Nawratil: Klinikspitze weist Vorwürfe weit von sich

27.7.2018, 06:03 Uhr
Nawratil: Klinikspitze weist Vorwürfe weit von sich

© Jim Albright

Das Thema hatte die CSU-Fraktion kurzfristig mit einem Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung gebracht. Sie wollte dort Informationen über den "gesamten Sachverhalt und die Vorgänge" am Erlanger Zentrum für Neurologie und Neurologische Rehabilitation (ZNR).

Dessen früherer Chefarzt Dr. Detlef Kohl war vor gut zwei Jahren entlassen worden. Er hatte zuvor den umstrittenen Klinikchef Helmut Nawratil in Gegenwart von Mitarbeitern der "Lüge" bezichtigt, weil er falsche Zahlen über das ZNR bekannt gegeben habe, um die Einrichtung in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Kohl galt intern als Kritiker Nawratils.

Massive Kritik

Zuletzt hatte der Grünen Bezirksrat Klaus Hiemeyer in einem Interview unserer Zeitung Nawratil noch einmal massiv kritisiert. Auch Bezirkstagspräsident Richard Bartsch (CSU) warf Hiemeyer dabei mangelnden Aufklärungswillen vor.

Seit Monaten steht Helmut Nawratil im Fokus.

Seit Monaten steht Helmut Nawratil im Fokus. © Bomhard

Nawratil selbst war in der gestrigen Sitzung nicht anwesend. Zu Wort kam dort dessen Stellvertreter Matthias Keilen. Der bestätigte noch einmal, dass dem ZNR in der fraglichen Zeit tatsächlich in ungerechtfertigter Weise Kosten in Höhe von 85.000 Euro monatlich aufgebürdet worden waren, was dessen wirtschaftliches Ergebnis deutlich verschlechterte.

Dieser Vorgang war den Mitgliedern des Verwaltungsrates der Bezirkskliniken, dem Kontrollorgan, erst kürzlich bekannt geworden, also zwei Jahre nach dem Streit zwischen Kohl und Nawratil. Kohl bekam damit im Nachhinein Recht, auch wenn seine Wortwahl gegenüber seinem obersten Chef selbst bei Unterstützern als ungeschickt gilt. Warum der Buchungsfehler erst so spät zugegeben wurde, darüber lieferte auch die gestrige Sitzung keine Erkenntnisse. Derzeit läuft eine umfangreiche Sonderprüfung der Arbeit Nawratils.

Matthias Keilen schilderte im Bezirkstag die Vorgänge um das ZNR sozusagen als Betriebsunfall. Die Klinikspitze habe unter Nawratil ab 2014 versucht, das Controlling auf Vordermann zu bringen. Das sei zuvor in einem höchst unzulänglichen Zustand gewesen. Dies habe man mit einer neuen Technik und einer möglichst leicht nachvollziehbaren Verteilung der Kosten auf die einzelnen Teile des Unternehmens ändern wollen. Keilen schilderte diese Umstellung detailliert.

Später korrigiert

Im Zuge dieser Arbeiten sei man dann auf die Fehlbuchung beim ZNR gestoßen, habe dies aber später korrigiert. Dass dieser Vorgang zeitlich mit der Kündigung des damaligen ZNR-Chefs Kohl zusammenfiel, sei reiner Zufall gewesen. "Alle Entscheidungen hatten damals ausschließlich Sachgründe", sagte Matthias Keilen im Bezirkstag. Jede "willkürliche Anordnung" etwa von Nawratil sei ausgeschlossen.

Der Chef der Bezirkskliniken wusste allerdings spätestens Ende November 2016 von den Vorgängen zu Lasten des ZNR. Das belegt ein Mailverkehr zwischen ihm und Kai Schadow vom Zentralen Klinikmanagement der Bezirkskliniken.

Klaus Hiemeyer (Grüne) erinnerte daran, dass Detlef Kohl von der Klinikleitung schon 2015 als Unternehmensrisiko bezeichnet worden war. Dessen Kündigung nannte er "tragisch", weil man viel früher von diesen Fehlbuchungen hätte wissen können. "Die hatten schließlich entscheidende Konsequenzen", so Hiemeyer. Das Krisenmanagement habe versagt.

"Ich schäme mich"

Peter Daniel Forster, der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bezirkstag, verlangte von Hiemeyer gleichwohl eine "adäquate Entschuldigung". Das Ansbacher Kommunalunternehmen sei enorm in Verruf geraten, weil ständig "Fehlinformationen" an die Öffentlichkeit gerieten. Forster sprach von einem "Tiefpunkt" der Arbeit im Verwaltungsrat, dem auch er angehört. "Ich schäme mich, dass jemand zu unrecht als Täter gebrandmarkt wird", betonte Forster fast außer sich. Hiemeyer hatte über Nawratil gesagt, der sehe sich als Opfer von Denunziationen, in Wahrheit sei er aber Täter.

SPD-Bezirksrat Klaus Krömker - auch er gehört dem Verwaltungsrat an - reagierte auf Forsters "emotionale Rede" mit den Worten: "Inhaltlich entsprach die damalige Kritik Kohls ja wohl den Tatsachen, auch wenn das Wort ,Lüge‘ nicht richtig war."

Es gehöre sich aber nicht, einen verdienten Chefarzt wie Dr. Kohl, der 27 Jahre ohne eine einzige Abmahnung für den Bezirk gearbeitet habe, deswegen vor die Tür zu setzen. Der Verwaltungsrat hatte damals am Ende der Kündigung des ZNR-Chefs zugestimmt.

3 Kommentare