Theaterabend im Bunker

Wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre - wie würden Sie gerne sterben?

Stefan Gnad

"Leben"

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25.9.2023, 14:59 Uhr
Reflektionen über den Tod: Das immersive Ein-Personen-Theaterprojekt "zu sterben" wird neu aufgelegt. Termine: 26. und 27. September 2023 - Kunstbunker Nürnberg.

© Megaplot Reflektionen über den Tod: Das immersive Ein-Personen-Theaterprojekt "zu sterben" wird neu aufgelegt. Termine: 26. und 27. September 2023 - Kunstbunker Nürnberg.

Es ist die zweite Inszenierung von Claudia Schulz und Martin Fürbringer unter dem Namen Megaplot. Seit zwei Jahren ist das Duo gemeinsam unter dieser Überschrift unterwegs. Kennen tut man die beiden in der regionalen Kunst- und Kulturszene unter anderem vom Theater Zwangsvorstellung und vom Kunst- und Kurhaus Katana in der Nürnberger Südstadt. "Personell gibt es da natürlich Überschneidungen", erklärt Claudia Schulz. "Es ist der selbe Personenpool, aus dem sich das alles speist. In diesem Fall war es eine spezielle Idee von uns beiden, deshalb läuft das unter Megaplot."

So weit, so klar. Thema ist nun also der Tod - der große Gleichmacher, die letzte Unbekannte im Leben. "Das Publikum hat die Möglichkeit, sich mit verschiedenen Facetten des Sterbens auseinanderzusetzen", sagt Claudia Schulz, die nicht nur mit und bei Zwangsvorstellung, sondern auch als Matthias Egersdörfers Bühnen-Frau Carmen bevorzugt in menschlichen und gesellschaftlichen Untiefen gründelt und überhaupt gerne dorthin geht, wo es weh tut (ihr und dem Publikum). Auch mit Megaplot ist die Theatermacherin den um es mal vorsichtig zu formulieren finsteren und abseitigen Themen zugetan. "Gestorben wurde schon immer und wird auch bis auf weiteres" heißt das in der Einladung und diese Binsenweisheit klingt fast schon Wienerisch.

Das Durchschnittsalter bei Selbstmorden ist hoch

Tatsache ist aber auch: Viele Menschen schauen beim Tod gerne weg, und zwar so richtig. Dabei ist das Thema gerade so allgegenwärtig wie lange nicht mehr: Krieg, Pandemie, Burnout und Depressionen, Überalterung der Gesellschaft, Vereinsamung im Alter, die Kirchen auf dem Rückzug, das Gesundheitssystem am Hund ... und die Gesetzentwürfe für eine Neuregelung der Suizidbeihilfe sind jüngst kurz vor der Sommerpause im Bundestag auch noch gescheitert.

In "zu sterben" steht der Schauspieler Pius Maria Cüppers allein auf der Bühne.

In "zu sterben" steht der Schauspieler Pius Maria Cüppers allein auf der Bühne. © Megaplot

Suizid ist nur eine Facette des alles andere als launigen Theaterabends. Martin Fürbringer: "Was man gar nicht so unbedingt auf dem Schirm hat: Viele Menschen, die sich selbst töten, sind alt." Das Durchschnittsalter bei Selbstmorden in Deutschland liegt bei 60 Jahren - und zwar bei beiden Geschlechtern (75 Prozent aller Selbstmorde werden von Männern begangen). Bei Teenagern ist Suizid die zweithäufigste Todesursache ...

Ein Jahr lang haben Schulz und Fürbringer recherchiert. "Manche Themen waren auch echt ekelhaft", erzählt Claudia Schulz, etwa wenn hinter der vieldiskutierten Sterbehilfe kommerzielle Geschäftsmodelle lauern ...

Triage ist ein weiteres Unterthema - und ein weiteres Wort, das viele Menschen erstmals im Zuge der hinter uns liegenden Pandemie kennenlernten. Wer kriegt medizinische Hilfe, wer darf überleben, wenn es mehr Patienten als Betten, Gerätschaften und Medizin gibt?

Dass es in Deutschland keine festen, offiziellen Kriterien für diese schwere Wahl gab, ließ die Menschen, die diese unmöglichen Entscheidungen in der Praxis treffen mussten, komplett alleine. Inzwischen gibt es einen Fragenkatalog für die Priorisierung medizinischer Hilfeleistung bei unzureichenden Ressourcen, gleichwohl liest sich auch dieser äußerst fragwürdig. So, wie man Scholz und Fürbringer kennt, könnte die Praxisnähe dieser Kriterien im Kunstbunker möglicherweise gemeinsam mit dem Publikum erprobt werden ...

Es wird nicht gezaubert

Am Ende oder gleichsam über allem steht bei diesem Theaterabend die beliebte Frage: Wie würde man selbst gerne sterben, wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre?

Mehr wollen die beiden Theatermacher nicht verraten - die beiden Veranstaltungen im Kunstbunker Nürnberg setzt schließlich auch auf den Faktor Überraschung. Nur soviel: Der als "immersive Theaterperformance" (von engl. "Immersion": eintauchen, vertiefen) angekündigte Abend soll "ein emotionales Gesamterlebnis ohne politische Botschaft" werden. Was wir außerdem wissen: Es ist ein Ein-Personen-Stück. Auf der Bühne steht Pius Maria Cüppers und performt. Er wird nicht zaubern. Die Musik kommt von Kostia Rapoport (Staatstheater Nürnberg).

Das "warm anziehen" eingangs war übrigens kein Kalauer, sondern ein handfester Tipp: Tief drunten in dem ehemaligen Luftschutzkeller ist es tendenziell eher zapfig ...


Die immersive Theaterperformance „Zu Sterben“ von und mit Megaplot am 26. und 27. September 2023, jeweils um 20 Uhr im Kunstbunker, Am Bauhof 9 in 90402 Nürnberg. Karten [HIER]

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