Frist läuft bis 27. Oktober

Wer will den Landtag auflösen und warum?

24.10.2021, 10:52 Uhr
Geht es nach den Initiatoren des Volksbegehrens, muss Bayerns Landtag neu gewählt werden.

© Matthias Balk, dpa Geht es nach den Initiatoren des Volksbegehrens, muss Bayerns Landtag neu gewählt werden.

Am Mittwoch, 27. Oktober, endet die Einschreibefrist für das Volksbegehren, das den Bayerischen Landtag auflösen soll. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema.

Was will das Volksbegehren erreichen?

Die Initiatoren haben sich zum "Bündnis - Landtag - Abberufen" zusammengeschlossen. Der Titel ist Programm. Geht das Begehren durch, kann sich der Landtag entweder selbst auflösen. Oder ein Volksentscheid übernimmt das.

Worauf stützt sich die Initiative?

Auf die bayerische Verfassung. Ihr Artikel 18 regelt, wie der Landtag sich auflösen kann und wann er es muss. Dort heißt es: "Er kann auf Antrag von einer Million wahlberechtigter Staatsbürger durch Volksentscheid abberufen werden." Dass der Landtag sich bereits nach dem Begehren selbst auflöst, erwartet niemand.

Ein Volksentscheid braucht einen erheblichen zeitlichen Vorlauf. Frühestens im kommenden Jahr könnte er über die Bühne gehen. Bei ihm reicht eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Am Ende müsste sich der Landtag ein gutes Jahr vor den regulären Wahlen auflösen. In jedem Fall blieben danach maximal sechs Wochen bis zum Urnengang.

Was passiert dann?

Nicht viel. Die Parteien müssten sich zwar erneut zur Wahl stellen. Doch im Ergebnis könnten sich allenfalls die Machtverhältnisse im Landtag verändern. Umfragen sehen aktuell die CSU weiter im Tief, die Freien Wähler mit deutlichen Abschlägen, SPD und Grüne dagegen im Aufwärtstrend. Vielleicht verschieben sich also die Gewichte und mit ihnen die Mehrheiten. Einen anderen Landtag aber wird es nicht geben, wie ihn die Initiatoren anstreben.

Wie stehen die Chancen des Begehrens?

Schlecht. Zur Halbzeit hatte sich bayernweit erst knapp ein halbes Prozent der Stimmberechtigten in die Listen eingetragen. Mehr als zehn Prozent müssten es am Ende aber sein. In Nürnberg und München, den beiden größten und damit entscheidenden Städten, waren es nur 0,37 und 0,39 Prozent.

Zum Vergleich: Das erfolgreiche Bienen-Volksbegehren hatten zu diesem Zeitpunkt schon mehr als sechs Prozent der Bayern unterschrieben. Ohne München und Nürnberg sind die Chancen eines Volksbegehrens praktisch gleich Null, weil hier bereits rund ein Fünftel der Stimmberechtigten lebt.

Wer steckt hinter dem Begehren?

Es sind vor allem so genannte Querdenker, die sich dort verbündet haben. Sie haben auf Querdenker-Demos für Unterschriften geworben, organisieren jetzt vor Ort das Volksbegehren. Den stellvertretenden Beauftragten des Volksbegehrens hat der Verfassungsschutz im Visier. Das Amt führt Karl Hilz im "Sammelobjekt Sicherheitsgefährdende demokratiefeindliche Bestrebungen".

Ein Aktivposten ist die Partei "Die Basis". Sie ist ein Sammelbecken der Querdenkerszene; zu ihren prominentesten Mitgliedern gehören der Rechtsanwalt Reiner Fuellmich, der behauptet, die Bundesregierung plane "eine Art KZ" für Ungeimpfte, oder der umstrittene Mediziner Wolfgang Wodarg, der die Pandemie als "Panikmache" abtut und Verschwörungstheorien verbreitet.

Steht die Bewegung rechts?

Laut Innenministerium ist das Bündnis heterogen aufgestellt; eine Dominanz rechter Vertreter gibt es dort demnach nicht. Allerdings hat sich die AfD nach anfänglichem Zögern hinter die Initiative gestellt. Das ist kurios, weil die AfD Teil des Landtags ist, den sie nun auflösen will.

Wie argumentiert die Initiative?

Ihre Vertreter sagen, sie wollten "den Landtag aufräumen und in Zukunft regelmäßig putzen". Sie werfen ihm "kollektives Versagen" vor und behaupten, "Entscheidungen werden grundsätzlich diktiert, nicht diskutiert". Dies sei nur möglich dank "des Kadavergehorsams" der Abgeordneten. Der Landtag arbeite "mit Lügen als Grundlage der Politik". Jetzt gehe es darum, den "Machtmissbrauch im Landtag demokratisch zu beenden".

Wie geht es weiter?

Ein vergleichbares Volksbegehren hat es bisher nicht gegeben. Vier Bundesländer haben ähnliche Regelungen, die anderen nicht. Vor allem die Frage, ob das Quorum von einer Million nicht zu niedrig sei, könnte die Politik jetzt beschäftigen.

Als die Väter und Mütter der bayerischen Verfassung den entsprechenden Passus aufgenommen hatten, war die Bevölkerungszahl erheblich niedriger und der rechnerische Abstand groß zwischen jenen zehn Prozent der Wahlberechtigten für ein normales Volksbegehren und der Million für das Abberufen des Landtags. Inzwischen liegt er nicht einmal mehr bei 30.000 Stimmen.

Nur in Bayern ist der Abstand so knapp. In Baden-Württemberg etwa reicht ein Zehntel der Stimmberechtigten für ein einfaches Volksbegehren. Für ein Aus des Landtags allerdings müsste mindestens ein Sechstel stimmen. Gut möglich, dass Bayern eines Tages seine Verfassung entsprechend anpasst.