Das Werben um die „alten Hasen“ beginnt

23.2.2012, 05:00 Uhr
Das Werben um die „alten Hasen“ beginnt

© bfw

„Der kann nicht mehr richtig, ist häufig krank und nicht flexibel.“ Ist die Rede von sogenannten älteren Mitarbeitern, sind derlei Urteile schnell gefällt. Über längere Zeit seien ältere Mitarbeiter zu einer Problemgruppe gemacht worden, sagt Heinrich Moethe von Indoleo, einem Institut des Nürnberger Berufsförderungswerks (bfw).

Diese Altlast stamme, so erzählt Hans Engelmann, Personalleiter von Uvex, aus einer Zeit, in der Konzerne ihre Personalpolitik danach ausrichteten, Mitarbeiter ab 55plus „zielgerichtet ausscheiden zu lassen“ und Jüngere gefragt waren. „Dadurch gerieten die Älteren in den Verdacht, sie können wenig und fehlen häufig.“

Noch keine Massenbewegung

Doch in den vergangenen Jahren habe ein Umdenken eingesetzt, erklärt Moethe. „Eine Massenbewegung ist es noch nicht, wird es aber werden.“ Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels bleibt den Unternehmen kaum eine andere Wahl, als sich auf die „alten Hasen“ zu besinnen, deren Wissen und reiche Erfahrung zu nutzen und an den Nachwuchs weiterzugeben.

Wie ältere Mitarbeiter in den Unternehmen zu einem „Erfolgsfaktor“ werden können und wie man die Kompetenzen der Älteren richtig einschätzt und einsetzt, erörterten nun Vertreter von Firmen, Institutionen und kommunalen Einrichtungen anlässlich eines Workshops zum Thema „Ältere Mitarbeiter — Träger (oft) unbekannter Potenziale“, den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nürnberg für Mittelfranken gemeinsam mit dem Indoleo-Institut veranstaltete.

Dabei sagte Uvex-Personaler Hans Engelmann: „Grundsätzlich geht es darum, die Beschäftigten so lange wie möglich beschäftigungsfähig zu halten.“ 30 Prozent beträgt bei Uvex in Deutschland der Anteil an Mitarbeitern, die älter als 50 Jahre sind. Um die Potenziale älterer Mitarbeiter zu heben, sei es generell wichtig, nicht auf deren Schwächen zu achten, sondern die Stärken zu betonen, so Renate Doeblin, die Geschäftsführerin des IHK-Gremiums Erlangen. Nicht immer seien alle Potenziale bekannt oder kommen zum Einsatz.

Rollen ändern sich

Das Uttenreuther Unternehmen Medav ist unter anderem auf digitale Signalverarbeitung spezialisiert; 50 der 70 Beschäftigten sind Akademiker. Medav-Geschäftsführer Hans-Joachim Kolb weiß: „Die Rollen der Mitarbeiter ändern sich deutlich. Ein Arbeitnehmer kann mit 40 Jahren für eine gewisse Tätigkeit zu alt sein, für eine andere Tätigkeit aber noch jung.“ Soll ein komplexes technisches Produkt verkauft werden, seien die Lebenserfahrung und die Erfahrung mit dem Produkt von Vorteil.

Welche anderen Wege Unternehmen beschreiten, um ältere Mitarbeiter zu fördern und zu motivieren, verdeutlichte Waltraud Helmreich, stellvertretende Fertigungsleiterin der Leichtmetallgießerei Schulte & Schmidt. So habe ihr Unternehmen zum Beispiel Arbeitsplatzanalysen durchgeführt, Kompetenzprofile erstellt und festgestellt, wo es einen Schulungsbedarf gibt. „Der Schwerpunkt soll die Kommunikation mit Älteren sein, damit sie auch weiterhin leistungsfähig bleiben“, sagte Helmreich. Wichtig sei, dass zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern ein Know-how-Austausch stattfinden könne.

Einig waren sich die Experten aber auch, dass ältere Mitarbeiter selbst ihren Teil beitragen müssen. Wohlwissend, dass es zu Frust führen könnte, fordert Indoleo-Mann Heinrich Moethe: „Statt harmonisch den Beruf ausklingen zu lassen, muss man sich selber weiterentwickeln.“ Mitarbeiter müssten „einen Lebensplan aufstellen“, so Medav-Chef Kolb.

Auch Yoga hilft

Daneben gelte es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Mitarbeiter motiviert sind. Bei Uvex setzt man zum Beispiel „auf breiter Ebene auf Maßnahmen zum Erhalt der Gesundheit“, sagt Hans Engelmann. Etwa auf Yoga-Kurse, Stress-Management oder Flexibilisierung der Arbeitszeit. Das werde gut angenommen, meint Engelmann.

Nicht zuletzt sind die Führungskräfte selbst gefordert, wie Renate Doeblin von der IHK betont: „Führungskräfte müssen kontinuierlich im Gespräch mit den Mitarbeitern sein.“ Gefragt ist mehr als die herkömmliche Führungsaufgabe.

Von Führungsverantwortlichen werde verlangt, dass sie zum Beispiel erkennen, ob ältere Mitarbeiter vor einem Burnout stehen oder andere gesundheitliche oder massive private Probleme haben. Und dass sie damit verantwortungsvoll umzugehen wissen.

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