Verzwickte Personalie

12.8.2014, 06:00 Uhr
Verzwickte Personalie

© Foto: Thomas Scherer

Am Anfang stand ein Rücktritt. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Kommandant der Stützpunktwehr in Cadolzburg hatte Markus Franke sein Amt Anfang des Jahres abgegeben. „Überraschend“, wie sich der Bürgermeister erinnert. Grund zur Sorge glaubte Bernd Obst aber nicht zu haben, standen doch mit Stefan Höppner und Harald Krugmann zwei Männer in der zweiten Reihe, die bereit waren, die anspruchsvolle Aufgabe bei der durch viele Einsätze belasteten Wehr mit ihren über 50 Aktiven zu übernehmen. Von „einer Idealbesetzung“ spricht der Gemeindechef. „Ein Glücksfall, wenn man solche Leute hat.“

Als Obst im Vorfeld der zur Nachfolge anberaumten Dienstversammlung in Gesprächen die Lage sondierte, offenbarte sich aber ein Problem. Höppner signalisierte ihm, dass sein Dienstherr der neuen Funktion ablehnend gegenüberstehe. Grundlage dafür ist ein Passus im Bayerischen Feuerwehrgesetz. In Artikel 13 heißt es, dass jemand nicht zum Feuerwehrdienst herangezogen werden kann, wenn dies „mit seinen beruflichen oder sonstigen Pflichten gegenüber der Allgemeinheit, insbesondere mit den Pflichten im öffentlichen Dienst, unvereinbar ist“. Prekär drohte die Situation zu werden, da in der Versammlung der bisherige stellvertretende Kommandant Uwe Bräuer dem Bürgermeister mündlich ebenfalls seinen, Rücktritt mitteilte, dann aber vorerst in die Bresche springen musste.

Bernd Obst hatte sich in der Angelegenheit schon vorher an das bayerische Innenministerium gewandt. Er verwies in seinem Schreiben nicht nur auf das Problem, dass in der privaten Wirtschaft die Bereitschaft abnehme, Angestellte während der Arbeitszeit für den Feuerwehr-Einsatz freizustellen. Hinzu komme noch die Weisung des Innenministeriums, die es Polizeibeamten verwehre, die Ämter als Kommandanten oder Stellvertreter bei den Brandschützern auszuüben, weil damit ein Interessenskonflikt gegeben sei. In Cadolzburg, so Obst gegenüber den FLN, trete dieses Szenario aber nicht ein. Wenn Höppner bei der Polizeiinspektion Ansbach Dienst tue, sei er eben nicht greifbar. Dafür stehe dann mit Harald Krugmann „ein starker stellvertretender Kommandant“ parat.

Das sieht auch Dieter Marx so, der als Kreisbrandrat darauf achten muss, dass für diesen Fall ein Führungsdienstgrad vor Ort ist. Neben Krugmann käme dafür auch Armin Betz in Frage, der Leiter der Cadolzburger Gemeindewerke, und als Kreisbrandinspektor einer von Marx’ Stellvertretern.

Situation erläutert

Die Sachlage erläuterte der Bürgermeister in seinem Brief an Innenminister Joachim Herrmann und machte außerdem darauf aufmerksam, dass er sich gegebenenfalls gezwungen sehe, Höppner zum Notkommandanten zu bestellen, sollte es aufgrund der besagten Weisung aus Herrmanns Haus bei der Jahreshauptversammlung der FFW nicht zu einer Wahl kommen.

In seiner Antwort Anfang April fasste der Innenminister die Bedenken erneut zusammen: Die Pflichten eines Polizeivollzugsbeamten könnten mit denen im Feuerwehrdienst kollidieren. Die Dienstpflicht des Polizisten sei „dabei ausnahmslos vorrangig“. Während ihrer Arbeit seien die Beamten für die Feuerwehr nicht alarmierbar, ihre Verfügbarkeit „dementsprechend stark eingeschränkt“. Eine Führungsposition bei der Wehr lasse sich deshalb „kaum zufriedenstellend ausführen“, bilanzierte Herrmann. Allerdings: Obwohl im Innenministerium die Auffassung vertreten werde, dass Polizeivollzugsbeamte deshalb für Führungspositionen bei der Feuerwehr nicht geeignet seien, eine förmliche Weisung gebe es dafür nicht. Ob eine Gemeinde einen Polizisten trotz der dargelegten Gründe für die jeweiligen Ämter als geeignet ansehe, „bleibt damit letztlich deren eigener Einschätzung und Verantwortung überlassen“.

Bernd Obst wähnte Cadolzburg und sich am Ziel: Zunächst wurden Höppner und Krugmann von ihren Feuerwehrkameraden im April gewählt, die Entscheidung in der nächsten Sitzung des Marktgemeinderats bestätigt. Umso größer war das Erstaunen des Bürgermeisters, als er Ende Juni wiederum Post erhielt – Absender: das Polizeipräsidium Mittelfranken. Dort sehe man die Berufung Höppners als „problematisch“ an, hieß es. Auf besagten Artikel des Feuerwehrgesetzes wurde ebenso hingewiesen wie auf die Auffassung des Innenministeriums. Man bitte deshalb, zu prüfen, ob nicht eine andere Lösung gefunden werden könne, „nicht zuletzt, um für Herrn Höppner Konfliktsituationen zu vermeiden“.

Keine andere Lösung

Im Rathaus leitete man daraufhin den Schriftverkehr mit dem Innenminister ans Polizeipräsidium weiter und teilte mit, dass man sich nicht nur eingehend mit der Thematik befasst, sondern auch keine andere Lösung zur Verfügung gestanden habe. Man gehe davon aus, die Angelegenheit als erledigt betrachten zu können. Bei der Polizei schlummerte die Personalie danach einige Wochen, weil man sich erst in München rückversicherte. Vergangene Woche gab es dann endgültig grünes Licht. Für Obst, der sich inzwischen noch einmal mit Herrmann kurz geschlossen hatte, eine richtungsweisende Entscheidung. Dem Innenminister sei nur wichtig gewesen, dass Klarheit herrsche, so der Bürgermeister, „und wir kein Tamtam machen, wenn der Kommandant einmal fehlt“.

Dass nun in Bayern Polizeibeamte reihenweise zu Feuerwehrkommandanten befördert werden, glaubt Dieter Marx übrigens nicht. Der Prozentsatz, meint der Kreisbrandrat, bewege sich höchstens „im Promillebereich“.

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