Leonhardy soll im neuen Glanz erstrahlen

9.8.2008, 00:00 Uhr

Daran hat die Elektrotechnik-Ingenieurin Esther Chen vor über 20 Jahren sicher nicht gedacht, als sie aus China nach Erlangen zum Studieren kam: Dass sie einst mit ein paar Ex-Kollegen die jetzt eben in Reichenschwand verschwindende Firma Leonhardy-ein Hersteller von Elektronikbauteilen - wieder auferstehen lassen würde.

«Der Name Leonhardy hat bei Kunden in ganz Deutschland und in Europa immer noch einen hervorragenden Klang«, schwärmt die perfekt deutsch sprechende Elektrotechnik-Ingenieurin, die bis Mitte 2007 bei MCT Leonhardy in Reichenschwand für den lohnenden Handel mit elektronischen Bauteilen verantwortlich war. Als sie jedoch den Eindruck gewann, dass die Anfang 2007 eingestiegene Phoenix Mecano AG aus der Schweiz das Reichenschwander Werk eher ab- als ausbauen wollte, wechselte die Fachfrau zu einem anderen Unternehmen ins Schwäbische. Aber weil die gebürtige Chinesin seit 18 Jahren in Schwaig familiär gebunden ist, stieg sie jetzt in die neue Firma Leonhardy ein, die am Rande von Hersbruck in einem ehemaligen Druckereigebäude entsteht.

Gründer hilft

An der Tür prangt das neue Leonhardy-Logo. Seit kurzem sind die Rechte an dem Namen ausgelaufen, weswegen das von Phoenix-Mecano gekaufte Werk in Reichenschwand jetzt nur noch «MCT« heißt . Dass drei langjährige Kollegen den Niedergang nicht hinnehmen und mit Esther Chen einen Neuanfang wagen wollten, hat offenbar Eindruck beim Namensgeber und einstigen Firmen-Mitgründer Dieter Leonhardy gemacht. Er überließ den Neuen den alten Namen und ist auch sonst behilflich.

Die Idee zum Neustart kam von drei führenden Kräften, die alle nacheinander 2007 und 2008 in Reichenschwand ausschieden: Jürgen Kanzler aus Schnaittach, Ingenieur für Werkstoffwissenschaften und heute Betriebsleiter, forschte als Leiter der Abteilung Technologietransfer an neuen Werkstoffen und Prozessen, stand in engem Kontakt mit den Hochschulen in Nürnberg und Erlangen und organisierte viele Fördergelder für die alte Leonhardy. Peter Bertok aus Nürnberg, heute verantwortlich für das Qualitätswesen, kannte sich als Kunststoffformgeber mit Prozessen und Materialien aus. Herbert Vitzthum aus Burgthann, Experte für Einkauf und Logistik und heute Geschäftsführer der neuen Leonhardy GmbH, steuerte früher bei MCT als Einkaufsleiter die Geschicke in Sachen Beschaffung, Materialwirtschaft und Logistik. Auf 300 Quadratmetern haben sich die vier mit Büros, zwei Hallen, einigen Maschinen und Anlagen neu eingerichtet.

Lampe aus Sonnenlicht

Das Argument, in Deutschland könne man nicht mehr konkurrenzfähig produzieren, lässt Kanzler für die reine Kunststoffverarbeitung nicht gelten: «Unsere Produktion ist bisher nicht so personalintensiv. Außerdem haben wir nur hier eine optimale Qualitätskontrolle und Transparenz.« Würde man die meist anspruchsvollen Kunststoffkomponenten in Osteuropa oder gar Fernost produzieren, wäre dies mit «unkalkulierbaren Risiken« verbunden. Die neuen Leonhardy-Mitarbeiter haben einen von der Georg-Simon- Ohm-Fachhochschule in Nürnberg entwickelten, etwa zwei Zentimeter großen Lichtkeil aus transparentem Kunststoff bis zur Fertigungsreife gebracht. Dieser bündelt Sonnenlicht so optimal, dass man mit Modulen solcher Lichtkeile vom Dach Sonnenlicht über Kunststofffasern in tiefer liegende Geschosse transportieren kann. Am Bürotisch oder Arbeitsplatz wird es strahlend hell, ohne dass das Energie kostet.

Produkte wie diese sollen es sein, die auch den Namen Leonhardy wieder zum Strahlen bringen, hoffen die Neugründer. Zugleich ist Kollegin Chen als die Vierte im Bunde überzeugt, dass sie den Handel mit elektronischen Bauteilen wieder ankurbeln kann.

Zusätzliche Arbeitskräfte einstellen kann die neue Leonhardy derzeit nicht. Noch wird nicht wirklich Geld verdient, aber die vier sind guter Dinge: «Es müsste zu schaffen sein, der Markt für spezielle Produkte ist da«, versichert Jürgen Kanzler. Wie der sprichwörtliche Phönix aus der Asche könnte Leonhardy auferstehen - diesmal ohne die Phoenix AG.