Vor dem 1:1 bei Union

"Danke, Boss": Fürths Kapitän Branimir Hrgota verabschiedet sich von Stefan Leitl

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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30.4.2022, 11:35 Uhr
"Sie werden mir und dem Team als klasse Trainer und guter Freund in Erinnerung bleiben": Branimir Hrgota wird Stefan Leitl sehr vermissen.

© Sportfoto Zink / Melanie Zink, NNZ "Sie werden mir und dem Team als klasse Trainer und guter Freund in Erinnerung bleiben": Branimir Hrgota wird Stefan Leitl sehr vermissen.

In der Nacht zum Freitag wollte Branimir Hrgota etwas loswerden. Also nahm er sein Handy in die Hand und tippte darauf los, womöglich hat er sich auch ein bisschen Hilfe bei der Formulierung geholt. "Mit Ihnen haben wir drei Jahre lang Minute für Minute gekämpft, sei es auf dem Spielfeld oder abseits", schrieb der Kapitän des Kleeblatts. "Wir sind durch Höhen und Tiefen gegangen. Sie standen mir persönlich und auch dem Team mit allem, was in Ihrer Macht steht zur Seite."

Die emotionalen Worte galten seinem langjährigen Trainer Stefan Leitl, von dem in dieser Woche bekannt wurde, dass er die Spielvereinigung im Sommer verlassen wird. Dem Mann, von dem Branimir Hrgota in seiner Zeit beim Kleeblatt immer wieder geschwärmt hat - unaufgefordert, einfach so, weil es ihm ein Bedürfnis war, diesen Stefan Leitl hervorzuheben. "Er hat mir so viel Selbstvertrauen gegeben", erzählte Hrgota vor der Saison im Trainingslager.

In der Sonne vor dem Mannschaftshotel sprach er damals ausführlich über das gute Verhältnis zu seinem Chef. Und darüber, dass er und Leitl sehr viel miteinander kommunizieren, auf und abseits des Platzes. Über Fußball, aber auch über das Leben. "Ich kann immer zu ihm kommen und reden", erzählte der Angreifer. "Ich habe ihn auch gefragt, was man als Vater alles machen muss." Die Hilfe des Trainers half dem 29-Jährigen, dessen Tochter inzwischen knapp sieben Monate alt ist - und den Papa noch ein bisschen glücklicher gemacht hat.

Die ihn aufmunterte in schwierigen Momenten, die es in dieser Saison zuhauf gab. Mitunter wirkte Branimir Hrgota verzweifelt, die Binde am Arm, die Last, die strauchelnde Mannschaft wieder auf den richtigen Weg bringen zu müssen, schien ihn immer wieder zu bremsen in der Hinrunde. Doch Hrgota arbeitete sich aus seinen Tiefs heraus, wurde zum Fürther Rekordtorschützen in der Bundesliga - musste dann aber lange auf sein neuntes Bundesliga-Tor warten.

Am Freitagabend hatte das Warten aber ein Ende. Zu Beginn des Spiels schlug der Kapitän in aussichtsreicher Situation noch ein Luftloch, nach einer knappen halben Stunde aber durfte Hrgota endlich wieder jubeln. Nach mehr als 700 Minuten ohne Tor. Bei einem Freistoß von Jetro Willems "spekuliere ich auf den zweiten Pfosten", erzählte er hinterher. Der Klärungsversuch landete tatsächlich knapp zehn Meter vor dem Tor auf seinem Fuß, "als Stürmer muss ich von da schießen", so Hrgota, und: "Besser kann ich ihn nicht treffen".

Dass dass schöne Tor, der Lohn für eine sehr gute erste Hälfte, am Ende nicht reichte, hatte mit den vergebenen Möglichkeiten im ersten Durchgang und mit einem individuellen Fehler von Andreas Linde und Nick Viergever zu tun. Linde hätte den Ball angesichts des Gegnerdrucks einfach mal nach vorne schlagen, Viergever nach dem Zuspiel auch einfach nach links zu Luca Itter passen können. Stattdessen ging der Verteidiger aber ins Dribbling und verlor dieses. 1:1. Also stand am Ende nur ein Punkt, Hrgota freute sich dennoch über "ein gutes Spiel".

Vor diesem guten Spiel, bevor er in der Alten Försterei den Platz betrat, wollte er sich allerdings noch verabschieden. Von Stefan Leitl, dem Mann, der ihn nach schwierigen Jahren in Frankfurt aufgerichtet und zu alter Stärke verholfen hat. Also tippte er weiter auf seinem Handy. Hrgota lobte die "Ratschläge, die mich letztendlich zum Kapitän geführt haben, oder die uns den Aufstieg in die 1. Liga ermöglichten."

Damit war Hrgota noch immer nicht fertig, der bevorstehende Abschied seines Trainers schien ihn sehr aufzuwühlen. "Sie werden mir und dem Team als klasse Trainer und guter Freund in Erinnerung bleiben Ich bedanke mich im Namen des Teams für 3 unfassbare Jahre an Ihrer Seite. Danke Boss!" Schnell noch vier gemeinsame Fotos aus den vergangenen drei Jahren und ein Herz-Emoji dazu - und abschicken. Ein paar Minuten später flogen ihm die digitalen Herzen auf Instagram nur so zu. In den Kommentaren unter seinem neuesten Post wurde der Kapitän von Kollegen, ehemaligen Mitspielern und Fans sehr gelobt.

Von Nationalspieler David Raum, den Leitl zu einem der besten deutschen Linksverteidiger geformt hatte, von Maximilian Wittek, der mit Vitesse Arnhem inzwischen international spielt, aber auch von seiner Frau Emelie. Von Timothy Tillman und Julian Green. Offenbar hatte Branimir Hrgota mit seinen Worten einen Nerv getroffen - und einigen Menschen aus dem Herzen gesprochen.

Natürlich konnte man auch einiges in die Worte hinein interpretieren - zum Beispiel, dass der Kapitän seinem "Boss" eher nicht nach Hannover folgen wird, sollte der dort demnächst einen neuen Vertrag unterschreiben. Seinem ehemaligen Sturmkollegen Havard Nielsen wurde ja genau das zuletzt nachgesagt. Doch Hrgota hat noch einen weitere zwei Jahre laufenden Vertrag beim Kleeblatt. Seine Zukunft in Fürth hatte er zuletzt nach dem Abstieg zwar offengelassen und tat das auch nach dem 1:1 beim FC Union.

In Köpenick wurde er vom übertragenden Sender "DAZN" auf seine weiteren Pläne angesprochen, nachdem ja bereits die Zukunft seines Trainers geklärt ist. Branimir Hrgota grinste kurz verlegen - und sagte dann nur wenige Worte: "Ich habe hier noch zwei Jahre Vertrag. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen."

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