Basketball

Aufgebot komplett: Warum die Nürnberg Falcons auf einen Center verzichten

Sebastian Gloser

Sportredakteur

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11.8.2023, 15:00 Uhr
Der vorerst letzte Neuzugang: Courtney Alexander, theoretisch Center.

© IMAGO/Rob Kinnan, NNZ Der vorerst letzte Neuzugang: Courtney Alexander, theoretisch Center.

Ralph Junge nennt ihn "unseren theoretischen Big Man", weil er weiß, dass so ein Big Man in der Praxis größer sein müsste. 2,03 Meter misst Courtney Alexander, der vorerst letzte Neuzugang der Nürnberg Falcons für die kommende Saison. Mit 2,03 Meter bekommt man in normalen Klamottenläden durchaus Probleme, in dieser Sportart gibt es aber noch deutlich größere Kollegen.

"Big Men" so nennt man im Basketball die großen, schweren Jungs, deren Arbeitsplatz in Korbnähe ist. Der Center ist eigentlich dafür zuständig, den Ball aus kurzer Distanz im Korb unterzubringen, die Abpraller vom Ring einzusammeln oder für Mitspieler Platz zu schaffen. Werfen, Dribbeln, kleinere Guards verteidigen, all das gehörte in der Vergangenheit nicht zu seinen Aufgaben.

Dirk Nowitzki hat alles verändert

Spätestens seitdem Dirk Nowitzki die Rollen im Basketball verschoben hat, verlaufen die Grenzen aber fließend. Die Golden State Warriors in der NBA oder auch die Brose Baskets unter Andrea Trinchieri haben bewiesen, dass sich im modernen Basketball auch ohne klassische Center Titel gewinnen lassen. Im Schnitt werden die Mannschaften etwas kleiner, die großen Jungs etwas weniger massig und dafür beweglicher.

Diesen Ansatz verfolgt seit einer Weile auch Nürnbergs Basketball-Zweitligist, wobei die Ansprüche natürlich andere sind als in San Francisco oder Bamberg - und man wie so oft in der Vergangenheit nicht genau weiß, was zuerst da war: Die Philosophie? Oder die begrenzten finanziellen Mittel? Oder beides?

Philosophie oder Geldmangel?

"Wir bekommen keinen Big Man, der defensiv und offensiv einen positiven Effekt auf unser Spiel hätte", sagt Junge, der Geschäftsführer der Falcons; erst recht keinen mit deutschem Pass. Beim aktuellen Etat sei das nicht nur nicht zu stemmen, betont Junge, "wir sind Lichtjahre entfernt".

Zusammen mit dem neuen Cheftrainer Virgil Matthews hat er deshalb einen anderen Ansatz gewählt, den bereits Vor-Vorgänger Vytautas Buzas eingeleitet hatte und der so auch bei Bundesligist Chemnitz praktiziert wurde, wo Matthews zuletzt als Assistenz-Trainer gearbeitet hat: Mobiler und kompakter wollen die Falcons verteidigen, auch auf die Gefahr hin, mal den ein oder anderen Rebound abgeben zu müssen oder von bulligeren Typen unter dem Korb weggeschoben zu werden. Im Gegenzug setzen sie im Angriff auf Geschwindigkeitsvorteile und im besten Fall mehr Raum, sofern die großen Jungs wie Alexander, Julius Wolf (2,03 Meter), Ferenc Gille (2,03 Meter), Mohamed Kaba (2,01 Meter) oder Nelson Okafor (2,02 Meter) auch jenseits der Dreierlinie eine Gefahr darstellen.

Kommende Woche versammelt sich der neue Falcons-Jahrgang in Nürnberg, nach den obligatorischen Medizinchecks steht am Freitag, den 18. August, das erste Training auf dem Programm. Wie praxistauglich der neue Ansatz ist, lässt sich am 2. und 3. September überprüfen, dann sind in der Kia Metropol Arena mit Chemnitz, Crailsheim und Würzburg gleich drei Bundesligisten als Testspielgegner zu Gast.

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