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Wie der Christkindlesmarkt mit einer Spezial-Variante von 2G noch berühmter werden hätte können

27.11.2021, 07:00 Uhr
3G, 2G, oder 2Gplus? Der Nürnberger Christkindlesmarkt hätte originelle Lösungen bieten können.

© ISPFD-Nbg.de 3G, 2G, oder 2Gplus? Der Nürnberger Christkindlesmarkt hätte originelle Lösungen bieten können.

Alles depri hier, oder? Sogar das Schild hängt kopfüber nach unten.

Alles depri hier, oder? Sogar das Schild hängt kopfüber nach unten. © Roland Fengler, NNZ

Ach, es hätte so schön sein und dem Christkindlesmarkt nochmals einen Popularitätsschub verschaffen können. Für eine paar Tage in diesen sich wieder hektisch zuspitzenden Coronazeiten war eine spezielle Nürnberger Interpretation der 2G-Regel im Bereich des Möglichen: „Geimpft und Glühwein“.

Frisch gewählt, doch ihr Markt findet nicht statt: das neue Nürnberger Christkind Teresa Windschall.

Frisch gewählt, doch ihr Markt findet nicht statt: das neue Nürnberger Christkind Teresa Windschall. © Daniel Karmann, dpa

Dieser Slogan hätte die Beinahe-Kulturhauptstadt viral gehen lassen: „2G: Geimpft und Glühwein“ – darauf wäre es hinausgelaufen, hätte die Stadt den Ausschank des beliebten Heißgetränks nur für Geimpfte und Genesene genehmigt.

Das schöne Leuchten wird in diesem Winter auf dem Hauptmarkt fehlen, die Standbetreiber haben ihre Ware schon wieder eingepackt.

Das schöne Leuchten wird in diesem Winter auf dem Hauptmarkt fehlen, die Standbetreiber haben ihre Ware schon wieder eingepackt. © Daniel Karmann, dpa

„Kein Glühwein für Ungeimpfte“ lautete denn auch eine der bedrohlich klingenden Schlagzeilen jener Tage zwischen weihnachtsmarktlichem Sehnen und Bangen. Wer weiß, womöglich hätte das Szenario eines adventlichen Alkoholentzugs doch tatsächlich nochmals die fränkische Impfquote in die Höhe treiben können.

Die Szene aller Szenen: Das Christkind, hier Benigna Munsi, spricht bei der Eröffnung des Christkindlesmarktes den Prolog.

Die Szene aller Szenen: Das Christkind, hier Benigna Munsi, spricht bei der Eröffnung des Christkindlesmarktes den Prolog. © Stadt Nürnberg/Berlind Bernemann

Doch diese Hoffnungen auf den Glühwein-Booster sind längst vom Tisch, alle bayerischen Weihnachtsmärkte sind auf Geheiß von Landesvater Söder abgesagt worden. Nur ein paar Gallier auf dem Gelände des Thurn und Taxis-Schlosses in Regensburg leisteten trotzig noch ein paar Tage Widerstand gegen die Münchner Zentralgewalt.

Hat inzwischen schon historischen Wert: Ein Bild des Christkindlesmarkts vor Corona.

Hat inzwischen schon historischen Wert: Ein Bild des Christkindlesmarkts vor Corona. © Timo Reichhart, obs

Wir Nürnberger müssen uns nun also nicht mit bestenfalls erheiternden Markierungen auf dem Kopfsteinpflaster des Hauptmarktes herumschlagen, die in den zu erwartenden Besuchermassen zielsicher Bratwurstesser in die eine Richtung und Glühweintrinker in die andere gelenkt hätten.

Wo Glühwein wäre, dort wären auch die Bratwürste nicht weit. Aber das bleibt alles im Konjunktiv, denn 2021 findet ja kein Christkindlesmarkt statt.

Wo Glühwein wäre, dort wären auch die Bratwürste nicht weit. Aber das bleibt alles im Konjunktiv, denn 2021 findet ja kein Christkindlesmarkt statt. © Sportfoto Zink / DaMa, NNZ

Von den sicherlich freundlichen und gar nicht zeitraubenden Kontrollen all dieser Regeln einmal abgesehen. Wobei eine ganz eindeutig zu überprüfen gewesen wäre: Wer dem anderen mit seinem Bratwurstweckla Senf an die Jacke schmiert, hat sich definitiv nicht an die Abstandsregeln gehalten.

Once upon a time - gab es den Christkindlesmarkt mal ohne Abstandsregeln.

Once upon a time - gab es den Christkindlesmarkt mal ohne Abstandsregeln. © News5 / Linschmann, NN

Manch einer mag nun insgeheim erleichtert denken, ach, was brauche ich so einen Glühweintrank aus dem obelixartigen Zauberbottich? Ich gehe sowieso lieber ins Theater oder ziehe mir einen schönen Kinofilm oder eine Oper rein – oder schaue vielleicht sogar mal beim Club vorbei. Aber solche Zeitgenossen sollten sich keinesfalls zu früh freuen.

Auftritt mit Kultcharakter: das Christkind hoch oben über seinem Markt.

Auftritt mit Kultcharakter: das Christkind hoch oben über seinem Markt. © Michael Matejka, NN

Denn die neue Beschränkung von Kultur- und Sportveranstaltungen auf 25 Prozent Auslastung der vorhandenen Zuschauerplätze machen solche Angebote plötzlich zu einer Rarität. Leider höchstwahrscheinlich nicht zu einer heiß begehrten, denn zu den Restriktionen obendrauf gibt es noch die neue 2Gplus-Regel.

Zusammengepresst wie "Drei im Weckla": die Besucher des Christkindlesmarktes.

Zusammengepresst wie "Drei im Weckla": die Besucher des Christkindlesmarktes. © News5 / Grundmann, NN

Die lässt sich jetzt leider nicht übersetzen mit „Geimpft und Glühwein plus ein Obstler frei Haus“, sondern meint ganz nüchtern, dass auch Geimpfte und Genesene, sofern sie denn einen Kultur- oder Sporttempel betreten wollen, noch einen tagesaktuellen Schnelltest brauchen.

Sehr beliebt: der Lichterzug der Schulkinder auf dem Christkindlesmarkt.

Sehr beliebt: der Lichterzug der Schulkinder auf dem Christkindlesmarkt. © Eduard Weigert, NN

Hm – wer macht das schon? Das lohnt sich nur, wenn man dann in die 24 Stunden, in denen der Test gültig ist, möglichst viel reinpackt. Ganz so, wie man es aus den Reiseführern kennt à la „Venedig an einem Tag“. Also im Kino möglichst nicht in den neuen James Bond, der ist mit drei Stunden zu lang. Und will man am Sonntag zum Spiel Club gegen St. Pauli kann man zur gleichen Zeit nicht in den „Troubadour“ im Opernhaus.

Ihm wurde mindestens genauso heftig zugejubelt wie dem Christkind: Udo Jürgens sang 1974 auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt.

Ihm wurde mindestens genauso heftig zugejubelt wie dem Christkind: Udo Jürgens sang 1974 auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt. © Wilhelm Bauer

Klügere Zeiteinteilung wäre da ratsam. Und die demütige Erkenntnis, dass es schwierig bleibt, selbst mit Impfung, Test und Glühwein.

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