Timo Gebhart plant beim Club einen Neuanfang

10.7.2012, 08:00 Uhr
Timo Gebhart plant beim Club einen Neuanfang

© Sportfoto Zink

Bei einem Zweikampf mit Andreas Wolf zog sich Gebhart damals bereits in der sechsten Minute eine sieben Zentimeter lange, bis zur Achillessehne reichende Fleischwunde am Knöchel zu – und kickte dennoch tapfer bis zur Halbzeitpause weiter.

„Man muss auf die Zähne beißen, auch wenn es mal weh tut“, findet Gebhart. Viel schlimmer ist für ihn die Vorstellung, gar nicht fußballspielen zu dürfen. „Dann leide ich wie ein Hund“, gesteht der 23-Jährige. In Stuttgart war leider genau dies zuletzt der Fall.

Nach einer Operation am Sprunggelenk, die ihre Ursache in zwei nicht ausgeheilten Bänderrissen hatte, saß die vormalige Stammkraft bei Trainer Bruno Labbadia nur noch auf der Bank. „Ich habe einfach keine Chance mehr bekommen. Für mich war es ein verlorenes Jahr“, sagt Gebhart, „aber so ist das eben im Fußball: Manche Trainer stehen auf dich, manche nicht.“ Schmutzige Wäsche mag er nicht mehr waschen. Stuttgart ist Vergangenheit, seine Zukunft heißt Nürnberg.

Die Entscheidung, beim Club einen persönlichen Neustart zu wagen, war schnell gefallen – dank guter Gespräche mit Trainer Dieter Hecking und Sportvorstand Martin Bader. „Für mich ist wichtig, dass der Trainer zu hundert Prozent hinter mir steht. Ich habe gespürt, dass ich hier gebraucht werde und man mir vertraut“, sagt Gebhart.

Auch sein Kumpel Julian Schieber, in der Saison 2010/11 vom VfB an den Valznerweiher ausgeliehen, konnte ihm nur Positives über Nürnberg berichten. „Er hat gemeint, das würde für mich gut passen“, erzählt Gebhart – und wurde bislang nicht enttäuscht. Prima aufgenommen fühlt sich der Neuzugang von den Kollegen, und in Zimmergenosse Alexander Esswein hat er bereits einen Bruder im Geiste gefunden: „Wir verstehen uns super.“

Der Abschied aus Stuttgart fiel ihm dennoch nicht leicht. „Ich bin ein Spieler, der sich schnell mit einem Verein identifiziert und nicht gleich wieder wegrennt“, betont Gebhart. Via Homepage hat er sich persönlich von den VfB-Fans verabschiedet, die meisten bedauerten den Weggang des flinken Mittelfeldspielers. Auf dem Internet-Portal YouTube widmete man ihm sogar den Musikclip „Goodbye And Farewell“, unterlegt mit Bildern aus seiner Zeit in Schwaben.

„Das war schon richtig cool. Die Fans merken eben, dass ich immer alles gegeben habe.“ Seine kämpferischen Tugenden möchte Gebhart nun auch in Franken unter Beweis stellen. Mit seiner Ballsicherheit und guten Technik soll Nürnbergs neue Nummer zehn aber auch für kreative Impulse sorgen – am liebsten im zentralen Mittelfeld, „da kann ich meine Stärken am besten einbringen“.

Das Talent des „U19“-Europameisters zeigte sich schon einst beim TSV 1860 München, wo Gebhart gemeinsam mit den Bender-Zwillingen für Furore sorgte. Der Sprung in die A-Nationalmannschaft blieb ihm bislang allerdings verwehrt.

Vielleicht auch, weil Gebhart es anfangs mit der Disziplin nicht so genau nahm und bisweilen eine professionelle Berufseinstellung vermissen ließ. „Wenn man jung ist, macht man eben Fehler. Aber ich habe daraus gelernt und bin viel reifer geworden“, versichert er.

Im Trainingslager in Oberstaufen, das für den gebürtigen Memminger ja fast Heimspiel-Charakter hat, deutet Gebhart jedenfalls an, dass er bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Nicht umsonst heißt eines seiner Idole Stefan Effenberg. „Ich bin schon so ein Typ, der auf dem Platz auch mal Zeichen setzt“, sagt Gebhart – also das, was man heutzutage gern „Aggressive Leader“ nennt.

Privat ist der Hobby-Thai-Boxer mit der exzentrischen Frisur und den zahlreichen Tattoos allerdings ein umgänglicher Zeitgenosse, der gerne Musik hört, sich mit Freunden trifft oder ins Kino geht. Der letzte Film, den er gesehen hat? Gebhart muss schmunzeln und verrät fast etwas verschämt: „Das war Ice Age IV...“ Auch harte Männer wollen manchmal eben ein bisschen lachen.

Name: TIMO GEBHART – geboren am: 12. April 1989 in Memmingen / Größe: 1,82 m / Gewicht: 75 kg / Nationalität: deutsch / Position: Mittelfeld / Rückennummer: 10 / Vertrag bis: 2016 / Bisherige Vereine: BSC Memmingen, FC Memmingen, TSV 1860 München, VfB Stuttgart / Bundesliga-Spiele/Tore: 76/4.

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