Glückliches Ende: Syrer hat seine Familie wieder

18.10.2014, 07:50 Uhr
Glückliches Ende: Syrer hat seine Familie wieder

Untergekommen ist die Familie vorerst in der Hausmeisterwohnung der Seniorenwohnanlage im Rednitzgarten. Die hat die Sparkasse vorübergehend zur Verfügung gestellt. Ohne Hilfe von engagierten Bürgern würden Mann, Frau und Kinder wohl noch immer in der Türkei festsitzen. Ohne Geld und inzwischen wohl auch ohne ein Dach über den Kopf.

„Krieg oder Tod.“ Vor diese Wahl wurde der damals 34-jährige Danish Ali im Herbst 2013 in seinem Heimatland gestellt. Der Kurde mit syrischem Pass wollte aber nicht zu den Waffen greifen und andere Menschen umbringen. Er wollte sich um sein Geschäft kümmern und um seine Familie. Ali sah keine andere Möglichkeit als die Flucht. Über die syrisch-türkische Grenze schafften es Danish, seine schwangere Frau Sherin Ramadan und die damals noch drei Kinder in die Türkei. Frau und Kinder brachte der Unternehmer bei entfernten Verwandten nahe der Grenze unter. Nach Mitteleuropa konnte zunächst nur er weiterreisen. Für mehr reichte das Geld nicht.

Danish Ali kam im November 2013 in Deutschland an. In Zirndorf stellte er seinen Asylantrag, dann gehörte er zu den ersten Asylbewerbern, die im Januar 2014 in Rednitzhembach, im „Kuhr’schen Keller“, Aufnahme fanden. Schon einen Monat später bekam er Post vom Bundesamt für Migration. Als anerkannter Flüchtling genießt er seither ein Bleiberecht. Das gilt mindestens für drei Jahre. Wenn er in dieser Zeit die Deutschprüfung schafft, dann kann er theoretisch immer in Deutschland bleiben. Seither büffelt der inzwischen 35-Jährige fleißig.

Für Ali war aber klar: „Meine Familie musste ich natürlich nachholen.“ Seit April kämpfte er darum, dass auch Frau und Kinder in den Flieger steigen können. Doch die bürokratischen Hürden sind hoch, manchmal schier unüberwindlich.

Das ließ niemanden kalt

Helmut Dammer hat in den vergangenen Wochen wenig geschlafen, in der Nacht zum Mittwoch „überhaupt nicht“. Dammer ist der Sprecher des Rednitzhembacher Helferkreises, der sich um die Flüchtlinge vor Ort kümmern. Zu Danish Ali ist in den vergangenen Monaten eine besonders enge Beziehung entstanden. Die zunehmend verzweifelten Versuche des kurdischen Syrers, seine Familie wieder zusammenzuführen, ließ auch im Helferkreis niemanden kalt. Erst fühlten sich der Flüchtling (der zweimal in die Türkei geflogen war und dort auch zum ersten Mal seine inzwischen sieben Monate alte Tochter sah) und seine Unterstützer von der Deutschen Botschaft in Ankara monatelang hingehalten. Erst als sie einen Rechtsanwalt und das Büro der SPD-Bundestagsabgeordneten Gabriele Heinrich einschalten, ging etwas voran. Und als letzte Woche nach großem organisatorischen und finanziellen Aufwand der Ausreise nichts mehr im Wege zu stehen schien, zogen plötzlich die türkischen Behörden ein Stopp-Schild. Zuerst müsse Ali umgerechnet 530 Euro Strafe zahlen, weil seine Frau im Vorjahr illegal aus Syrien eingereist sei.

Bloß: Der Rückflug von Danish und seiner Familie war schon gebucht. Er hatte das Geld nicht. Die Familie hauste seit Wochen in einem unmöblierten Zimmer in Ankara, zwei der Kinder waren inzwischen krank.

Das Vorgehen der Türken kann Kurde Ali nicht nachvollziehen. „Die Geschichte von der illegalen Einreise ist lächerlich. In diesem Krieg gibt es doch gar keine legale Möglichkeit, über die Grenze zu kommen“, schimpft er. Helmut Dammer sieht das ähnlich. „Die Geldforderung ist Abzocke, damit werden die ungeliebten Kurden drangsaliert. Einem türkischen Staat ist so etwas unwürdig.“

Der Frust und der Ärger ist groß. Doch seit Mittwochabend überwiegt die Erleichterung. Einige Mitglieder des Helferkreises öffneten ihre Privatschatullen und überwiesen das notwendige Geld für die Strafe und für neue Flüge. Ein Teil der Mittel kam auch vom Spendenkonto des Helferkreises. Am späten Mittwochabend betrat dann eine strahlende Familie Ali-Ramadan auf dem Nürnberger Flughafen deutschen Boden.

Hilfe von vielen Seiten

Und es kam noch besser: Die Alis können dank der Sparkasse vorerst die Hausmeisterwohnung in der Seniorenwohnanlage Rednitzgarten beziehen. Die Hauseigentürmergemeinschaft unterstützte das Vorhaben ausdrücklich. Helferinnen sorgten für einen passenden Empfang. Sie hatten nicht nur Bettzeug zusammengetragen. Auf die Neuankömmlinge wartete auch frisches Obst, Spielzeug und Hygieneartikel. „Die Leute hatten wirklich an alles gedacht“, freut sich Helmut Dammer. Zuvor hatte der Hausmeister gemeinsam mit einem kubanischen Asylbewerber Montage- und Elektroarbeiten erledigt.

Und jetzt? Danish Ali dürfte bereits arbeiten. Am liebsten würde er das tun, was er auch in Syrien gemacht hat. Dort hat er als Großhändler Kinderkleidung im gesamten Nahen Osten und in Europa vertrieben. Auch für die Kinder ist gesorgt. Ab nächster Woche gehen sie in Schule, Kindergarten und Krippe.

Die meisten Syrer, die Anfang Januar als Flüchtlinge nach Rednitzhembach gekommen sind, sind inzwischen wieder weitergezogen. Die meisten nach Nürnberg, ein syrischer Arzt sogar nach Hannover, wo er demnächst in seinem gelernten Beruf als Herzchirurg arbeiten kann.

Danish Ali dagegen will in Rednitzhembach bleiben. „Warum sollte ich weg“, sagt er, „ich habe doch hier meine Familie.“ Danish meint dabei ausnahmsweise nicht seine Frau Sherin und seine Kinder. Sondern die Frauen und Männer des Rednitzhembacher Helferkreises.

Doch die nächsten Probleme warten schon. Die jetzige Unterkunft steht nur noch einige Wochen zur Verfügung. Eine Wohnung für eine sechsköpfige Familie zu finden ist, so hat Helmut Dammer festgestellt, „in Rednitzhembach fast unmöglich“.

Und: Danish Alis Geschichte hat nach langen Irrungen und Wirrungen einen guten Ausgang genommen. Doch weltweit sind derzeit Millionen von Menschen auf der Flucht, die Hilfe benötigen. „Wir können sicher nicht jedem helfen“, sagt Helmut Dammer. „Aber Danishs Geschichte zeigt doch, dass sich in der deutschen und bayerischen Asylpolitik etwas ändern muss.“

Der Asyl-Helferkreis hat über die Gemeinde ein Spendenkonto eingerichtet: BIC: BYLADEM1SRS, IBAN: 7645 0000 0000 1958 00 (Stichwort Helferkreis Asyl).

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