Castell-Bank: Kundenberater verschob Gelder von Konten

18.10.2018, 20:24 Uhr
Castell-Bank: Kundenberater verschob Gelder von Konten

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Ein ähnlich begabter Mitarbeiter war offenbar vor Ort nicht zu finden – so leitete Georg G. (52) gleich in drei Städten die Kundenbetreuung der Fürstlich Castell’schen Bank: Nürnberg, Würzburg, München. 200 Kunden, 400 Mio. Euro Vermögen. Seine Arbeit, so schildert er vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth, habe die Hälfte des Gewinns der Fürstlich Castell’schen Bank ausgemacht, er bescherte dem Geldhaus mit dem noblen Namen viele solvente Klienten. Kurz: er drehte das große Rad.

Und doch ist er nun vor der 3. Strafkammer gelandet und kommt vermutlich lange hinter Schloss und Riegel: Der Schaden, den er seit dem Jahr 2012 angerichtet haben soll, wird in der Anklage auf 6,8 Mio. Euro beziffert, die Staatsanwaltschaft erwartet acht Jahre Gesamtfreiheitsstrafe, selbst sein Strafverteidiger Martin Reymann-Brauer geht von sechs Jahren Haft aus. Seit Oktober 2017 sitzt G. bereits in U-Haft. Dies sei kein Verfahren, das sich für eine Verständigung nach dem Motto "Strafrabatt gegen schnelles Geständnis" eigne, so die Vorsitzende Richterin Andrea Uehlein, die Strafkammer sei sich einig, dass dieser Fall viel zu kompliziert und detailreich sei. Offen sei etwa, ob G., der laut der 71 Seiten starken Anklageschrift vier- bis sechsstellige Beträge auf Kundenkonten so lange hin- und herschob, bis der Schaden bei fast sieben Mio. Euro lag, sich auch selbst bedient hat.

"Soll ich Sie mir als Robin Hood vorstellen?"

Georg G. begann 1986 als Azubi bei der Bank. Als er ausgelernt hatte, wollte er ein Jurastudium oben draufsatteln, doch er scheiterte und ging zurück ins private Geldhaus – dort stieg er zum Prokuristen auf, 2004 wurde er Generalbevollmächtigter. "Ein Titel ohne Mittel", sagt er nun, mit der Finanzkrise im September 2008 schrumpfte auch in der Fürstlich Castell’schen Bank der Wert der Aktiendepots, Kredite drohten zu platzen. Weltweit waren sich damals die Kommentatoren einig – sprachen etwa von der schlimmsten Krise seit dem schwarzen Freitag 1929. Doch er, so erinnert sich G. heute vor Gericht, wollte "dagegensteuern", die Krise "aufhalten". Er schildert wortreich, dass er 120.000 Euro aus seiner Privatschatulle holte, um Kunden mit Gebührennachlässen oder Rückzahlungen "gnädig" zu stimmen. Er habe sich verantwortlich gefühlt, sagt er, der damals noch als Star-Berater galt – und will auf die Idee gekommen sein, die Bankenkrise, die weltweit viele Länder in eine Wirtschaftskrise riss, mit Blick auf die Castell’sche Bank zu lösen. Richterin Uehlein leuchtet dies nicht ein: "Soll ich Sie mir als Robin Hood vorstellen – der glattziehen wollte, was weltweit schieflief?"

Zwar räumt G. die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ein, dennoch empfiehlt ihm die Richterin, noch einmal nachzudenken und ordnet die Mittagspause an. Verteidiger Reymann-Brauer zieht die Notbremse: G. habe, als ihm die Innenrevision der Bank auf die Schliche kam, von Anfang an mit den Ermittlungsbehörden kooperiert, im Weg stehe ihm damals wie heute nur sein narzisstisches Bedürfnis nach Bewunderung. "Stimmt, ich wollte einfach meinen Erfolg nicht verlieren", ergänzt der Angeklagte.

Zweiter Fall, selbe Masche

Bereits vergangene Woche begann ein ähnlicher Prozess vor der 18. Strafkammer des Landgerichts – auch ein Privatkundenbetreuer (41) der Commerzbank ersparte seinen Kunden Gebühren, versprach Zinsen über Marktniveau und bediente sich am Geld anderer Kunden, zwischen 2013 und 2017 soll er fast zwei Mio. Euro Schaden angerichtet haben.

Auch seine Betrügereien fielen der Bank lange nicht auf, und zuzugeben, dass er es war, der gegen Regeln verstieß, fällt auch ihm schwer. Obwohl er die Vorwürfe gesteht, müht er sich, den Schein des erfolgreichen Bankers zu wahren. Er habe über 500 Kunden von einem Kollegen übernommen, behauptet er, sei in ein Hamsterrad geraten und habe nur weitergeführt, was in dem Geldhaus üblich gewesen sein soll – Altkunden zu verwöhnen und Kontogebühren zu erstatten. Die Prozesse werden fortgesetzt.

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