Vergessene Vereine: Die Reichsbahn-Sportler von Fürth

5.5.2019, 16:00 Uhr
Vergessene Vereine: Die Reichsbahn-Sportler von Fürth

© SGV Nürnberg-Fürth 1883

Gemeinsam wollten die Männer, die tagsüber schwere Dampfrösser zum Laufen brachten, ihrem Sport nachgehen – und am 8. September 1928 war es soweit. Unter der Führung von Paul Fornlachner vereinigten sich die Reichsbahner zu einer Fußballmannschaft.

Zu Beginn war noch ein wenig Improvisation gefragt. Die ersten Spiele fanden auf dem GutsMuths-Platz statt, ein Fußballfeld, an den sich nur noch die alteingesessenen Fürther erinnern. Dort, am Ende der heutigen Ritter-von-Aldebert-Straße, wo der Scherbsgraben die Bamberger Bahnlinie kreuzt, trafen sich viele Fürther zum Kicken, schließlich war der Schießanger noch nicht die für jedermann zugängliche Sportanlage.

Obwohl Verein und Sportler aus Fürth kamen, zog die RSV 1931 kurz hinter die Stadtgrenze. An der Ecke Regelsbacher Straße/Rothenburger Straße bauten sich die Eisenbahner eine eigene Sportanlage. Es ist zu vermuten, dass das Gelände der Reichsbahn gehörte und die RSVler deshalb in Kauf nahmen, jenseits der Stadtgrenze ihre Heimstatt zu gründen.

Vergessene Vereine: Die Reichsbahn-Sportler von Fürth

© SGV Nürnberg-Fürth 1883

Die bestand aus einem Hauptplatz mit Aschenbahn sowie zwei weiteren Fußballplätzen samt urigem Vereinsheim. Der erste Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Mit einer Schüler- und einer Jugendmannschaft im Rücken gewann die RSV die Meisterschaft der B-Klasse. Was heute belächelt werden würde, hatte damals noch einen anderen Stellenwert, das damalige Ligensystem war nicht mit dem heutigen zu vergleichen.

Es folgte ein kleiner Durchmarsch. Nach dem Aufstieg in die A-Klasse wurden die Eisenbahner erneut Meister – und stiegen damit in die Kreisklasse auf, ein Jahr lang die zweithöchste Spielklasse unter der Bezirksliga, in der die SpVgg Fürth spielte.

Nach der Gauligenreform 1933 waren die Reichsbahner zwar nur noch drittklassig, 1939 aber folgte doch noch der Aufstieg in die zweitklassige Bezirksliga. Möglich machte das auch ein mutiger Kniff. Zwei Jahre zuvor zog der Verein die erste Jugend, bis dahin eine der führenden in Mittelfranken und mehrmaliger Gruppenmeister, zur ersten Mannschaft hoch – und wurde belohnt.

Neben den Fußballern standen die Boxer im Rampenlicht. Nachdem sich 1933 die Boxabteilung des Polizeisportvereins aufgelöst hatte (nur Uniformträger durften in den Ring), schloss sich der Stamm der aktiven Boxer der RSV an, die zum 1. Januar 1934 eine Boxstaffel gründete.

Jakob Rebel, zu diesem Zeitpunkt bereits vielfacher bayerischer Meister und auch international mit bemerkenswerten Siegen, formte in der Turnhalle des Otto-Schulhauses Boxer, die die großen Säle in Fürth und der Umgebung füllten.

Fürth kämpft gegen Rom

Mehrere nationale und internationale Mannschaftskämpfe trugen die Männer in den Vorkriegsjahren aus, besonders eine Veranstaltung ragt heraus. Der Vergleichskampf gegen eine römische Stadtauswahl im Park-Hotel 1937 war für Fürth ein bedeutendes sportliches und gesellschaftliches Ereignis. Rebel bezwang dabei den Europameister Domenico Ceccarelli nach Punkten. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beendete die Hochphase der Boxer, der Großteil musste an die Front. Zurückgekehrt sind von dort nur wenige.

Die Fußballer der RSV konnten aber noch zwei Highlights setzen. Im Tschammer-Pokal, dem Vorgänger des DFB-Pokals, hätte es 1942 fast für den Einzug in die Hauptrunde gereicht. In einem engen Spiel setzte sich der 1. FC Nürnberg in Bestbesetzung mit 5:3 durch. Immerhin: Ein Jahr später holten sich die Reichsbahner die Nürnberg-Fürther Stadtmeisterschaft – danach ging das Land im totalen Krieg unter.

Nach Kriegsende war jeder Spielbetrieb verboten, die Amerikaner enteigneten die Sportplätze. Doch es ging weiter. Gemeinsam mit dem TSV Nürnberg-West und den Nürnberger Reichsbahnern entstand 1948 der ESV Nürnberg-West Fürth – der heute die SGV Nürnberg-Fürth 1883 ist. Und entlang der alten Ringbahn rollt der Ball noch immer an der Regelsbacher Straße.

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