Vor Doping-Report: Russland provoziert Wada

8.12.2016, 16:34 Uhr
Russland wird vorgeworfen, für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi Staatsdoping betrieben zu haben.

© dpa Russland wird vorgeworfen, für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi Staatsdoping betrieben zu haben.

Mit einer Provokation hat Russland kurz vor der Veröffentlichung des brisanten McLaren-Reports für weitere Verstimmung gesorgt. Die Berufung von Stabhochsprung-Olympiasiegerin Jelena Issinbajewa in den Aufsichtsrat der skandalträchtigen Anti-Doping-Agentur Rusada – ohne Absprache, wie es eigentlich vereinbart war – hat den Streit zwischen Russland und der Welt-Anti-Doping-Agentur weiter befeuert. Die nächste Eskalationsstufe droht am Freitag, wenn Chefermittler Richard McLaren in London den zweiten Untersuchungsbericht über mögliches Staatsdoping in Russland präsentiert.

Das Internationale Olympische Komitee gibt sich unterdessen zurückhaltend. Die IOC-Spitze um Präsident Thomas Bach sicherte in Lausanne dem kanadischen Anwalt und Wada-Ermittler Richard McLaren jede Unterstützung zu. Gleichzeitig stellte das IOC aber auch klar, nichts übereilen zu wollen – egal, was im zweiten Teil seines Reports zu lesen ist.

Staatsdoping in Sotschi?

Selbst wenn McLaren die Beweise für russisches Staatsdoping – was Moskau strikt leugnet – während der Winterspiele 2014 in Sotschi noch untermauern kann: In der vorab publizierten Erklärung des IOC steht nichts, was einen möglichen Ausschluss der russischen Mannschaft von den Winterspielen im Februar 2018 im südkoreanischen Pyeongchang auch nur andeutet.

Das IOC verfolgt mit Blick auf die Winterspiele offensichtlich die selbe Linie wie vor Olympia in Rio de Janeiro, als Bach einem Startverbot für alle russischen Athleten eine Absage erteilte. Dafür muss er sich weiter viel Kritik anhören. Und doch will das IOC wieder kleinteilig vorgehen: Die russische Seite zu den Vorwürfen hören, eigene Ermittlungen auf Basis des McLaren-Reports anstellen, alles bewerten und dann bestrafen, aber eben nur Athleten, Trainer, Funktionäre – und nicht Russlands Sport als Ganzes. Die Option, eine ganze Föderation zu sperren, überlässt das IOC den internationalen Sportverbänden mit allen Problemen, die das mit sich mitbringt.

Theater vor Olympia

Als der erste Teil des McLaren-Reports dreineinhalb Wochen vor Beginn der Rio-Spiele auf dem Tisch lag, delegierte das IOC die Einzelfallprüfung an die internationalen Verbände. Diese kamen ihrer Verantwortung aber kaum nach, gut 280 russische Sportler wurden durchgewunken und konnten in Brasilien teilnehmen. Und als die Spiele schon unterwegs waren, musste der Internationale Sportgerichtshof CAS immer noch Klagen russischer Sportler gegen ihren Ausschluss verhandeln. Kein wirklich würdiger Auftakt für Olympische Spiele.

Bis zum 9. Februar 2018, wenn die Winterspiele in Pyeongchang eröffnet werden, ist nicht mehr viel Zeit, die russische Doping-Problematik zu lösen. Die Verantwortlichen in Moskau stellen sich schon einmal mit markigen Worten vor ihre Sportler. „Der Kreml ist bereit zum bedingungslosen, konsequenten und aktiven Schutz der Interessen russischer Athleten, die keinen Bezug zu Doping hatten oder haben“, sagte Dmitri Peskow, Sprecher von Präsident Wladimir Putin.

Das IOC ist gefordert

Das Internationale Olympische Komitee und Thomas Bach müssen also eindeutige Antworten geben und Vorgaben machen, wie sauberen Athleten das Vertrauen bei Wettkämpfen mit russischen Konkurrenten zurückgegeben werden kann, egal in welcher Disziplin. Forderungen, Russlands Sport komplett mit einer Auszeit für einen echten Neuanfang zu bestrafen, dürften auch nach dem zweiten Teil des McLaren-Reports nicht verstummen, sondern eher lauter werden.

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