Von Ansbach in die USA - Geiselsöder: "Ich bin ausgeflippt"

18.4.2020, 19:49 Uhr
Lebt ab der kommenden Saison den Amerikanischen Traum: Die Ansbacherin Luisa Geiselsöder.

© Martin Fürleger, dpa Lebt ab der kommenden Saison den Amerikanischen Traum: Die Ansbacherin Luisa Geiselsöder.

NN: Frau Geiselsöder, vor wenigen Tagen haben Sie in einem Interview noch gesagt, dass es schön wäre, sich in Europa zu etablieren. Jetzt ist es die nordamerikanische WNBA geworden.

Luisa Geiselsöder: Ja, es ist überwältigend. Ich hätte nie damit gerechnet und plötzlich steht da dein Name.

NN: Wegen der Corona-Pandemie fand die Draft-Night nur im Internet statt. Wie haben Sie die Ziehung verfolgt?

Geiselsöder: Auf dem Sofa mit meiner Schwester. Seit Beginn der Corona-Krise sind wir daheim bei unserer Familie. Ich habe gesagt: "Zieht euch was Schickes an, heute haben wir endlich mal wieder einen Grund, uns ein bisschen aufzutakeln." Als dann mein Name eingeblendet wurde, haben wir gejubelt.

NN: Im Vorfeld galt das Interesse vor allem der Berlinerin Satou Sabally, die bereits am College in den USA gespielt hat, und jetzt an zweiter Stelle von den Dallas Wings gewählt wurde. Welche Chancen hatten Sie sich ausgerechnet?

Geiselsöder: Ich hatte schon mit ein paar Trainern Kontakt. Alex Shaw, meine Agentin, hat sich viel Mühe gegeben, hat tolle Highlight-Tapes zusammengestellt und Steckbriefe verschickt. Mittags habe ich dann noch mit dem Coach von Dallas telefoniert. Er sagte, dass Satou in den höchsten Tönen von mir spricht und dass sie mich gerne holen würden, aber beim Draft kann viel passieren, es gab keine Garantie. So war es spannend bis zuletzt.

NN: Als Dallas dann wieder dran war, wurden Sie an 21. Stelle gewählt. Sie waren überwältigt, haben Sie in dem Moment auch ein wenig Panik bekommen?

Geiselsöder: Ich war angespannt, mein Herz hat so schnell geschlagen, ich dachte mir: Mein Traum könnte wirklich wahr werden. Als es dann passiert ist, bin ich ausgeflippt, ich war mir nicht sicher, ob es wirklich passiert ist. Gut, wenn man in diesem Moment nicht alleine ist und nochmal nachfragen kann, ob es wirklich passiert ist. Absolut. Noch vor kurzem war das soweit weg, ich dachte mir, dass es vielleicht in zwei bis drei Jahren klappen könnte.

Erst USA, dann Nowitzki

NN: Nun dürfen Sie zusammen mit Satou Sabally die deutsche Basketball-Tradition in Dallas fortsetzen. Ist Dirk Nowitzki auch für eine deutsche Basketballspielerin ein großes Vorbild?

Geiselsöder: Er ist ein sehr großes Vorbild. Er ist eine Legende, besser als bei ihm hätte es nicht laufen können. Er kam als kleiner Spieler in die NBA und hat sich zum Star hochgearbeitet, obwohl es am Anfang gar nicht so gut lief.

NN: Sind Sie sich schon einmal persönlich begegnet?

Geiselsöder: Nein, leider noch nicht. Ich hoffe, dass das nun bald kommt. Das wäre ein zweiter Traum, der dann in Erfüllung geht.

NN: Welche Basketballspielerin haben Sie sich zum Vorbild genommen?

Geiselsöder: Emma Meesseman von Washington. Sie lässt sich nie aus der Ruhe bringen, sie ist in jedem Spiel hochkonzentriert, sie hat so viel Potenzial und Skills.

NN: Sie hat sich aus einer belgischen Kleinstadt in die Weltspitze gekämpft, Ihre Geschichte klingt schon ein wenig ähnlich. Von Ansbach über Nördlingen in die WNBA.

Geiselsöder: Ich habe mich in Nördlingen von Anfang an wohl gefühlt und bin dann auch dort zur Schule, weil ich schnell gemerkt habe, dass ich länger bleiben will. Es ist meine zweite Heimat geworden. Ich hatte dort super Trainer, etwas Besseres hätte mir für meine Förderung nicht passieren können. Coach Imreh Ajtony hat mich immer weiter gepusht.

NN: Was war abgesehen von den Trainern entscheidend, es auf dieses Level zu schaffen?

Geiselsöder: Mein Ehrgeiz, glaube ich. Ich war nie zufrieden, ich habe immer weiter an meinen Post-Moves gearbeitet, habe neue Bewegungen und Fakes entwickelt. Im Moment versuche ich mich in den Dreier zu vertiefen, um konstanter zu treffen.

NN: Wie wird es weitergehen? Gedraftet zu werden, bedeutet nicht automatisch, dass man dann auch für das Team spielt.

Geiselsöder: So genau kann ich das tatsächlich noch nicht sagen. Die ersten Gespräche dienten eher, um sich kennenzulernen. Dallas’ Coach hat mir seine Glückwünsche ausgerichtet, in den nächsten Tagen wird es wohl konkreter. Die neue Saison findet nächstes Jahr im Sommer statt, davor spiele ich für Landerneau in Frankreich, aber Corona machen genauere Planungen gerade etwas schwierig.

NN: Wie gehen Sie mit der Zwangspause um?

Geiselsöder: Man wird ungeduldig. Ich will in die Halle, aber ich genieße auch die Zeit mit meiner Familie. Wir machen das Beste draus.

NN: In Deutschland ist der Zuspruch für Frauen-Basketball überschaubar, haben Sie die Hoffnung, dass sich das jetzt ändert?

Geiselsöder: Ich glaube, dass es definitiv nach oben geht. Wir haben Geschichte geschrieben, drei Deutsche wurden noch nie gleichzeitig gedraftet. Das zeigt, dass sich der Frauen-Basketball hier gut entwickelt und vielleicht bekommt er jetzt auch mehr die Aufmerksamkeit, die er verdient.

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