Nach Schlecker-Drama Neustart vor Augen

26.8.2013, 00:00 Uhr
Nach Schlecker-Drama Neustart vor Augen

© Fengler

Das Kapitel Schlecker hat Monika Gurzu abgeschlossen. Vergessen wird die ehemalige Betriebsratsvorsitzende der Schlecker-Filialen im Bezirk Nürnberg ihre Zeit bei dem Unternehmen und das Desaster der Insolvenz aber nie. Schon allein deshalb, weil es in der Familie nach wie vor präsent ist: Ihre Schwester zählt zu den Beschäftigten, die noch immer keine neue Arbeitsstelle gefunden hat.

Vor einem Jahr, Ende August 2012, war auch für Monika Gurzu endgültig Schluss gewesen bei Schlecker. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hatte die Betriebsratsvorsitzenden nach dem finalen Ladenschluss für die Filialen am 27. Juni noch zwei Monate länger beschäftigt. Zum einen sollten sie als Ansprechpartner für die Beschäftigten fungieren, die ihren Job bereits verloren, aber noch Ansprüche und Fragen an die Insolvenzverwaltung hatten. Zum anderen hatten die Betriebsräte noch mitzureden bei den seinerzeit noch nicht abgewickelten Schlecker-Töchtern.

Wieder die Schulbank gedrückt

Gut 16 Jahre hat Monika Gurzu bei Schlecker gearbeitet und es bis zur Filialleiterin gebracht. Zuletzt erhielt die gelernte Einzelhandelskauffrau in dieser Position ein Tarifgehalt von 2514 € brutto. Im September 2012 reihte sich die damals 45-Jährige in das Heer der Schlecker-Beschäftigten ein, die eine neue Arbeit suchten.
Laut dem „Monitoring Schlecker“, das die Bundesagentur für Arbeit (BA) nach der Riesen-Pleite bis Ende März diesen Jahres erhob, hatten sich im Zuge der Insolvenz insgesamt fast 23500 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet. Nach den letzten verfügbaren Daten des Monitorings haben 11352 von ihnen eine neue Stelle gefunden oder sich selbstständig gemacht.

Gut 12300 der arbeitsuchenden Ex-Schlecker-Beschäftigten vermittelte die Behörde in Fördermaßnahmen, die zum Teil noch laufen, wie BA-Sprecherin Susanne Eikemeier erläutert. Ein Kreis, zu dem auch Monika Gurzu zählte. Als ihr die Arbeitsagentur eine neunmonatige Fortbildung zur Fachverkäuferin in der Augenoptik anbot, griff sie sofort zu. Anders als manchem Politiker, der in den Wochen nach der Schlecker-Pleite von der „guten Lage am Arbeitsmarkt“ schwadronierte, war ihr klar: Ordentlich bezahlte Vollzeitstellen, Jobs, von denen man leben kann, sind rar gesät im Einzelhandel.

Vor zwei Monaten, Ende Juni, bestand Monika Gurzu ihre Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer und hat nun einen zweiten Berufsabschluss in der Tasche. Und ab Oktober eine Teilzeitstelle bei dem Nürnberger Optiker Drießlein. Dort hatte sie auch die zwei Praktika absolviert, die für den IHK-Abschluss notwendig waren.

„Ein Glücksfall“

Dem beruflichen Neustart sieht die 46-Jährige optimistisch entgegen – auch wenn sie von ihrem früheren Gehalt weit entfernt ist: „Ich stehe morgens auf und bin glücklich. Mir macht die Arbeit im Optikergeschäft Freude.“ In ihrer neuen Firma herrsche ein familiäres Klima und der Chef sei „ein Glücksfall“, erzählt Monika Gurzu und strahlt.

Weniger begeistert ist sie von der Gewerkschaft ver.di, der sie seit 15 Jahren angehört. Von einigen Akteuren ist Gurzu „persönlich tief enttäuscht“. Nach der Hochphase der Schlecker-Pleite, in der auch in Nürnberg Demonstrationen und Krisentreffen organisiert wurden, habe es kaum noch menschlichen Kontakt gegeben, erzählt die Ex-Betriebsrätin, die damals im Dauereinsatz war. „Keiner hat seither mal angerufen und gefragt: ,Wie geht es dir, was machst du?‘ Ich dachte, unser gemeinsamer Kampf schweißt uns zusammen. Aber wir waren nur Mittel zum Zweck“, so ihr bitteres Fazit.

Vielleicht schließt Monika Gurzu bald ein weiteres Kapital ihres Lebens ab: „Ich weiß nicht, ob ich in der Gewerkschaft bleibe.“

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