Fränkisches Unternehmen legt sich mit Amazon an

16.2.2018, 10:18 Uhr
Fränkisches Unternehmen legt sich mit Amazon an

© Ortlieb

Die wasserdichten Satteltaschen von Ortlieb aus Heilsbronn sind Kult. In einem Rechtsstreit, der bis zum Bundesgerichtshof (BGH) hochgereicht wurde, hat sich der Hersteller gegen Vertriebsmethoden des Internetriesen Amazon gewehrt. Doch der BGH hat das Verfahren jetzt zurückverwiesen an das Oberlandesgericht München.

Die Firma Ortlieb liegt in lieblicher Hügellandschaft am Rande Heilsbronns. Wie groß seine Wachstumskraft ist, hat der Fahrradtaschen-Spezialist in den vergangenen fünf Jahren bewiesen. Die Mitarbeiterzahl legte von einst 135 auf heute 220 Beschäftigte zu. Doch das Familienunternehmen, einst gegründet vom Nürnberger Hartmut Ortlieb, bleibt Mittelständler. Umso erstaunlicher, dass er sich mit Giganten wie Amazon anlegt.

Die Auseinandersetzung zieht sich schon seit Jahren hin, erklärt Pressesprecher Peter Wöstmann in Heilsbronn. Der Stein des Anstoßes: Ortlieb vertreibt sein Zubehör für Radler über den Fachhandel und will nicht auf allgemeinen Onlineplattformen erscheinen. Wer aber am Computer in der Suche von Amazon "Ortlieb" eingibt, bekommt Produkte von Konkurrenten wie Vaude angezeigt. Dagegen wehrt sich Ortlieb, denn der Freizeitausrüster vermutet einen Missbrauch, wenn Suchworteingaben dazu benutzt werden, ähnliche, aber teils deutlich billigere Produkte anzubieten.

"Wir sehen unser Produkt als ein Qualitätsprodukt mit hohem Erklärungsbedarf", sagt Ortlieb-Vertriebsleiter Martin Esslinger. Kundenservice und Reparierbarkeit der Produkte seien dabei entscheidend. Ortlieb gehe es um Markenidentität und Markenhoheit. Nach Überzeugung des Unternehmens sucht ein Kunde, der "Ortlieb" eingibt, gezielt nach dieser Marke. "Sonst würde er nur Fahrradtasche eingeben." Daher verletze Amazon die Marken- und Wettbewerbsrechte.

Internet-Suche gleicht Besuch im Geschäft

Amazon weist die Vorwürfe zurück. Ein Anwalt verglich die Suche bei Amazon mit einem Besuch im Sportgeschäft. Wenn ein Kunde dort nach Schuhen einer Marke frage, führe ihn der Verkäufer zu einem Regal, in dem auch Schuhe anderer Marken stehen.

Die fränkische Firma bedauert es, dass der Bundesgerichtshof statt eines Urteils die Sache an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen hat, sagt Wöstmann. "Jetzt müssen wir eine zusätzliche Schleife hinnehmen. Und schließlich hat der Fall Relevanz und Trageweite für alle Anbieter."

Fränkisches Unternehmen legt sich mit Amazon an

© Ortlieb

In einem zweiten, ebenfalls am Donnerstag vor dem BGH verhandelten markenrechtlichen Fall hat sich Amazon durchgesetzt. Die Revision des österreichischen Herstellers von Matten zur Fußreflexzonenmassage, goFit Gesundheit GmbH, wies der Senat in seinem Urteil zurück. Im Fall goFit liege keine kennzeichenmäßige Verwendung durch Amazon vor, begründete der Senat die Entscheidung. Denn es sei zunächst für den Kunden nicht zu erkennen, von welchem Hersteller die angebotenen Produkte stammen. Ob goFit überhaupt ein Firmenkennzeichen nach dem Markenrecht sei, müsse daher nicht entschieden werden.

Im Fall Ortlieb habe das Oberlandesgericht nicht geprüft, ob die Kunden erkennen könnten, von welchen Herstellern die in der Amazon-Liste angebotenen Produkte stammen. Nur wenn sie das nicht könnten, wäre das Markenrecht verletzt. Ortliebs Chancen auf einen Erfolg beim OLG dürften gering sein. "Wir meinen, dass man das unterscheiden können müsste", sagte der Richter.

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