Tolle Knolle kämpft gegen Ruf des Dickmachers

31.10.2010, 22:00 Uhr
Tolle Knolle kämpft gegen Ruf des Dickmachers

© dpa

Seit 1959 bewirtschaftet die Familie Hornig den Hof, der in den 1930er Jahren vom damaligen NS-Gauleiter Julius Streicher erbaut und bewohnt wurde. Auf insgesamt 70 Hektar, die Hälfte davon ist zugepachtet, baut das Landwirtsehepaar Ingrid und Karl-Heinz Hornig Kartoffeln, Zuckerrüben und Getreide an. Über 50 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet die Familie mit diesen Feldfrüchten. Doch die lukrativen Zeiten scheinen für Kartoffelbauern vorbei zu sein, die Nachfrage ist kontinuierlich zurückgegangen.

„Der Pro-Kopf-Verbrauch lag in Deutschland einmal bei 150 Kilogramm im Jahr, aktuell sind es 41“, weiß Horst Krehn, der Leiter des Landwirtschaftsamtes Fürth. Dabei hänge der Pflanze — essbar ist übrigens nicht deren Frucht, sondern das verdickte Ende des unterirdischen Sprosses – zu Unrecht der Ruf eines Dickmachers an. „Die Kartoffel ist vielmehr langanhaltend sättigend und mit den Vitaminen C und B sowie Magnesium und Kalium überdies auch sehr gesund.“ Kalorien reichere sie erst in der fetten Bratpfanne oder in Verbindung mit gehaltvollen Soßen an, gab Landrat Matthias Dießl zu bedenken. „Die Kartoffel sollte auf dem Essenstisch mehr Beachtung finden“, meint er.

Die sinkende Nachfrage ist auch an den Landwirten im Landkreis nicht spurlos vorbeigegangen. Auf gerade einmal 179 Hektar, das sind 1,2 Prozent der gesamten Ackerfläche, werden noch Kartoffeln angebaut, so Krehn. Allein die Erzeugergemeinschaft hiesiger Kartoffelbauern habe 1995 noch 140 Hektar bewirtschaftet. „Das ist jetzt fast zusammengebrochen“, berichtete Karl-Heinz Hornig. Aktuell beteiligten sich noch drei Landwirte mit etwa 25 Hektar an der Gemeinschaft. Ihre Lagerhalle an der Schwadermühle sei infolgedessen viel zu groß dimensioniert und „hängt uns jetzt wie ein Klotz am Bein“, klagt der Landwirt.

Ursprünglich hatte die Erzeugergemeinschaft die „Nürnberger Kloßteig“-Fabrik in der Sigmundstraße beliefert, doch sie ist inzwischen geschlossen und hat die Marke an den Kartoffelverarbeiter Henglein aus dem Landkreis Roth verkauft. „Ich liefere 99 Prozent meiner Kartoffelernte an Henglein“, erklärt Hornig, „nur ein kleiner Rest wird über den Direktvertrieb vermarktet.“

Rund um die Uhr geöffnet

67 Arbeitsstunden müsse er pro Hektar aufwenden, „zahlen Sie da mal Lohn“. Ohne die Hilfe der Kinder und deren Partner wäre die Ernte nicht zu bewältigen. Der kleine Laden auf dem Pleikershof ist übrigens rund um die Uhr geöffnet, die Kundschaft kann sich selbst bedienen. Die Hornigs vertrauen auf die Ehrlichkeit ihrer Kunden, die sich von Kartoffeln, Äpfeln oder Eiern nehmen und den entsprechenden Betrag in die Kasse legen.

Weit verschlossener gibt sich das Ehepaar in Bezug auf ihre Schweinezucht. 100 Muttersauen haben sie in den Stallungen, betreten darf man sie nur nach vorhergehender Dusche und in Schutzkleidung. „Es würde die Tiere auch erschrecken, wenn auf einmal so viele Leute vor ihnen stehen“, erläutert Hornig. Das wollte natürlich niemand riskieren, und außerdem hatte Ingrid Hornig mit Pellkartoffeln zu Kräuterquark und selbst gemachtem Kartoffelkuchen die eindeutig besseren Argumente bei der Hand.