Vorläufigkeitsvermerk auf dem Steuerbescheid

Doppelbesteuerung: Rentner müssen beim Finanzamt keinen Einspruch mehr einlegen

8.9.2021, 05:55 Uhr
Steuerbescheide bleiben in Hinsicht auf eine Doppelbesteuerung der Renten vorläufig offen.

© Felix Kästle, dpa-tmn Steuerbescheide bleiben in Hinsicht auf eine Doppelbesteuerung der Renten vorläufig offen.

Das Bundesfinanzministerium hat die Finanzämter angewiesen, alle Steuerbescheide vorläufig auszustellen, in denen es um die Besteuerung der Einkünfte aus Leibrenten und anderen Altersrenten geht. Das teilt der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine e.V. (BVL) mit.

Hintergrund ist, dass Rentnerinnen und Rentner eine Doppelbesteuerung befürchten und deshalb Einspruch gegen ihren Steuerbescheid eingelegt haben - das Ergebnis ist für alle relevant. Bis 2005 wurden die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer komplett vorgelagert besteuert, seither läuft die Umstellung auf eine nachgelagerte Besteuerung der ausgezahlten Rente, analog zu den Beamtenpensionen.

Strittige Übergangsphase

Das bedeutet, dass es eine Übergangsphase von 35 Jahren gibt, in der laut BVL der steuerpflichtige Rentenanteil von 50 Prozent im Jahr 2005 auf 81 Prozent im Jahr 2021 und bis 100 Prozent im Jahr 2040 steigt. Gleichzeitig sinkt die Steuerlast, weil die Rentenbeiträge während des Arbeitslebens mit jedem Jahr stärker steuerlich berücksichtigt werden können.

Die Ausgestaltung dieser Übergangsphase ist jedoch strittig. Der Bundesfinanzhof hat Ende Mai in seinen Urteilen bestätigt, dass die Berechnungsweise der Rentenbesteuerung angepasst werden muss. Seitdem laufen zwei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das überprüft, ob das den Berechnungen zugrunde liegende Gesetz verfassungswidrig ist. Wann eine Entscheidung fällt, ist noch unklar. Eine doppelte Besteuerung liege vor, wenn die Summe der bereits versteuerten Rentenversicherungsbeträge höher ist als die Summe der steuerfrei ausgezahlten Renten, erklärt Jana Bauer, Referentin Steuern und Medien beim BVL.

Kein Einspruch mehr nötig

Sicher ist, dass Rentner, die eine Doppelbesteuerung vermuten, nicht mehr selbst beim Finanzamt Einspruch einlegen müssen. Die Behörde soll nun automatisch alle Einkommenssteuerbescheide, in denen Rentenzahlungen nachgelagert besteuert werden, mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. "Mit dem Vorläufigkeitsvermerk bleiben alle Steuerbescheide in diesem Punkt offen, solange das Bundesverfassungsgericht noch nicht über den Streitpunkt endgültig entschieden hat", erläutert Bauer. Das bedeutet: Die Bescheide können geändert werden, sollten die Karlsruher Richter die Verfassungswidrigkeit der nachgelagerten Besteuerung bejahen.

Was müssen Rentenbezieher jetzt tun, wenn sie einen Steuerbescheid bekommen haben? "Sie sollten den Steuerbescheid darauf überprüfen, ob der Bescheid mit einem Vorläufigkeitsvermerk zur Rentenbesteuerung versehen ist. Dieser ist am Ende des Bescheids unter ,Erläuterungen' zu finden", sagt Bauer. "Fehlt dieser Vermerk, sollten die betroffenen Rentner mit Hinweis auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids Einspruch einlegen." Wer bereits Einspruch wegen der Rentenbesteuerung eingelegt und einen Änderungsbescheid mit dem Vorläufigkeitsvermerk erhalten habe, der könne den Einspruch zurücknehmen.

Aufgepasst: Nachweise müssen erbracht werden

Aber: Der Vorläufigkeitsvermerk bedeutet nicht, dass die Steuerbescheide automatisch zu Gunsten der Rentner geändert werden, so Bauer. "Er enthält zusätzlich den Hinweis, dass eine Änderung des Steuerbescheids nur dann erfolgen kann, wenn der Rentner alle für die Berechnung der Doppelbesteuerung erforderlichen Nachweise erbringt."

Was den Finanzbehörden genau vorgelegt werden muss, hat das Ministerium der Fachfrau zufolge allerdings nicht konkretisiert. Zur Berechnung einer möglichen Doppelbesteuerung eignen sich ihrer Ansicht nach folgende Unterlagen von den Rentnern: Versicherungsverlauf, Rentenbescheide und Rentenanpassungsmitteilungen. "Liegen die Nachweise nicht vor, können diese über die Homepage der Deutschen Rentenversicherung angefordert werden", sagt sie. Im Übrigen seien auch alle Steuerbescheide mit Rentenversicherungsbeiträgen aus der Einzahlungsphase notwendig. Sollten die Unterlagen nicht mehr auffindbar sein, könne die mögliche Doppelbesteuerung nicht berechnet werden. Das Finanzamt sei zwar nicht verpflichtet, Steuerbescheide erneut zuzustellen, so Bauer, aber man könne dort zumindest darum bitten.

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