Ingenieur ohne Abitur

10.10.2009, 00:00 Uhr
Ingenieur ohne Abitur

© Ilona Hörath

Dass Michael Andorka mit 40 Jahren noch einmal ein Studium beginnt, ist für seine Familie nicht ungewöhnlich. «Die kennen mich nicht anders», sagt Andorka und lächelt. Denn Neues gelernt habe er schon immer. Und jetzt zieht er eben ein Maschinenbaustudium durch. Das berufsbegleitende Fernstudium, für das er sich bei einem privaten Stuttgarter Bildungsanbieter angemeldet hat, dauert viereinhalb Jahre und ermöglicht es ihm, auch ohne «klassisches Abitur» die Weihen zum Ingenieur zu erlangen.

Für Michael Andorka ist dieser Schritt nur konsequent. Nach seinem mittlere-Reife-Abschluss lässt er sich zum Fluggerätmechaniker ausbilden, um dann die Fachhochschulreife nachzuholen und sich zeitgleich dazu zum Staatlich geprüften Techniker für Flugzeugbau fortzubilden. Damit nicht genug. Er setzt noch eins drauf und qualifizierte sich zum «Lufttüchtigkeitsprüfer der Klasse 1».

Studium statt Hobby

Als er gespürt hat, dass er «auf operationaler Ebene an seine fachlichen Grenzen» gekommen ist, will er mehr, will sein Wissen auch in der Breite vertiefen und beginnt ein Bachelorstudium im Fach Maschinenbau. «Das Studium ist für mich Hobby-Ersatz.»

Auch Sabrina Buckl will’s noch einmal wissen. Ebenfalls mittlere Reife, nach der Ausbildung zur Chemielaborantin dann die fachspezifische Weiterbildung zum Technischen Fachwirt. «Das ermöglichte mir das Studium», sagt Buckl. Im Siemens-Labor für Kunststoffforschung und -entwicklung in Erlangen analysiert und testet sie Kunststoffe auf deren Eigenschaften, arbeitet täglich mit Ingenieuren zusammen. Vielleicht ist da irgendwann der Funke übergesprungen?

Die 26-Jährige ist jedenfalls vom Ingenieur-Sein fasziniert, sucht nach «neuen Herausforderungen». Weil ihr auch das Kaufmännische wichtig ist, entscheidet sie sich für den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Maschinenbau, den eine Hamburger Fernhochschule anbietet. «Der Wirtschaftsingenieur befindet sich an der Schnittstelle zwischen Technik und Betriebswirtschaft.» Sabrina Buckl ist heute im dritten Semester, den akademischen Abschluss will sie 2012 in Händen halten.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung spendiert dabei im Rahmen der Qualifizierungsinitiative «Aufstieg durch Bildung» ein sogenanntes Aufstiegsstipendium. 425 € gibt es pro Quartal, wenn man berufsbegleitend studiert. Entscheidet man sich für ein Vollzeitstudium, werden monatlich 650 € plus 80 € Büchergeld überwiesen. «Das Stipendium deckt etwa 50 Prozent der Studiengebühren ab», sagt Andorka.

Aus eigener Tasche

Die übrigen Kosten finanzieren sowohl Michael Andorka als auch Sabrina Buckel aus eigener Tasche. «Das Engagement wird sich auszahlen; es stehen einem ganz andere Türen offen», ist sich Buckl sicher. Zum Beispiel im Qualitätsmanagement, im Einkauf. Oder, wie bei Michael Andorka, um auch Führungsaufgaben zu übernehmen.

Mit dem Aufstiegsstipendium will das BmBF «beruflich Qualifizierten zusätzliche Entwicklungsperspektiven» geben. Von insgesamt 6035 Bewerbungen werden bis Jahresende 1500 Stipendien vergeben. Voraussichtlich Anfang 2010 startet die neue Bewerbungsrunde. Wer sich bewirbt, muss einige Bedingungen erfüllen: Eine abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens zwei Jahre Berufstätigkeit. Zusätzlich muss man die «besondere berufliche Leistungsfähigkeit» nachweisen, entweder durch eine gute Gesamtnote bei einer Aufstiegsfortbildung oder durch eine Empfehlung des Arbeitgebers.

www.aufstiegstipendium.info