Eiseskälte und Cannabis schieben Bionorica-Umsatz an

3.3.2018, 10:53 Uhr
Eiseskälte und Cannabis schieben Bionorica-Umsatz an

© Foto: André De Geare

Wenn die Nase verstopft ist, der Hals kratzt und der Schädel schmerzt, brummt das Geschäft bei Bionorica. Der Hersteller pflanzlicher Arzneimittel feierte im Februar erneut Absatzrekorde. "Solch einen Anstieg in kurzer Zeit haben wir noch nie erlebt", sagte Michael Popp, bei der Vorlage der Jahreszahlen. Üblicherweise ziehe eine Erkältungswelle von Region zu Region, heuer ist ganz Deutschland auf einmal krank. Deutlich über 400 000 Packungen des Bestsellers Sinupret gingen in der Kalenderwoche fünf über die Apotheken-Theken, das Hustenmittel Bronchipret verkaufte sich weit über 200 000-mal.

Im vergangenen Geschäftsjahr hat der Spezialist für Naturarzneien die angepeilte 300-Millionen-Euro-Marke nur knapp verfehlt. Der Umsatz stiegt um 17,6 Prozent auf 297,6 Mio. Ã, davon 160 Mio. im Ausland. Die Ertragslage nannte Popp "sehr gut". Hohe Marketingausgaben drückten die Marge jedoch etwas unter die von 2016. Das Unternehmen beschäftigt 1600 Menschen. Von den 1000 Beschäftigten in Deutschland arbeiten 800 am Firmensitz Neumarkt.

Für 2018 hat Popp zweistelliges Wachstum aus eigener Kraft als Ziel vorgegeben. Mit einer komfortablen Eigenkapitalquote von 79 Prozent genieße der Hersteller am Kapitalmarkt ein "AAA"-Rating, so Popp. Das geplante Investitionsvolumen von 40 Mio. Ã für das laufende Jahr werde dafür verwendet, die Lager- und Laborkapazitäten am Hauptsitz zu erweitern und im russischen Woronesch ein neues Werk zu bauen.

Nach Deutschland ist Russland der wichtigste Absatzmarkt für Bionorica. Der Umsatz stieg von 76 Mio. Ã auf 91 Mio. Ã, ein Plus von 20 Prozent. Erstmals wurden dort über 20 Millionen Packungen verkauft. Der Ertrag schwanke währungsbedingt, der Rubel hat 2017 fast zehn Prozent seines Werts verloren. Bionorica habe die Preise nicht im gleichen Maße erhöht, sagte Popp. "Der Verzicht auf Gewinn hat sich ausgezahlt durch Marktwachstum."

In Woronesch baut Bionorica einen eigenen russischen Produktionsstandort mit rund 60 Arbeitsplätzen. Die Fabrik soll 2020 in Betrieb gehen und die Fertigung ein Jahr später starten.

Das Unternehmen will sich weitere Auslandsmärkte erschließen. Im Iran vertreibt ein Joint Venture sieben Produkte. Auch Mexiko steht auf der Liste der Länder, in die Bionorica expandieren will, Startschuss ist für 2019 geplant. In Brasilien laufen Zulassungsverfahren, so dass der Vertriebsstart 2020 klappen sollte. In Italien, Spanien und Frankreich galten Bionorica-Produkte bisher als Nahrungsergänzungsmittel. Inzwischen habe man dort eine Zulassung als Arzneimittel.

Beim dynamischen Wachstum hat Cannabis geholfen: Zufrieden zeigte sich Popp mit der Entwicklung der Verschreibungen des Schmerzmittels Dronabinol. Seit der Gesetzesnovelle vom März 2017 erstatten Kassen Arzneien auf Cannabis-Basis. Die Zahl der versorgten Patienten verdreifachte sich daraufhin auf 11 000, was einem Marktanteil von rund 30 Prozent entspricht.

Der Nachfrageschub führte die Produktion an ihre Grenzen. In diesem Jahr baut Bionorica die Dronabinol-Kapazität deshalb "dramatisch aus". Bisher lehnen die Kassen die Verschreibung von Cannabis-basierten Schmerzmitteln in 40 Prozent der Fälle ab. Es besteht Wachstumspotenzial.

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