Ein Teil Stadtgeschichte AEG in Nürnberg: Vom Aufstieg und Fall eines Weltkonzerns 27 Bilder 11.12.2015, 06:00 Uhr Am 12. Dezember 2005 kündigte der schwedische Konzern Electrolux die Schließung des Nürnberger AEG-Werks an. Über 70 Jahre lang hatte das Werk bestanden. Wir blicken zurück auf die bewegte Geschichte. 1 / 27 Historische Werbung (vermutlich) aus den 1930er-Jahren Gegründet wurde das Unternehmen schon im 19. Jahrhundert: 1883 erwarb Emil Rathenau die Rechte an Thomas Edisons Erfindungen und gründete die Deutsche Edison-Gesellschaft (DEG) in Berlin. Vier Jahre später nannte er sie in Allgemeine Elektricitätsgesellschaft (AEG) um. Im Zuge der Industrialisierung wuchs die Firma schnell. Das Werk in Nürnberg entstand 1922. © NN 2 / 27 Außenaufnahme des Nürnberger AEG-Gebäudes 1956 Das Nürnberger AEG-Werk produzierte vorrangig Haushaltsgeräte - wie zum Beispiel Elektroherde, Bügeleisen und natürlich... © NN 3 / 27 Waschmaschinen-Montage 1957 ... das wohl berühmteste Produkt von AEG: Waschmaschinen. Ein Wellenrad am Boden des Bottichs wird mit einem Motor angetrieben und versetzt die Wäsche so in Bewegung. Das allein reicht zur gründlichen Reinigung aber nicht. Früher musste das Waschwasser noch auf dem Herd oder im Badeofen erwärmt werden. Bei dem abgebildeten, verbesserten Modell ist jedoch bereits eine Heizung eingebaut. © NN 4 / 27 Der Waschvollautomat "Lavamat" 1958 Ein Jahr später kommt der Waschvollautomat "Lavamat" auf den Markt. Die Maschine arbeitet den Ablauf der einzelnen Waschprogramme selbstständig ab und wird zu einem Symbol des deutschen Wirtschaftswunders. Bis 1988 produziert AEG elf Millionen Stück davon. © NN 5 / 27 Föhn-Produktion 1959 Ab 1959 verkauft die AEG den "Föhn". Zuvor hatte sie das Produkt als "Heißluftdusche" beworben. Der "Föhn" wird sofort zum Bestseller. © NN 6 / 27 Außenansicht des AEG-Gebäudes in der Fürther Straße 1962 In der Großstadt hat sich AEG schon etabliert. Aber nicht überall sind die Menschen bereits von den neuen Waschmaschinen überzeugt... © NN 7 / 27 Waschvorführung um 1960 In speziell dafür eingerichteten Vorführwagen wird Bewohnern ländlicher Gebiete der Gedanke des vollautomatischen Waschens nähergebracht. Für den Fachhändler in abgelegenen Gegenden ist diese vom Hersteller gebotene Verkaufsunterstützung viel wert. © NN 8 / 27 Stadträte besuchen AEG-Hausgeräte 1962 Das Nürnberger Werk stellt jeden Tag mehr als 1000 Waschmaschinen her. Oberbürgermeister Andreas Urschlechter (Zweiter von rechts) und die Stadträte sehen zu, wie Teil für Teil der Maschinen entsteht. © NN 9 / 27 Stadträte besuchen AEG-Hausgeräte 1962 Am Ende des Montagebandes laufen die fertigen Waschmaschinen zum ersten Mal zur Probe. Die Stadträte - vorne Kämmerer Zitzmann im Gespräch mit dem Generalbevollmächtigten Bühler - schauen dieser Kontrolle zu. Über dem Band schweben die einzelnen Teile an den Kreisketten-Förderern. Sie sind so lange unterwegs, bis sie zur Montage gebraucht werden. © NN 10 / 27 AEG-Verwaltungsgebäude 1966 Das Verwaltungsgebäude in der Muggenhofer Straße in 1966. Ein Jahr später fusioniert die AEG mit Telefunken - ihrem Berliner Tochterunternehmen - zur AEG-Telefunken. © NN 11 / 27 AEG-Telefunken Gräfenberg 1969 Nicht nur in Gräfenberg, auch in Gößweinstein wurde ein Zweigwerk errichtet - es läuft gut für die AEG-Telefunken. In Gräfenberg stellen die Arbeiter Druck- und Schiebetasten-Aggregate her. Das Werk ist voll ausgelastet. © NN 12 / 27 Zentralwerkstatt 1970er/1980er Selbstverständlich gehören auch Staubsauger ins AEG-Sortiment. In der Zentralwerkstatt für Kleingeräte werden kaputte Exemplare mit Werkzeug und Ersatzteilen wieder auf Vordermann gebracht. Das Bild ist undatiert und stammt vermutlich aus den 1970er- oder 1980er-Jahren. © NN 13 / 27 AEG-Mikrowellenherd 1977 Aus den USA kommt der Trend zur Mikrowelle: zum 'dominierenden Kochgerät der ausgehenden 70er Jahre' soll sie werden. Auch in Deutschland beginnt sich der moderne Küchenhelfer durchzusetzen. Nach einem schwachen ersten Halbjahr hat die AEG Hoffnung: 1977 rechnet man mit einem Absatz von 40.000 Mikrowellen in der Bundesrepublik. © NN 14 / 27 Waschmaschine "Lavamat Deluxe electronic" 1979 Die "Lavamat Deluxe electronic" kommt auf den Markt. Sie ist mit einem Microcomputer ausgestattet und bietet über 50 Programmkombinationen. Mit den Folientasten kann man wäschebezogene Daten eingeben. Dennoch geht es der AEG zunehmend schlechter. Weltwirtschaftskrise und Missmanagement machen dem Unternehmen zu schaffen. © NN 15 / 27 AEG-Aufkleberaktion 1982 Während in Berlin bereits 2300 AEG-Arbeitsplätze gefährdet sind, sind in Nürnberg diese Sticker der Renner. Vom überschussigen Erlös sollen AEG-Haushaltsgeräte für eine Kinderkrippe und ein Altenheim gekauft werden. © NN 16 / 27 AEG-Gebäude in Nürnberg 1983 1983 wird die "Telefunken Fernseh und Rundfunk GmbH" an den französischen Konzern Thomson-Brandt verkauft. Zwei Jahre später folgt die Übernahme der AEG durch Daimler-Benz. Diese brachte nur eine kurzzeitige Verbesserung der Lage. © NN 17 / 27 Solartechnik-Vorführung 1988 Die AEG demonstriert mit einem Wohnmobil vor der Nürnberger Lorenzkirche, wie die Sonne immer mehr zum Energiespender auch für Geräte im Freizeitbereich und im Haushalt wird. Das Fahrzeug ist mit einem speziell für diesen Zweck entwickelten Kompressor-Kühlautomaten ausgestattet. Köche demonstrieren, wie sich auf einem Solar-Herd schnell ein Süppchen zubereiten läßt. Die Passanten greifen bereitwillig zu. © NN 18 / 27 Außenansicht AEG Nürnberg Mitte der 1990er 1994 wird die AEG Hausgeräte GmbH an den schwedischen Küchengeräte-Konzern Electrolux verkauft. Bis 1996 werden auch diverse andere Abteilungen der Elektrizitätsgesellschaft an außenstehende Unternehmen abgegeben. © NN 19 / 27 Außenansicht AEG Nürnberg Mitte der 1990er Was viele nicht wissen: Am 2. Oktober 1996 wird die AEG nach über 113 Jahren Unternehmensgeschichte aus dem Handelsregister gelöscht. Die Rechte an den drei Buchstaben behält die Electrolux. Sie stellt Lizenzen zur Verwendung des Markennamens zur Verfügung. So läuft die Produktion in Nürnberg weiter. © NN 20 / 27 Waschmaschinen-Endkontrolle 1990er-Jahre 6500 Waschmaschinen verlassen das Auslieferungslager pro Tag. Im Nürnberger Werk arbeiten rund 4000 Personen, um das zu bewerkstelligen. © NN 21 / 27 AEG Schienenfahrzeugwerk 1996 Ein Exot im hausgerätelastigen Nürnberg: Ein Monteur legt letzte Hand am neuen Mittelwagen der zweiten ICE-Generation an. Die AEG Schienenfahrzeuge GmbH baut insgesamt 45 Steuerwagen und 44 Mittelwagen für die ICE 2-Serie. © NN 22 / 27 Waschmaschinen-Montage 2000er-Jahre 2003 verzeichnet der Nürnberger AEG-Standort einen Produktionsrekord: Mehr als 1,8 Millionen Waschmaschinen, Geschirrspüler und Trockner werden gefertigt. © NN 23 / 27 Waschmaschinen-Montage 2000er-Jahre Trotzdem gibt Electrolux Anfang 2005 bekannt: Der Konzern will mehr als ein Dutzend Werke in "Hochlohnländern" schließen. © NN 24 / 27 Waschmaschinen-Montage 2000er-Jahre Im Juni 2005 prüft Electrolux die Schließung des Standorts Nürnberg wegen „hohen Preisdrucks“. 1750 Arbeitsplätze sind bedroht. © NN 25 / 27 Waschmaschinen-Montage 2000er-Jahre 12. Dezember 2005: Das Aus des Nürnberger AEG-Werks ist entschieden. Aber die Arbeitnehmer wollen das nicht so einfach hinnehmen. Es folgt ein sechseinhalbwöchiger Streik, begleitet von einer überwältigenden Solidaritätswelle. © NN 26 / 27 Waschmaschinen-Montage 2000er-Jahre Die Schließung des Werks kann die Belegschaft dennoch nicht verhindern. Am 9. März 2007 läuft im Electrolux-Werk Nürnberg die letzte AEG-Waschmaschine vom Band. Eine Woche später wird das Werk geschlossen. © NN 27 / 27 Nach der Schließung der Nürnberger Werks sanken die Absatzzahlen auf dem deutschen Markt, dem stärksten der Marke AEG. Die enorme Solidaritätswelle mit den Arbeitern und Boykottaufrufe hatten einen nicht zu beziffernden Imageschaden angerichtet. Das AEG-Gelände wird zum zweiten Standort der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg umgestaltet. © NN Verwandte Themen Electrolux - AEG Bildergalerien Historisches Nürnberg