Viele Apotheker fürchten um ihr Geschäftsmodell

13.11.2012, 16:00 Uhr
Viele Apotheker fürchten um ihr Geschäftsmodell

© dpa

Eines will Christian Frosch auf keinen Fall: jammern. Er sieht sich als positiven Menschen, er liebt seinen Job, in seiner Apotheke in Fürth-Vach kennt er viele Kunden persönlich. Der Raum ist hell und freundlich, modern eingerichtet, rechts vom Eingang steht ein Kicker-Tisch. „Ich verwöhne meine Kunden eben gerne“, grinst Frosch, als er an den weißen Regalwänden vorbei ins Hinterzimmer geht. Und er lässt sich auch mal auf ein Spiel ein.

In letzter Zeit vergeht ihm das Lachen allerdings oft, wenn er einen Blick auf seine Finanzen wirft. Seit 2004 sei es mit den Einnahmen steil bergab gegangen, sagt er. Heute quält ihn oft die Sorge — auch um seine zehn Mitarbeiter in den beiden Filialen in Vach und Puschendorf. In manchen Monaten verdiene er zwar immer noch „sehr gut“. In anderen frage er sich, wie er die Gehälter zahlen soll. Dass jeden Tag eine Apotheke dichtmacht, wundert ihn gar nicht.

Die Krankenkassen allerdings auch nicht: „Wenn eine zumacht, macht woanders wieder eine auf“, sagt Peter Schieber von der Techniker Krankenkasse (TK) trocken. Seit vielen Jahren sei die Zahl (rund 21000) konstant. Und Monika Osterloh, Sprecherin der BKK Bayern, gibt zu bedenken: „Wir haben eine wahnsinnig hohe Apothekendichte. Wenn ein Bäcker an der Ecke mal zumacht, kräht doch auch kein Hahn danach — das ist ganz normal.“ Zudem stiegen die Kosten für Arzneimittel und damit auch die Einnahmen der Apotheker. „Bisher ist auch noch keiner mit seinem Steuerbescheid angekommen“, sagt Schieber.

Ab Januar bekommen die Apotheker nun mehr Geld; der Festzuschlag pro verkaufter Packung steigt um 25 Cent auf 8,35 Euro. Insgesamt ist das ein Plus von 190 Millionen Euro.

„Alles ist reglementiert“

Aber das sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, beschweren sich viele — und die erste Anpassung seit 2004. Allein die Personalkosten seien seitdem um 18 Prozent gestiegen.

Hoffnung macht Frosch die geplante 200-Euro-Pauschale für die Notdienste, für die er regelmäßig die Nacht durchmachen muss. Die Summe findet er zwar, auf den Stundensatz umgerechnet, immer noch relativ mickerig. Aber immerhin. Bisher bekommt er einen Extra-Zuschlag von 2,50 Euro pro verkaufter Packung. Da seine Filialen nicht zentral liegen, kommt nachts aber manchmal kein einziger Kunde.

Tagsüber kommen sie dagegen meist noch zahlreich — und die demografische Entwicklung müsste den Apothekern eigentlich in die Hände spielen. Aber aus ihrer Sicht machen gesetzliche Vorschriften ihnen das Leben schwer. „Früher konnten wir noch selbst mit den Großhändlern und den Krankenkassen verhandeln“, erinnert sich Frosch. Als er 1999 in der alten Drogerie der Eltern seine erste Apotheke eröffnete, fühlte er sich als Geschäftsmann. „Heute kann ich gar keiner mehr sein, alles ist gesetzlich reglementiert“, sagt er. Das unternehmerische Risiko trage er trotzdem allein. Wie Apotheker ihr Geld verdienen, darüber denken die meisten, die bei ihnen ihre Arznei abholen, nicht nach. Dabei ist es ein Beispiel dafür, wie kompliziert unser Gesundheitssystem ist.

Christian Frosch beugt sich über seine Computertastatur, tippt den Namen der Arznei Ramilich ein, ein Mittel gegen Bluthochdruck, und rechnet vor: Für 3,25 Euro kauft er die Packung beim Großhändler. Drei Prozent des Preises darf er für Lagerung und Verkauf draufschlagen, also rund zehn Cent. Zusätzlich zahlen die Kassen eine Packungs-Pauschale von 8,10 Euro — wovon er aber 2,05 Euro Zwangsrabatt gewähren muss (dagegen wehrt sich der Berufsverband gerade). Bleiben 6,05 Euro.

Teuer, aber selten

Am Verkauf der Packung hat Frosch letztlich 6,15 Euro verdient. Der Patient zahlt 13,62 Euro, weil er neben Einkaufspreis, Drei-Prozent-Aufschlag und Pauschale auch noch die Mehrwertsteuer berappen muss. Besonders ärgert es Frosch, dass die Krankenkassen oft weitaus teurere Medikamente als Beispiel nehmen, um zu zeigen, dass die Apotheker doch gut verdienen. Denn natürlich ist der Verdienst dann beachtlich. Ein Krösus werde aber nicht aus ihm, sagt Frosch — weil er an einer Hand abzählen könne, wie oft er so teure Mittel im Jahr verkauft.

Wie in vielen Branchen ist für die Apotheker klar: Gerade weil der Verhandlungsspielraum bei Arzneimittel-Preisen inzwischen so gering ist, brauchen sie neue Geschäftsmodelle, um für Kunden attraktiv zu bleiben. Ideen gibt es viele — vom Bringservice bis zur Discountfiliale. Was daraus wird, liegt nun auch an den Apothekern selbst. Letztlich bleiben sie so doch das, was sie immer sein wollten: Unternehmer.