Fast niemand will Pommes: Tonnenweise Kartoffeln übrig

4.4.2020, 16:59 Uhr
Wegen der geringen Nachfrage nach Pommes könnten dieses Jahr laut Johann Graf, Kartoffelexperte beim Bayerischen Bauernverband, bis zu 50.000 Tonnen Kartoffeln übrig bleiben.

© dpa Wegen der geringen Nachfrage nach Pommes könnten dieses Jahr laut Johann Graf, Kartoffelexperte beim Bayerischen Bauernverband, bis zu 50.000 Tonnen Kartoffeln übrig bleiben.

Grund dafür sei das veränderte Konsumverhalten. Die Märkte würden sich verschieben, Pommes seien zum Beispiel kaum noch gefragt. "75 bis 80 Prozent der Pommesmenge wird außer Haus verzehrt, das fällt jetzt weg", sagt Graf.

Die niederländische Firma Aviko, weltweit Marktführer bei tiefgekühlten Pommes, wird deshalb bald ihre Produktion am Hauptsitz in Deutschland, in Rain am Lech, für einige Wochen stilllegen. 6000 Tonnen Kartoffeln werden hier wöchentlich verarbeitet. "Derzeit läuft es noch voll, aber das Ende naht", sagt Manfred Schott, Geschäftsführer des Kartoffel-Centrums Bayern, das für Aviko die Ware einkauft. "Wir versuchen, zusammen mit den betroffenen Bauern eine Lösung zu finden."

Auch Johann Graf setzt auf eine gemeinsame Lösung zwischen Bauern und Industrie. "Die Verträge der Landwirte sind zwar gut gestrickt, aber es hilft niemanden, wenn eine Fabrik pleite ist", sagt er. Während die Nachfrage nach Pommes-Kartoffeln extrem sinkt, steigt dagegen die Nachfrage nach Speisekartoffeln. "Man kann aber nicht tauschen, weil die Pommes-Kartoffeln ganz andere Eigenschaften haben", sagt Graf.

Aber es gibt dennoch Hoffnung: "Wir können einen Teil auffangen", erklärt Norbert Henglein, Geschäftsführer der gleichnamigen Firma mit Sitz in Wassermungenau (Landkreis Roth). Bei Henglein werde derzeit 30 bis 40 Prozent Rohware mehr verarbeitet als üblich. Spätzle oder Kloßteig seien gefragt. Henglein kaufe ausschließlich bayerische Kartoffeln. Weil die Ernte wegen der Trockenheit in Nordbayern schlecht war, hatten einige Bauern sogar Probleme die Verträge mit Henglein zu erfüllen, wie Insider berichten.

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"Ich hatte keine Probleme"

Auch Herbert Hechtel, Kartoffelbauer aus Windsbach (Landkreis Ansbach), beliefert Henglein. "Ich hatte keine Probleme, meinen Vertrag zu erfüllen", sagt er. Im Gegenteil. Er hatte noch etwas Ware übrig, die er jetzt über Direktvermarkter gut verkaufen konnte. Trotz verstärkter Nachfrage habe er die Preise dafür nicht erhöht "Viele kleine Direktvermarkter sind ausverkauft", erklärt Hechtel. "Pommes-Kartoffeln sind leider nicht die richtigen Sorten, um hier die Nachfrage auszugleichen", sagt auch er.

"Was wir mit den übrigen Kartoffeln machen, ist noch nicht ganz klar, wir suchen nach alternativen Verwertungsmöglichkeiten, ein Teil wird sicherlich als Tierfutter verwendet, wir wollen die Nahrung nicht wegwerfen", betont der Spezialist des Bauernverbandes, Johann Graf. Bis August könnte die Ware noch gelagert werden, bis dahin müsse es eine Lösung geben.

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