Andere Bundesländer setzen auf Transparenz

Unter Verschluss: Darum veröffentlicht Bayern keine Impfquoten für die Landkreise

3.12.2021, 16:03 Uhr
Wie viele Spritzen mit Corona-Impfstoff in den einzelnen bayerischen Landkreisen verabreicht wurden, ist nicht genau bekannt. Der Freistaat veröffentlicht diese Daten bewusst nicht.

© Christian Modla, dpa Wie viele Spritzen mit Corona-Impfstoff in den einzelnen bayerischen Landkreisen verabreicht wurden, ist nicht genau bekannt. Der Freistaat veröffentlicht diese Daten bewusst nicht.

Wer sich die traurigen Spitzenreiter in der deutschlandweiten Inzidenzrangliste ansieht, stößt schnell auf eine Gemeinsamkeit: die niedrige Impfquote. Ein Blick nach Sachsen: Der Erzgebirgskreis weist dort gerade mal eine Quote von 45,2 Prozent bei den vollständig Geimpften auf, der Landkreis Bautzen folgt mit 47,5 Prozent. Beide befinden sich in den Top Ten der Landkreis-Inzidenzen.

Schere bei der Impfquote geht weit auseinander

Auch in Thüringen zählen die Landkreise mit den niedrigsten Impfquoten zu den absoluten Hotspots. Der an Bayern angrenzende Landkreis Hildburghausen etwa weist bei einer Impfquote von nur 48,2 Prozent derzeit eine Inzidenz von 1434,8 auf, der Saale-Orla-Kreis verzeichnet eine Impfquote von 51,8 Prozent, die Inzidenz liegt bei 1461,7.

Teilweise geht die Schere weit auseinander. So etwa in Baden-Württemberg, wo in der Stadt Pforzheim laut Landesstatistik nur 57,0 Prozent der Bürger vollständig geimpft sind, während sich in der Stadt Baden-Baden bereits 74,6 Prozent der Bevölkerung dafür entschieden haben.

Und in Bayern? Da kann man das so genau nicht sagen. Zwar weisen viele Bundesländer die Impfquoten für ihre Landkreise und kreisfreien Städte leicht auffindbar aus und aktualisieren die Zahlen auch regelmäßig - doch Bayern tut dies nicht.

Nur Postleitzahl des Arztes wird erfasst

Der Grund: Die Impfquoten der Landkreise sind nur begrenzt miteinander vergleichbar. Um den bürokratischen Aufwand in den Praxen möglichst gering zu halten, wird etwa bei dem impfenden Hausärzten nur die Postleitzahl der Praxis erfasst, nicht aber die des Patienten.

Weil die Arztdichte in Städten oft größer ist, kann es dadurch zu Verzerrungen kommen, weil hier quasi der Landkreisbewohner der Impfquote der Stadt zugeschlagen wird. Impfungen durch Betriebsärzte sind in den Zahlen oft ohnehin nicht enthalten.

Verzerrungen kann es etwa auch geben, wenn Stadt und Landkreis ein gemeinsames Impfzentrum betreiben. "Impfungen in den Impfzentren und durch die Mobilen Teams werden mit der Postleitzahl des Wohnorts der Geimpften erfasst", betont zwar das Sozialministerium Baden-Württemberg und weist in seiner Landkreis-Impfquoten-Tabelle darauf hin, dass es gelungen sei, durch die bessere Zuordnung von Impfungen in landkreisübergreifenden Postleitzahlengebieten zu den jeweiligen Land-/Stadtkreisen die Daten noch einmal plausibler aufzubereiten.

RKI stellt Rohdaten zur Verfügung

Das Robert Koch-Institut (RKI) betont allerdings darauf hin, dass Daten zuweilen unvollständig übermittelt werden und eben etwa die Postleitzahl des Geimpften fehlt. Das RKI veröffentlicht deshalb bewusst nur Impfquoten für die Bundesländer. Zahlen für die Landkreise werden zwar als umfangreiche Rohdaten mit den tagesaktuellen Impfdaten, sogar unterteilt in Altersgruppen, publiziert, allerdings in einer Form, die nur mit größtem Aufwand sinnvoll aufzubereiten wäre.

In Bayern sträubt man sich nach wie vor, die Landkreiszahlen zu veröffentlichen - obwohl diese Daten im Gesundheitsministerium natürlich vorliegen. Auch wenn die Prozentzahlen leicht von der Realität abweichen, sind wohl in vielen Fällen zumindest einige Grundaussagen und -tendenzen möglich, die gerade in diesen Zeiten wichtig sind, in denen man ja die Impfanstrengungen vor allem dort verstärken sollte, wo man bislang noch am wenigsten Menschen erreicht hat.

Dabei wird mit den Zahlen natürlich längst Politik gemacht. Erst jüngst hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) darauf hingewiesen, dass in den Hotspot-Regionen in Südostbayern und am Alpenrand der Anteil der Esoteriker, Reichsbürger und Querdenker besonders hoch und dadurch die Impfquote besonders niedrig sei. Behörden und Staatsregierung ist also nur zu gut bekannt, welche Landkreise die größten Impfverweigerer sind. Nur öffentlich sagen will das keiner so recht.

Landkreise veröffentlichen Daten selbst

Immerhin lassen sich einige Landkreise davon nicht beeindrucken und veröffentlichen ihrerseits die eigenen Impfzahlen. Demnach liegt die Impfquote in Stadt und Landkreis Bayreuth (hier werden die Zahlen gemeinsam ausgewiesen) bei 70,2 Prozent und damit deutlich über dem bayerischen Durchschnitt von 67,1.

Deutlich darunter liegen Stadt und Landkreis Ansbach mit 65,1 Prozent, der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen mit 64,1 Prozent (beide weisen nur die Impfzahlen aus, die Impfquote muss man selbst berechnen) sowie der Landkreis Nürnberger Land mit 63,6 Prozent. Speziell bei letzterem könnten die Zahlen tatsächlich deutlich verzerrt sein, da sich viele Landkreisbewohner in Nürnberg, aber auch in Neumarkt oder anderswo haben impfen lassen.

Die anderen Bundesländer weisen zwar in ihren Landkreis-Auflistungen explizit darauf hin, dass es zu regionalen Verzerrungen kommen kann und begründen das ausführlich, geben der Transparenz aber dennoch Vorrang. Bayern geht diesen Weg bislang (noch) nicht.

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