Große Straße: Todesraser steht vor Gericht

11.12.2014, 08:11 Uhr
Der Unglücksort: Dieser BMW erfasste die junge Skaterin. Die 18-Jährige überlebte den Unfall nicht.

© ToMa Der Unglücksort: Dieser BMW erfasste die junge Skaterin. Die 18-Jährige überlebte den Unfall nicht.

Gerade ein halbes Jahr ist es her, dass Marie W. getötet wurde - eine junge, hübsche Frau mit blondem langen Haar, eine 18-Jährige, die aus Dortmund zu Besuch in Nürnberg war, die gerade ihr Abitur gemacht hatte und deren Leben noch vor ihr lag.

Es war ein lauer, schöner Sommerabend, und auch Marie W. und ihre Schwester zog es ins Freie. Marie fuhr mit ihren Inlineskates am Dutzendteich entlang, sie kam aus dem Alfred-Hensel-Weg und wollte die Große Straße überqueren.

Der BMW-Fahrer erwischte sie, davon geht die Staatsanwaltschaft aus, mit mindestens 120 Kilometern pro Stunde. Tempo 50 war erlaubt.

Trifft die Anklage zu, scherte das Limit den 27-jährigen Alexander G. nicht. Er ließ sich an jenem Abend den Spaß am schnellen Fahren nicht nehmen, gab Gas und trat auf die Bremse, bis er den BMW zum Kreisen gebracht hatte. Mindestens zweimal soll er ganz allein, ohne weitere Raser mit Lust an einem illegalen Autorennen, die eineinhalb Kilometer lange Strecke auf- und abgebrettert sein.

70 Meter durch die Luft geschleudert

Der tödliche Unfall mit der jungen Frau ereignete sich angeblich auf seiner dritten Beschleunigungsfahrt. Sie wurde etwa 70 Meter durch die Luft geschleudert, brach sich Becken und Halswirbel und erlitt schwere innere Verletzungen. Ihre Schwester musste all dies mitansehen. Hätte sich der Fahrer an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten, so stellt ein Gutachten fest, hätte Marie W. überlebt, der Fahrer selbst den Unfall vermeiden können.

Maries Tod ging vielen nahe: Blumen und Kerzen wurden an der Unfallstelle niedergelegt, Trauernde hielten Mahnwachen ab, die Polizei verstärkte die Verkehrsüberwachung auf der Großen Straße, ein Tempo-30-Zone-Schild wurde montiert - doch Raser bremst das bis heute nicht aus.

Die Geschwindigkeitsbegrenzung, so stellte die Polizei seither immer wieder fest, wird hartnäckig ignoriert. Als die Verkehrspolizei beispielsweise an einem Nachmittag im September, nur drei Monate nach dem tragischen Unfalltod, auf der Großen Straße Geschwindigkeitsmessungen durchführte, stellte sie eine Vielzahl teils gefährlicher Verstöße fest - dabei waren gerade an jenem Tag wegen des Herbstvolksfestes sehr viele Fußgänger auf der Großen Straße unterwegs.

Unter Drogen hinterm Steuer

Der mutmaßliche Todesfahrer Alexander G., er hatte zum Zeitpunkt des Unfalls etwa 1,85 Promille Alkohol im Blut und einen Joint geraucht, kam unmittelbar nach dem Horror-Unfall in Untersuchungshaft. Der dringende Tatverdacht: Fahrlässige Tötung. Rasch stellte sich heraus, dass G.s BMW weder zugelassen noch haftpflichtversichert war.

Die angebrachten Kennzeichen waren nicht für diesen Pkw, sondern für den Ford Ka des Angeklagten ausgegeben worden - die Anklage wirft ihm daher auch Urkundenfälschung und den vorsätzlichen Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherung vor. Weil die Ermittler im Handschuhfach des BMW auch noch eine Schreckschusswaffe, Typ Walter P99, entdeckten, kommt unerlaubtes Führen einer Schusswaffe hinzu, sagt sein Strafverteidiger Wolfgang Wehr.

Angeklagter will aussagen

Auf Anraten des Rechtsanwalts hatte Alexander G. bisher geschwiegen; doch am Freitag werde der 27-Jährige aussagen, so Rechtsanwalt Wehr.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Rechtsanwalt G. verteidigt - bereits Ende Juli wurde die Untersuchungshaft von G. unterbrochen, doch hinter Gittern blieb er. Seit Juli sitzt G. in Bayreuth in Strafhaft: Denn er wurde bereits im Februar 2014 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu 13 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Weil dieses Urteil am 11. Juni noch nicht rechtskräftig war, hatte G. zu diesem Zeitpunkt den Führerschein noch.

Nun muss er mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe rechnen. Die Strafgewalt des Schöffengerichts am Amtsgericht, dort wird er sich am Freitag verantworten, reicht bis zu vier Jahren.

Anmerkung der Redaktion: Die in diesem Artikel veröffentlichten Fakten spiegeln den aktuellen Stand der Ermittlungen wider. In älteren Artikeln zu diesem Sachverhalt finden sich differenzierte Angaben, die den damaligen Fakten entsprochen haben.

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