Gegen den Fachkräftemangel

7.5.2011, 18:00 Uhr
Gegen den Fachkräftemangel

© Astrid Löffler

Von einem Fachkräftemangel will Gerd Bräunig, Verwaltungschef beim Münchner Luft- und Raumfahrtunternehmen Kayser-Threde, noch nicht sprechen. Aber „bei uns gibt es immer freie Plätze, wir sind immer auf der Suche“, berichtet der Personalverantwortliche. Ein zustimmendes Nicken geht durch die Reihen der 120 Teilnehmer der Tagung „Fachkräfte für den Mittelstand. Kompetenzen entdecken, entwickeln, nutzen“, zu der das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) in die Noris eingeladen hat.

Die vergleichsweise gute Personalsituation des Mittelständlers führt Bräunig neben der Attraktivität Münchens und der Nische, in der Kayser-Threde tätig ist, vor allem auf die Akquise ausländischer Arbeitskräfte zurück: „Wir haben mittlerweile 270 Mitarbeiter aus 27 Nationen.“ Weniger international geht es bei der Luitpoldhütte in Amberg zu. Doch auch ihr Personalleiter fand in den vergangenen Jahren genügend Angestellte, um die Belegschaft von vormals 400 auf jetzt 500 Personen aufzustocken.

Verzicht auf Kündigungen

„Wir haben einfach versucht, das Image so anzuheben, dass wir als Arbeitgeber attraktiv sind“, erklärt Franz Mertel. Denn weder der Standort der weltweit operierenden Gießerei noch die Schwerindustrie-Branche seien besonders werbewirksam. Durch Qualifizierungsangebote und den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen während der Wirtschaftskrise sei es jedoch gelungen, die Mitarbeiter an sich zu binden.

Für „viel zu hoch, aber richtig in ihrer Wirkung“ hält derweil Ralf Holzwart von der Bundesagentur für Arbeit die Zahlen zum prognostizierten Fachkräftemangel in Bayern. Es gelte, Unternehmen dazu zu bringen, verstärkt ältere Arbeitnehmer einzustellen ebenso wie mehr Frauen und Jugendliche.

f-bb-Geschäftsführer Eckart Severing sieht den größten Handlungsbedarf bei Menschen ohne Berufsabschluss: „Wir brauchen mehr modulare Maßnahmen für Ungelernte statt kurzer Maßnahmen, die auch nur punktuell wirken.“ So sollte es künftig möglich sein, eine Berufsausbildung in mehreren Modulen zu erwerben, die zum Beispiel jeweils ein halbes Jahr dauern und durch Arbeitseinsätze unterbrochen werden könnten.

Zuvor hatte Holzwart bei der Veranstaltung in der Siemens AG die beiden Stellschrauben skizziert, mit denen sich der Fachkräftemangel prinzipiell reduzieren lässt. Neben einer Steigerung der absoluten Zahl der Erwerbstätigen — beispielsweise durch gesteuerte Zuwanderung — zähle dazu, die Wertschöpfung des Einzelnen zu erhöhen.

Dies könnte etwa durch eine Ausweitung der Wochen- und Lebensarbeitszeit gelingen. Würden die 4,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bayern nur eine Stunde in der Woche mehr arbeiten, entspräche dies der Leistung von 100000 zusätzlichen Kräften, skizzierte der stellvertretende Leiter der Regionaldirektion Bayern.

Nicht auf den Staat warten

Welche Rolle eine stärkere Förderung von Frauen bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels spielt, skizzierte Julia Schmidt von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). „Es geht einerseits darum, Frauen zu unterstützen, sich mehr zuzutrauen, aber auch die Rahmenbedingungen zu verändern“, so die Referentin für Aus- und Weiterbildung beim vbw. Unternehmen sollten dabei nicht auf den Staat warten, sondern Angebote zur Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Verwandten gleich selbst schaffen, forderte Soziologe Severing.