«Das Risiko geht mit»

24.1.2007, 00:00 Uhr
«Das Risiko geht mit»

© Alexander Brock

Wer vor Weihnachten den Wunschzettel fürs Christkind spät abgegeben hat und zufällig Barbie mit ihrem neuen Hündchen Tanner darauf notierte, wartet vielleicht noch heute auf Post «von oben». Denn schon in der Adventszeit hieß es in Spielwarenabteilungen: «Die Firma Mattel kommt mit der Produktion nicht mehr nach.» Einzig aus Amerika konnten Eltern über das Internet-Auktionshaus ebay das Gassi gehende Püppchen bestellen. Lieferzeiten: Acht Wochen bis drei Monate.

Das Plastik-Frauchen mit Vierbeiner verbannte ihre harten Konkurrentinnen desselben Konzerns auf die hinteren Ränge: Die aus den Märchen-Themen hervorgegangenen Figuren wie Cinderella, Dornröschen und «die zwölf tanzenden Prinzessinnen» entpuppten sich als Staubfänger im Laden - jedenfalls bei Spielwaren Schweiger, Eslarner Straße 22, in Mögeldorf. Inhaber Klaus Müller hat seit dem Weihnachtsgeschäft, das verglichen mit dem Vorjahr bei ihm deutlich besser lief, eine Erkenntnis gewonnen: Klassiker sind wieder im Trend. Dazu zählt er Autorennbahnen, Experimentierkästen, traditionelle Brett- und Kartenspiele und vor allem die Dampfmaschine.

«Hier treten Väter über die Ladenschwelle, die als Kind keine Dampfmaschine bekommen haben, aber ihren Kindern und wohl auch sich selbst dieses Vergnügen bereiten wollen», so Müller. Für den Geschäftsmann sind solche Indikatoren wichtig, denn die Spielwarenmesse «wirft ihre Schatten voraus», die Gespräche mit Lieferanten laufen bereits. Doch auch nach 30 Geschäftsjahren lässt sich das Risiko nur bedingt eingrenzen - es ist auf der Messe ständiger Begleiter. «Wir kaufen dort viel für das nächste Weihnachtsfest ein», sagt er, und das trotz der zehn Monate, die noch dazwischenliegen. Während dieser Zeit werde sich der Spielwarenmarkt noch enorm bewegen, so dass das Kaufverhalten in der Adventszeit ganz anders aussehen könne, weiß Müller.

Vor der Messe heißt es bei Schweiger: auslaufende Artikel und Ladenhüter reduzieren, um die Kauflaune wieder ein wenig anzureizen. Auf der Verkaufsfläche von 1600 Quadratmetern hat der 48-Jährige extra Platz für einen «Schnäppchenmarkt» geschaffen.

Joachim Bevendorf setzt schon länger auf die Klassiker. Der Inhaber des Spielwarenladens «Holzkopf» in der Albrecht-Dürer-Straße bietet Spielwaren «aus Holz und für den Kopf» an. Gedulds- und Knobelspiele aus anderen Kulturen wie Kalaha (Afrika) oder Mah-Jongg (China) warten hier auf Abnehmer. Der Aufwand für die Messe hält sich bei Bevendorf in Grenzen: «Von zehn Hallen interessiert mich vielleicht eine halbe, in der ich für mein Sortiment fündig werde», sagt er.

«Dauerbrenner» Kaufladen

In Ursula Motschs «Spielzeugkiste» regiert ein durchdachtes Konzept: Weder Plastikspielzeug noch Elektrospiele kommen ihr in den Laden. Nur «pädagogisch wertvolle» Produkte für Kinder vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung winkt sie durch. Vor Weihnachten gingen vor allem Holzburgen für Jungen und Puppen von Käthe Kruse für Mädchen über die Ladentheke, sagt die Händlerin. «Ein Dauerbrenner ist natürlich der Kaufladen, den Mädchen wie Jungen interessant finden.» Auf der Spielwarenmesse, die sie täglich besuchen will, «lebe ich dann richtig auf». Den «klassischen Heimvorteil» durch «die Messe vor der Haustüre» wolle sie ausgiebig nutzen.

Claudia Pfeifer setzt bei der Messe auf eine andere Karte: Die Inhaberin der «Rappelkiste» in Großgründlach glaubt, dass Spiele speziell für ältere Menschen im Kommen sind. Poker, Rommé, Canasta und altbewährte Brettspiele wie «Mensch ärgere dich nicht» gebe es für Senioren in altersgerechten Ausführungen: Dickere und damit griffigere Spielsteine und besonders große Eckzeichen auf den Karten erleichtern den alten Menschen das Spiel, sagt die 31-jährige Geschäftsfrau.

Mit Argusaugen will sie zudem schauen, was die Firma Schleich auf den Markt wirft. «Ab Mai gibt es von dem Hersteller Fantasiefiguren wie Elfen», sagt sie.

Eingeschlagen hat während der Adventszeit nach den Worten der Leiterin der Spielwarenabteilung bei Karstadt, Anja Frommann, ein neues Produkt von Nintendo. «Wii» heißt die TV-gebundene Spielkonsole, die in Europa seit Dezember 2006 zu haben ist und das Weihnachtsgeschäft im Spielwarensektor ordentlich angeschoben habe. «Die Leute standen wie zu alten Schlussverkaufszeiten vor unserer Eingangstür, bis wir sie öffneten, und rissen sich dann um das Produkt.»

Das «Wii» funktioniert über eine Fernbedienung mit eingebauten Bewegungssensoren, die die Position des Spielers im Raum registrieren. Dieser bewegt durch seine Körperbewegung die Spielfiguren auf dem Bildschirm. Eine Absatzbremse zeichnet sich laut Frommann bei klassischen Puppen ab: «Hier gibt es keine Zuwächse.»