicht." Ein paar Wasserski-Abenteuer sollen noch geschrieben werden.

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