Vorarbeit für Räumung von marodem Atomlager beginnt

9.9.2010, 18:00 Uhr
Vorarbeit für Räumung von marodem Atomlager beginnt

© dpa

Seit Donnerstag werden die notwendigen technischen Geräte in der einsturzgefährdeten Schachtanlage erprobt. Dazu fräsen sich die Spezialbohrer zunächst fernab der Atomfässer durch das Salzgestein. «Was hier geplant ist, gab es weltweit noch nie», sagte der technische Leiter der Asse GmbH, Jens Köhler. Deshalb sei es besonders wichtig, das technische Gerät und die Vorgehensweise genau zu erproben.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) will möglichst alle 126 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Atommüll aus Sicherheitsgründen wieder aus dem von einem Wassereinbruch bedrohten Salzstock herausholen.

«Ich glaube, ganz wichtig ist für die Menschen in der Region, dass sie Klarheit haben, was passiert. Mir ist wichtig, dass wir bei der Sanierung der Asse endlich vorankommen», sagte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) am Donnerstag. Für die Landesregierung gebe es keine beste Lösung. «Wichtig ist nur, dass das Problem insgesamt angegangen wird.» In den vergangenen Jahren sei viel zu viel Zeit verlorengegangen.

Wenn alle Genehmigungen vorliegen, soll noch in diesem Jahr die erste Kammer mit Atommüll angebohrt werden. Wann die ersten Fässer - wenn überhaupt - wieder ans Tageslicht geholt werden können, kann noch niemand sagen. «Weil die Sicherheit aller für uns die höchste Priorität hat, müssen wir uns die Zeit nehmen, alle Ungewissheiten und alle Unwegsamkeiten zu beseitigen», sagte BfS-Sprecher Werner Nording.

In den nächsten Wochen soll zunächst getestet werden, wie sich die im Durchmesser etwa zehn Zentimeter großen Erkundungslöcher bohren lassen. Dazu soll es vier Bohrungen auf einer Ebene ohne Atommüll geben. In der Asse gibt es ein zwölf Kilometer langes Wegenetz und insgesamt 131 Kammern, in 13 von ihnen befindet sich Atommüll.

Mit etwa 300 Umdrehungen frisst sich der vier Meter lange und 600 Kilogramm schwere Bergbau-Bohrer durch das Salz. Am anderen Ende steht ein leeres Fass - die späteren Bohrungen sollen so simuliert werden. Kurz vor dem Fass-Dummie muss der Bohrer immer wieder herausgezogen werden. An einem Gestänge aus Glasfaser-Kunststoff werden verschiedene Sonden in den Tunnel geführt. Mit Hilfe von Strom und Magnetströmen soll die Lage der Fässer möglichst früh und genau erkannt werden. «Wir wollen keines anbohren», erläutert Köhler.

Niemand kennt den aktuellen Zustand der Fässer. Seit der Einlagerung sind mehrere Jahrzehnte vergangen. «Das Gebirge arbeitet, wir können das Knacken der Metallfässer hören» sagt Dirk Laske, der als Bergbau-Ingenieur die Stilllegung der Asse betreut. Die Fässer sind mit Salzgruß zugeschüttet und die Kammern anschließend zugemauert worden. «Wir gehen davon aus, dass alles zusammengedrückt ist - was die Rückholung erschwert», gibt er zu bedenken.

Noch unklar ist der genaue Inhalt der Fässer. «Bis heute hat das BfS den Inventarbericht vom Bundesforschungsministerium noch nicht bekommen», sagte Nording. Nach wie vor ist nicht auszuschließen, dass sich auch 28,2 Kilogramm Plutonium - also hoch radioaktiver Abfall - in der Asse befinden.

Parallel zu den Erforschungen der Kammern muss eine zweite Förderanlage gebaut werden. «Das ist komplett untypisch, aber die Asse hat nur eine Förderanlage», sagte Laske. Nicht nur für die Rückholung der Fässer, auch für die erforderliche Anzahl der Beschäftigten muss aus Sicherheitsgründen möglichst ein zweiter Förderschacht angelegt werden - Bauzeit etwa fünf Jahre. Unklar ist noch, wohin der Müll auf Dauer kommen wird. «Vermutlich muss erstmal ein oberirdisches Zwischenlager in der Größe von mehreren Turnhallen gebaut werden», sagte Laske.