Mangolds Taxiruf
Wie der Christkindlesmarkt mit einer Spezial-Variante von 2G noch berühmter werden hätte können
27.11.2021, 07:00 UhrAch, es hätte so schön sein und dem Christkindlesmarkt nochmals einen Popularitätsschub verschaffen können. Für eine paar Tage in diesen sich wieder hektisch zuspitzenden Coronazeiten war eine spezielle Nürnberger Interpretation der 2G-Regel im Bereich des Möglichen: „Geimpft und Glühwein“.
Dieser Slogan hätte die Beinahe-Kulturhauptstadt viral gehen lassen: „2G: Geimpft und Glühwein“ – darauf wäre es hinausgelaufen, hätte die Stadt den Ausschank des beliebten Heißgetränks nur für Geimpfte und Genesene genehmigt.
„Kein Glühwein für Ungeimpfte“ lautete denn auch eine der bedrohlich klingenden Schlagzeilen jener Tage zwischen weihnachtsmarktlichem Sehnen und Bangen. Wer weiß, womöglich hätte das Szenario eines adventlichen Alkoholentzugs doch tatsächlich nochmals die fränkische Impfquote in die Höhe treiben können.
Doch diese Hoffnungen auf den Glühwein-Booster sind längst vom Tisch, alle bayerischen Weihnachtsmärkte sind auf Geheiß von Landesvater Söder abgesagt worden. Nur ein paar Gallier auf dem Gelände des Thurn und Taxis-Schlosses in Regensburg leisteten trotzig noch ein paar Tage Widerstand gegen die Münchner Zentralgewalt.
Wir Nürnberger müssen uns nun also nicht mit bestenfalls erheiternden Markierungen auf dem Kopfsteinpflaster des Hauptmarktes herumschlagen, die in den zu erwartenden Besuchermassen zielsicher Bratwurstesser in die eine Richtung und Glühweintrinker in die andere gelenkt hätten.
Von den sicherlich freundlichen und gar nicht zeitraubenden Kontrollen all dieser Regeln einmal abgesehen. Wobei eine ganz eindeutig zu überprüfen gewesen wäre: Wer dem anderen mit seinem Bratwurstweckla Senf an die Jacke schmiert, hat sich definitiv nicht an die Abstandsregeln gehalten.
Manch einer mag nun insgeheim erleichtert denken, ach, was brauche ich so einen Glühweintrank aus dem obelixartigen Zauberbottich? Ich gehe sowieso lieber ins Theater oder ziehe mir einen schönen Kinofilm oder eine Oper rein – oder schaue vielleicht sogar mal beim Club vorbei. Aber solche Zeitgenossen sollten sich keinesfalls zu früh freuen.
Denn die neue Beschränkung von Kultur- und Sportveranstaltungen auf 25 Prozent Auslastung der vorhandenen Zuschauerplätze machen solche Angebote plötzlich zu einer Rarität. Leider höchstwahrscheinlich nicht zu einer heiß begehrten, denn zu den Restriktionen obendrauf gibt es noch die neue 2Gplus-Regel.
Die lässt sich jetzt leider nicht übersetzen mit „Geimpft und Glühwein plus ein Obstler frei Haus“, sondern meint ganz nüchtern, dass auch Geimpfte und Genesene, sofern sie denn einen Kultur- oder Sporttempel betreten wollen, noch einen tagesaktuellen Schnelltest brauchen.
Hm – wer macht das schon? Das lohnt sich nur, wenn man dann in die 24 Stunden, in denen der Test gültig ist, möglichst viel reinpackt. Ganz so, wie man es aus den Reiseführern kennt à la „Venedig an einem Tag“. Also im Kino möglichst nicht in den neuen James Bond, der ist mit drei Stunden zu lang. Und will man am Sonntag zum Spiel Club gegen St. Pauli kann man zur gleichen Zeit nicht in den „Troubadour“ im Opernhaus.
Klügere Zeiteinteilung wäre da ratsam. Und die demütige Erkenntnis, dass es schwierig bleibt, selbst mit Impfung, Test und Glühwein.
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