Stefan Adam im Interview: "Es gab nur Variante A und B"

11.6.2016, 15:29 Uhr
Er gab die Richtung vor: Stefan Adam (hier mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann) hinterlässt beim HCE große Fußspuren.

© Sportfoto Zink Er gab die Richtung vor: Stefan Adam (hier mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann) hinterlässt beim HCE große Fußspuren.

Herr Adam, die Tatsache, dass Sie beim HC Erlangen nach dieser Saison als Geschäftsführer aufhören, kommt für viele sehr überraschend. Täuscht das nur?

Stefan Adam: Erstmal finde ich es gut so, dass es für alle überraschend kam. Das zeigt, dass die Personen, die involviert waren, alle mit der Information sehr vertrauensvoll umgegangen sind.

Und inhaltlich?

Adam: Naja, es war ein längerer Prozess. Ich war mir dessen bewusst, dass man diese Art und Weise der geografischen Konstellation nicht dauerhaft so belassen kann. Meine Familie, mein Freundeskreis, meine Lebensgefährtin leben im Rheinland, meine Arbeitsstelle war in Erlangen.

Diese Situation ist aber ja nun nicht neu.

Adam: Nein, das wusste ich, als ich vor zwei Jahren beim HCE unterschrieben habe. Wenn man dann in dieser Situation lebt, fällt einem der Nachteil gar nicht so auf in diesem Laufrad Spitzensport. Aber es gibt immer Momente, in denen man sich dann hinterfragt, und es gab nach zwei Jahren jetzt einen Punkt, an dem eine Entscheidung her musste.

Eine für den HC Erlangen oder für die Familie?

Adam: Genau. Es gab nur Variante A und B. Also, entweder: Endgültig nach Mittelfranken ziehen mit der Lebensgefährtin - wobei meine Eltern, die in Nordrhein-Westfalen leben, dann außen vor gewesen wären. Oder eben nach Hause zurückgehen.

Sie haben sich fürs Zurückgehen entschieden.

Adam: Ja. Weil die berufliche Situation meiner Lebensgefährtin einen Umzug schlichtweg unmöglich macht.

Sie ist Stewardess.

Adam: Genau, bei Lufthansa. Da gibt es zwei große Knotenpunkte: München und Frankfurt. Düsseldorf ist die einzig übrig gebliebene, kleinere Station. Sie könnte wechseln, aber es würde berufliche Nachteile mit sich bringen.

Also Plan B.

Adam: Also Plan B, den Lebensmittelpunkt wieder ins Rheinland verlegen. Auch weil ein spannendes Angebot aus der Region auf dem Tisch lag. Also habe ich mich sehr schweren Herzens für Variante B entschieden.

Reden wir über die Vergangenheit. Legendär ist Ihr erster Schreibtisch in Erlangen, in der Küche der Geschäfsstelle in der Rathenaustraße. Auch sonst waren die Strukturen nicht gerade professionell. Gab es nie den Moment, an dem Sie sagten: Es war ein Fehler, zum HC Erlangen zu gehen?

Adam: Sicher gibt es diese Momente zu Beginn, wenn man eine Aufgabe übernimmt und dann merkt: Ui! Das, was wir vor uns haben, dieses Schiff in der Spur zu halten, das ist eine größere Aufgabe, als ich dachte. Aber wir haben das im Team gut hinbekommen und einen riesigen Ehrgeiz entwickelt, der vieles möglich gemacht hat, was wir nicht gedacht hätten. Von Anfang an hat da niemand auf den Tag oder auf die Uhr geschaut, sondern alle haben Vollgas gegeben – nur so haben wir es hinbekommen. Und das ist auch der Grund, weshalb sich so viel Positives in dieser Geschwindigkeit und Intensität entwickelt hat beim HCE. Dieser Weg ist sicher auch noch lange nicht abgeschlossen.

Dieser Weg war zu Beginn vor allem sehr steinig. Jetzt kamen Sie mit der Erfahrung einer Fusion beim Bergischen HC, einem kleinen Verein, den Sie etablieren konnten in der Bundesliga. War das beim HC Erlangen eine noch größere Herausforderung?

Adam: Das lässt sich schwer vergleichen. Die Voraussetzungen im Bergischen Land, mit Solingen und Wuppertal, waren nicht dieselben, es gab eine ganz andere Historie der Vereine. Mittelfranken ist von Innovationskraft und enormer Wirtschaftsstärke geprägt, das Bergische Land ist im Vergleich eher strukturschwach. Wenn es um die Professionalisierung im sportlichen und in den Vereinsstrukturen geht, war der HC Erlangen schon wesentlich weiter, als das, womit wir beim BHC begonnen haben. Es wurde in Erlangen schon sehr gute Arbeit geleistet – ich meine, der Verein war gerade in die Bundesliga aufgestiegen. Aber es war trotzdem eine Riesenherausforderung.

Sind Sie selbst Überrascht vom Ergebnis in dieser kurzen Zeit?

Adam: Das hat uns alle immer wieder positiv überrascht. Man kann noch so tolle Ideen haben und noch so intensiv an vielen Fronten kämpfen – es gehört auch immer jemand dazu, der es auch annimmt und sich mit der Sache identifiziert. Jemanden, der das Feuer fängt, das wir entfachen. Und das ist in dieser Geschwindigkeit meiner Meinung nach beim HC Erlangen einmalig. Aber auch da ist der Weg noch lange nicht zu Ende. Ich denke, die Zuschauerzahl wird sich in der Bundesliga noch einmal deutlich nach oben entwickeln.

Würden Sie eines Tages zum HCE zurückkehren, wenn sich die Gelegenheit bietet?

Adam: Ich glaube, man tut immer gut daran in seinem Leben, aber insbesondere im Sport, nichts auszuschließen. Ich gehe ja jetzt nicht, weil ich mich nicht wohlgefühlt habe und alles schrecklich war, sondern weil es gute Gründe im privaten Bereich gibt. Ich werde mich freuen, wieder zu Hause zu sein, eine neue Aufgabe anzugehen.

"Wichtig ist mir, dass ich die Entwicklung auch weiterhin mit begleiten kann."

Sie bleiben zumindest im Aufsichtsrat erhalten. Wie intensiv wird da die Mitarbeit aussehen – warten Sie auf Hilferufe, oder werden Sie sich von Beginn an intensiv einbringen?

Adam: Das muss man abwarten. Erstmals gilt das hundertprozentige Vertrauen dem neuen Team aus Daniel Stumpf und René Selke, das die Verantwortung übernehmen wird. Inwieweit ich dann gebraucht werde, mein Rat benötigt wird, muss man abwarten. Vielleicht entwickelt sich ja alles so positiv weiter, dass zumindest eine intensive Inanspruchnahme meines Know-hows gar nicht nötig wird. Wichtig ist mir, dass ich die Entwicklung auch weiterhin mit begleiten kann.

Viele Menschen verbinden mit Stefan Adam diesen großartigen Aufschwung beim HC Erlangen. Was macht Sie so zuversichtlich, dass man alles getrost in vier so junge Hände geben kann?

Adam: Naja, die sportliche Entwicklung war ja keine One-Man-Show, sondern ein Ergebnis aus intensiven Diskussionen mit dem Aufsichtsrat, mit dem Trainerteam. Da fällt jetzt ein Baustein weg, das stimmt...

Gibt es etwas in der Region, das Stefan Adam fehlen wird?

SteffenBrandes (der HCE-Pressesprecher, d. Red.): Bratwurstgehäck!

Adam:(grinst) Das ein oder andere fränkische Gericht werde ich bestimmt vermissen. Aber wenn ich zu Besuch komme, ist das eine Gelegenheit, dass ich das neben dem Handball dann wieder genieße.


Das komplette Interview gibt es in der Wochenendausgabe des Nürnberger Stadtanzeiger, der den Nürnberger Nachrichten und der Nürnberger Zeitung beiliegt.

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