Später Knick gegen Kiel: Eine gefühlte Club-Niederlage

19.11.2017, 12:09 Uhr
Enttäuschung bei Georg Margreitter (li.) und Tim Leibold: Gegen Holstein Kiel gab der Club eine Zwei-Tore-Führung aus der Hand.

© Sportfoto Zink / DaMa Enttäuschung bei Georg Margreitter (li.) und Tim Leibold: Gegen Holstein Kiel gab der Club eine Zwei-Tore-Führung aus der Hand.

Hängende Köpfe auf dem Platz, bedrückte Fans auf den Rängen und ein sichtlich geknickter Trainer: Nein, der Club hat am Samstag nicht unglücklich gegen den Tabellenletzten verloren. Dennoch fühlt es sich irgendwie so an, als wäre dem 1. FC Nürnberg beim Heimspiel gegen Holstein Kiel etwas durch die Lappen gegangen. Gegen den jetzigen Tabellenführer war mehr drin als nur der eine Punkt, der Club hätte wichtige Punkte auf die Nordlichter aufholen können und auch Rang drei war, weil Union Berlin in Heidenheim Federn ließ, in Reichweite. So ändert sich tabellarisch nicht viel, ein Rückschlag ist das 2:2 gegen Kiel trotzdem.

Schon vor der Partie wusste der Club: Mit Kiel kommt nicht nur ein ziemlich frecher Aufsteiger, sondern auch die beste Offensive der Liga. Und gerade auswärts waren die Störche bislang besonders treffsicher: In Berlin, Aue und Duisburg traf die KSV dreifach, in Heidenheim sogar fünfmal. FCN-Trainer Michael Köllner war also gewarnt und stellte mit Ewerton und Margreitter zwei erfahrene und zweikampfstarke Innenverteidiger auf. Tatsächlich war es auch der Brasilianer, der am Samstag 16 Zweikämpfe gewann - mehr als jeder andere Spieler auf dem Platz - und mit 33 angekommenen Pässen auch mitverantwortlich für den Nürnberger Spielaufbau war. Einmal mehr bewies der von Sporting Lissabon gekommene Defensivmann seine Klasse.

Lange hatte die Club-Defensive den stürmischen Aufsteiger auch im Griff: Bis auf eine gute Chance von Steven Lewerenz, die Nürnbergs bester Flankengeber Tim Leibold (zwei Flanken gegen Kiel) noch entschärfte, blieben die Nordlichter über weite Strecken harmlos. Erst als die Köllner-Elf doppelt traf und auf ein drittes Tor hinarbeitete, warf Kiel noch einmal alles nach vorne und belohnte sich für eine starke Schlussphase - wobei der nördlichste Zweitligist zu diesem Zeitpunkt auch nichts mehr zu verlieren hatte.

Der Punktverlust am Samstag war aber vermeidbar. Beim Anschlusstrefer standen sieben Nürnberger im Strafraum, die Drexler-Flanke konnte der kurz zuvor eingewechselte Aaron Seydel dennoch aus zwei Metern seelenruhig zum 1:2 aus Kieler Sicht einnicken. In der Situation die zum Ausgleich führte hatte der Club sogar Überzahl, Alexander Mühling kam an der Strafraumgrenze jedoch ziemlich frei zum Schuss - weil Tim Leibold noch mit dem Reklamieren einer möglichen Abseitsposition beschäftigt und Hanno Behrens nicht nah genug dran war. "Das müssen wir cooler runterspielen", betonte der Club-Kapitän nach Spielschluss.

Insgesamt natürlich eine Verkettung unglücklicher Ereignisse, die das Trainer-Team um Köllner in den kommenden Tagen aufarbeiten muss - denn aus vier Torschüssen zwei Tore zu kassieren ist nicht nur auf dem Papier ärgerlich. Der Club tendiert in der laufenden Saison dazu, vor allem in der zweiten Hälfte Tore zu schießen und kassieren. Drei der 20 Gegentore in der laufenden Spielzeit kassierte Nürnberg in der ersten Halbzeit, satte 17 Treffer sind es nach der Pause - sieben davon in der Schlussviertelstunde, unter anderem bei den Heimniederlagen gegen Bielefeld und Ingolstadt. Auch hier wird der Coach ansetzen müssen, um die Probleme beim FCN in den Griff zu kriegen.

Der Club-Coach sprach von einer gefühlten Niederlage, und nicht nur ein Blick auf die Anzeigetafel unterstreicht diese Meinung. Nürnberg hatte mehr Torschüsse - sechs im Vergleich zu Kiels vier - vorzuweisen, die Defensive gewann mehr als 82 Prozent ihrer Tacklings und entschied rund 52 Prozent der Zweikämpfe für sich. Dennoch schaffte es der offensivstarke Aufsteiger mal wieder, mit wenig Laufaufwand (112,52 Kilometer, der Club lief 117,53 Kilometer) zu punkten. Dass die KSV dabei vor allem im Mittelfeld sehr effizient arbeitet und Kräfte einspart, spielte den Gästen in der Schlussphase natürlich in die Karten.

Und auch wenn die Stimmung nach dem 2:2 erstmal abgesunken ist, so lohnt sich für den Club und seine Anhänger ein Blick auf die Tabelle. Auf den Relegationsplatz sind es derzeit nur zwei Punkte, Rang zwei ist sieben Zähler entfernt und vor der Köllner-Elf liegt noch mehr als die halbe Saison. In den nächsten Wochen gilt es, den Anschluss an die Spitzengruppe zu halten - und sich und den Fans bis zur Winterpause mit einer aussichtsreichen Ausgangsposition ein kleines Weihnachtsgeschenk zu machen.

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