„Und dann hat mir Michael Jordan den Ball geklaut“

23.9.2010, 23:05 Uhr
„Und dann hat mir Michael Jordan den Ball geklaut“

© Zink

Herr Washington, sagen Sie uns doch bitte ein Wort auf Finnisch!

Eric Washington: Auf Finnisch?

Auf Finnisch!

Washington: Wow. Sehr gerne: Mitä heißt was, miksi warum ...

Sie sprechen tatsächlich finnisch.

Washington: Ein bisschen. Sagen wir, ich würde überleben. Die Sprache ist sehr kompliziert, aber ich habe zweieinhalb Jahre dort gelebt, da habe ich natürlich etwas aufgeschnappt.

Und ein Wort auf Chinesisch?

Washington: Oh, nein, tut mir leid. Da habe ich wirklich keinen Plan.

China, Finnland, Griechenland, Italien, Israel, Sie haben einiges gesehen von der Welt. War das Ihr Plan, als Sie damals angefangen hatten, mit Basketballspielen Geld zu verdienen?

Washington: Ein Plan? Mein Plan war, mich nicht zu verletzen und überall mein Bestes zu geben.

In welchem Land hat es Ihnen bislang am besten gefallen?

Washington: In Italien. Da gab es nichts Negatives. Ich hatte ziemliches Glück, überall, wo ich hingekommen bin, war es sehr angenehm, in Rimini aber war es perfekt.

Wo wohnen Sie in den USA?

Washington: Geboren bin ich in Mississippi, ich lebe mit meiner Familie aber in Alabama. Dort habe ich im Sommer ein Versicherungsbüro gegründet, um das sich jetzt erst einmal mein Geschäftspartner kümmert.

Ihre Familie bleibt in Alabama?

Washington: Ja, das ist schwer. Vor allem für meine Zwei- und Vierjährigen. Sie fragen mich jeden Tag über die Webcam: Daddy, wann kommst du wieder nach Hause? Natürlich habe ich ein schlechtes Gewissen. Aber meine Frau macht gerade eine Ausbildung zur Krankenschwester, also muss ich die Familie alleine ernähren.

Wann sehen Sie sie wieder?

Washington: An Weihnachten.

In Deutschland ist die Integration von Ausländern derzeit ein vieldiskutiertes Thema — Sie haben damit wahrscheinlich keine Probleme.

„Und dann hat mir Michael Jordan den Ball geklaut“

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Washington: Das verstehe ich überhaupt nicht. Wer unter Menschen aufgewachsen ist, sollte überall auf der Welt in der Lage sein, sich einzugliedern. Und man sollte zumindest versuchen, die Sprache zu lernen. Wer kein Wort deutsch spricht, macht es sich selbst schwer. Ich glaube nicht, dass ich deutsch fließend sprechen werde, aber ich werde mir Mühe geben.

Wie waren Ihre ersten sieben Wochen in Nürnberg?

Washington: Ich liebe es! Die Jungs in der Mannschaft und der Klub haben es mir leicht gemacht, sie helfen mir, wann immer ich Hilfe brauche.

Wie kam es dazu, dass Sie Ihre Weltreise in Nürnberg fortsetzen?

Washington: So genau weiß ich das, auch nicht, wenn Sie es wissen, können Sie mir es ja erzählen.

Wahrscheinlich hat Ihnen Ihr Berater von einem Angebot aus einer Stadt namens Nürnberg erzählt und gesagt, dass das ganz gut klinge.

Washington: Genau, so hat er es gesagt: eine junge Mannschaft, die Fünfter war, und es jetzt ernst meint mit dem Aufstieg. Das hat sich für mich angehört, als wollte ich dabei sein.

Und der Druck stört Sie nicht?

Washington: Das Einzige, was mich umtreibt, ist die Chemie mit meinen Kollegen. Alles andere ist sekundär.

Was hatten Sie zuvor vom deutschen Basketball gewusst?

Washington: Ich wusste nur, dass in der Bundesliga eine Menge US-Amerikaner spielen. Meiner Meinung nach ist das nicht besonders gut für den deutschen Basketball, weil es die Spielzeit für die deutschen Spieler einschränkt. Zwei oder drei sind genug. Bei fünf oder sechs sehe ich nicht, wie das die Liga weiterbringen sollte.

Als Sie hierher kamen, hieß es: NBA-Flair, wahrscheinlich wurde das überall geschrieben. Wie wichtig sind Ihnen diese zwei Jahre für die Denver Nuggets in der NBA?

Washington: Im Nachhinein ist es wie jeder andere Job. Es war mein erster Job als Profi, das war besonders.

Aber es wird doch einen Unterschied zwischen einem NBA-Spiel im United Center und einem Spiel im finnischen Kauhajoki geben?

Washington: Die Hallen sind größer — aber Basketball bleibt Basketball.

Gut, eine Frage aber muss noch gestellt werden: Wie ist es, gegen Michael Jordan zu spielen?

Washington: Diese Frage wird mir immer gestellt. Ich habe in meinem zweiten Jahr gegen Michael gespielt. Verteidigen musste ich Scottie Pippen. Aber Michael hat mich verteidigt. Das war schon etwas Besonderes. Ich dachte sogar, ich könnte gegen ihn punkten, aber dann war ich wohl zu glücklich, als ich alleine auf den Korb zulief. Er kam von hinten und hat mir den Ball geklaut.

Coach Derrick Taylor hat Sie als Team-Spieler angekündigt.

Washington: Das stimmt, ich bin der ultimative Team-Spieler. Statistiken sind mir völlig egal. Wenn ich nur einen Punkt mache, die Mannschaft aber gewinnt, fühle ich mich, als hätte ich hundert Punkte gemacht. Was auch immer Coach Taylor von mir verlangt, ich werde es machen.

Was passiert am Samstagabend?

Washington: Ich habe keine Ahnung. Sicher ist nur, dass wir hart spielen werden – so wie jeden Samstag.

Was wissen Sie über Breitengüßbach, Vechta und Schwenningen?

Washington: Wer? Ist das finnisch?

Nein, drei Ihrer Gegner in der ProB.

Washington: Oh. Können Sie noch reinschreiben, dass am Samstag viele Leute kommen sollen? Und sie sollen laut sein. Sie können den Gegnern böse Sachen sagen. Aber nicht zu böse.