Intellektuelles Vergnügen mit Adolf Muschg und Manfred Dierks

6.11.2014, 08:30 Uhr
Intellektuelles Vergnügen mit Adolf Muschg und Manfred Dierks

© Foto: Schmitt

Die LesArt 2014 ist ein Festival der Duos: Anthoff und Declara, Scheck und Steinfest, Kunze und Drees, Seidel und Pausch heißen die Paarungen, die das Literaturspektakel bestimmen. Und eben Muschg und Dierks:

Adolf Muschg war gekommen, um seinen jüngsten Essay-Band vorzustellen. „Im Erlebensfall“ heißt das Buch, mit dem der Schweizer anlässlich seines 80. Geburtstags ein Zwischenfazit europäischer Kulturgeschichte und eines Schriftsteller-Lebens gezogen hat. Es ist eine Art „Best of...“, also eine Sammlung großartiger Vorträge aus der Feder des ehemaligen Züricher Professors für deutsche Literatur.

In der Alten Synagoge liest er ein tiefsinniges Stück über den Umgang des Menschen mit dem Tier, das auf theologische Fundamente zurückgreift und die eigenständigen Rechte der Fauna als Mitgeschöpfe anklingen lässt. Es ist der Einstieg in eine Diskussion, in der zunächst die Ambivalenz als „Grundstimmung des Lebens“ betont wird.

„Jeder Sachverhalt trägt auch den Widerspruch in sich“, findet Muschg, „denn es gibt Augenblicke, in denen ich ein Steak gut vertragen kann.“ Gelegenheit für Prof. Dr. Manfred Dierks, seine heitere Ader aufblitzen zu lassen: „Das ist dann Teufels Küche.“

Dierks und Muschg schwingen sich zu einem echten Höhenflug auf, währenddessen sie große Themen streifen: Euthanasie, Fundamentalismus, Fortschritt, Erziehung, Pubertät, Religion und die Marxsche Dialektik. Die kurzen Blöcke enden immer mit einem echten und manchmal auch verblüffenden Erkenntnisgewinn für die Zuhörer. Dierks kann dabei kongenial wirken, weil Muschg wohl niemand besser kennt als er. Schließlich hat er ein biografisches Porträt über den Büchner-Preisträger geschrieben.

„Adolf Muschg — Lebensrettende Phantasie“, heißt das Buch, das aus stundenlang aufgezeichneten Gesprächen der beiden entstanden ist. „Keine dicke Autobiographie, sondern ein konstruiertes Leben, denn biographische Wahrheit ist nicht zu haben“, sagt Dierks. Es folgt eine bedeutende Frage in Richtung seines Partners: „Wie war Dein Leben denn? Weißt Du es genau?“

Muschg schmunzelt und antwortet mit einer Anekdote, die den Freund zu bestätigen scheint. Manchmal komme jemand auf ihn zu. „Sie kenne ich doch“, sage der dann. „Sehen Sie“, entgegnet Muschg, „das unterscheidet uns.“

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