Tabakhandel leidet unter Schmuggel und Verboten

5.8.2009, 00:00 Uhr
Tabakhandel leidet unter Schmuggel und Verboten

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Der Mann mit dem Rucksack klingelt im Hochhaus an den Haustüren seiner Stammkunden. Geschmuggelte Zigarettenstangen gehen von Hand zu Hand. So funktioniere das tatsächlich, erzählt Horst Goetschel, Geschäftsführer der Firma tabacon in Nürnberg. Er hat eine Statistik vor sich liegen, nach der in Nürnberg zwölf Prozent der Zigaretten unversteuert sind. Von hier aus sind es mit dem Pkw nur eineinhalb Stunden Weg bis zur tschechischen Grenze.

Der Schmuggel boomt

Die Verbreitung der illegalen Ware kommt nicht von ungefähr. In Deutschland haben die Tabaksteuererhöhungen in Folge den Schmuggel zum Boomen gebracht - aber nicht mehr Staatseinnahmen, das erklärte Ziel. Der genannte Wert stammt von der Auswertung des Inhalts der Gelben Säcke. Diese enthalten weggeworfene Schachteln, die eben eine Zoll-Banderole haben oder nicht.

Die Orte entlang der tschechischen Grenze liegen alle über einem Wert von 35 Prozent. Aber auch das Ruhrgebiet und München mit 16 Prozent Anteil Schmuggelware stechen Nürnberg noch aus.

Geschäfte starben weg

2008 wurden sieben Milliarden Zigaretten illegal, weitere 16 Milliarden legal von jenseits der Grenzen eingeführt. «Im Bayerischen Wald gibt es in vielen Orten längst keinen Tabakwaren-Einzelhandelsladen mehr«, sagt Goetschel. 3,22 € im Durchschnitt kostet, umgerechnet, in der Tschechischen Republik eine Schachtel, in Polen 2,39 €, in der Ukraine 0,69 €.

Tabakkonsum als Wirtschaftsfaktor: Das ist in Deutschland ein Markt von 22,5 Mrd. €, 17,2 Mrd. € Steuereinnahmen für den Staat und das sind mindestens 150000 Beschäftigte mit einer Gehaltssumme von 4,5 Mrd. € - Verkaufsstellen in Tankstellen, der Gastronomie und im Lebensmittel-Einzelhandel nicht mitgerechnet.

Mittelständische Unternehmen belastet

Der zunehmende Schmuggel und Rauchverbote belasten mittelständische Unternehmen. Die Firma tabacon in Nürnberg, 1922 gegründet, sieht sich bundesweit als Nummer zwei im Großhandelsbereich der Branche. Diese hat in den letzten Jahren einen drastischen Wandel erfahren, die Zahl der Großhändler sank von rund 800 auf inzwischen nur noch 200.

Der Umsatz von tabacon liegt heute bei 720 Mio. €, die abzuführende Tabaksteuer inbegriffen. Der Umsatz über die Bestückung von Zigarettenautomaten ging um 40 Prozent zurück, seit die neuen Jugendschutzbestimmungen eine Umstellung auf die Altersbestimmung über EC-Karten notwendig machten, sagt Goetschel.

Fuhrpark und 100 Arbeitskräfte

40 Prozent Umsatzeinbruch stünden bei tabacon rund 15 Mio. € gegenüber, die für die Automatenumrüstung ausgegeben werden mussten. 33.000 werden jetzt noch bestückt, vorher waren es rund 50.000. Dazu dient ein Fuhrpark von 200 Fahrzeugen. Rund 100 Arbeitsplätze gingen bei der Nürnberger Firma verloren, jetzt sind es noch rund 1000. Tabacon bat etwa 200 Läden im Verbund, teilweise als Franchise-Unternehmen.

«Die Gefahr ist, dass der Tabakwaren-Einzelhandel stirbt«, meint Ulrich Kotschenreuther, Vorstand der Vereinigung Mittelständische Unternehmer der Tabakwirtschaft mit Sitz in Langenzenn. Über hundert Firmen sind dort Mitglied. «Das Sterben ist die Folge eines Dominoeffekts, und es reduziert die Zahl der meist angeschlossenen Lottoannahmestellen und Zeitschriftenangebote.«

Zigarettenetui und Pfeifentasche

Kotschenreuther ist zugleich Chef der Firma Akra in Langenzenn. Sie blickt in diesem Jahr auf eine 110-jährige Geschichte zurück, kommt auf 41 Mitarbeiter und 8,6 Mio. € Umsatz mit Raucherbedarfsartikeln, von Feuerzeugen über Zigarettenetuis bis zu Pfeifentaschen. Den Umsatz konnte die Firma nur konstant halten durch die Erhöhung des Exportanteils auf 40 Prozent. Die Kunden sitzen in über 50 Ländern.

Ähnliches berichtet Alexander Eckert, geschäftsführender Gesellschafter der Vauen Vereinigte Pfeifenfabriken Nürnberg GmbH. In den vergangenen zwei Jahren musste der Nürnberger Traditionsbetrieb die Zahl der Mitarbeiter von 40 auf 35 reduzieren. Der Jahresumsatz lag zuletzt bei 5,3 Mio. € - zu besseren Zeiten waren es an die 6 Mio. €. Umsatzrückgänge im Inland konnten durch die Steigerung des Exportanteils auf 30 Prozent zumindest teilweise aufgefangen werden. Vauen liefert heute in über 50 Länder.

Keine Pfeife vor der Tür

Es überrascht nicht, dass die drei fränkischen Familienunternehmer gegen die Rauchverbote sind. «Um eine Pfeife zu rauchen, geht man in der Gaststätte nicht vor die Tür«, sagt Eckert. Die Zigarettenraucher sollten die Rauchverbote treffen, tatsächlich litten vor allem die Pfeifen- und Zigarrenraucher. Und bei den Zigaretten? «Da haben speziell die Genussraucher das Nachsehen.«

Alle drei versichern: Sie wollten die Wirkungen von Rauch nicht verharmlosen. Sie wenden sich aber gegen eine Diskriminierung von Rauchern, ihren Kunden, und würden sich «sachlichere« wissenschaftliche Studien wünschen.

Küchendampf und Kerzenrauch

So gibt es eine Untersuchung der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, die alle Emissionen und nicht nur den Tabakrauch in 60 Gastronomiebetrieben maß. Dabei wurden auch Küchendämpfe, Straßenverkehr und brennende Kerzen als Emissionsquellen von Schadstoffen festgestellt.

Gefunden wurden neben Nikotin Kohlenmonoxid, giftige Kohlenwasserstoffe und Feinstaub - wenn auch innerhalb der vorgeschriebenen Grenzwerte.