Nicht geil auf die Kurve

5.10.2009, 00:00 Uhr

Die Fußballsprache ändert sich ständig, wie die richtige Sprache, die so schöne zeitspezifische Besonderheiten hervorbringt wie die Rohlingsspindel. Es passiert ja auch ständig etwas Neues. Lange wusste man nicht, wie man die Kinder nennen sollte, die seit ein paar Jahren an Händen von Fußballprofis Fußballplätze betreten, bevor Fußballspiele losgehen. Es war ein ähnliches Problem wie das mit dem Plastikstab, den man beim Einkaufen vorm Bezahlen zwischen eigene und fremde Einkäufe legt: Bis heute gibt es kein gutes Wort dafür. Als sich aber für das Betreten von Fußballplätzen der Begriff «Auflaufen» durchsetzte, schafften es die «Auflaufkinder» sogar ins Lexikon (worauf die «Spielerfrau» unerklärlicherweise noch immer wartet).

«Auflaufkinder werden zu Balljungen»

Nach dem Auflaufen verschwinden die Auflaufkinder oder fungieren als Balljungen (früher: Ballrussen), während die Fußballprofis sich aufmachen, «etwas zu holen», wie man seit etwa drei, vier Jahren sagt («Wir fahren da hin, um etwas zu holen»). Am besten ist es, dabei «nichts zuzulassen» («Die haben nichts zugelassen», klagt dann der erfolglose Stürmer, z. B. Gomez et. al. vom FC Bayern, über mauernde Spielkaputtmacher, z.B. Kölner), und schon winkt ein Dreier.

Damit ist es aber nicht getan. Dem Auflaufen folgt 90 Minuten später das Ablaufen, welches in der neueren Fußballsprache allerdings «in die Kurve gehen» heißt (und nicht mit dem «Auslaufen» zu verwechseln ist, welches erst am Morgen danach unter Aufsicht eines Co-Trainers stattfindet). Dort, in der Kurve, vermutet man die wahlweise begeisterungs- oder leidensfähigsten Fußballfreunde, deren Stimmungslage es auszuloten gilt.

«Da gehe man nicht in die Kurve, sondern schäme sich»

Wer nicht hingeht, ist ein Schnösel, und daran entzündete sich am Samstag in Mönchengladbach ein großer Skandal, weil Borussia-Verteidiger Dante, anders als sein Kapitän Levels, nicht in die Kurve gehen wollte. Man habe doch nichts geholt, maulte Dante, und viel zugelassen, jedenfalls ein Tor zuviel für Dortmund, da gehe man nicht in die Kurve, sondern schäme sich.

Und Friedhelm Funkel? Der Ex-Eintracht-Frankfurt-Trainer ist jetzt bei Hertha und sagte anlässlich seiner Vorstellung, er finde es «geil», samstags wieder in vollen Stadien Richtung Trainerbank zu gehen. Früher, sagte Funkel, 55, hätte man ja nicht so gesprochen. Bloß, wie nennt man das eigentlich: Geil Richtung Trainerbank gehen?