Diskussion um die Dieselkrise: Das Vertrauen ist verspielt

28.9.2018, 10:48 Uhr
Es ist kein Zufall, dass die Politik jetzt tätig wird, kommentiert Dieter Schwab.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich Es ist kein Zufall, dass die Politik jetzt tätig wird, kommentiert Dieter Schwab.

Nur zur Erinnerung: Es war massenhafter Betrug, den  deutsche Autohersteller, allen voran der VW-Konzern mit seinen Marken Volkswagen, Porsche und Audi. Dessen Chef sitzt deshalb sogar seit Monaten im Gefängnis.

Manipulierte Software wurde aufgespielt, die auf dem Prüfstand einen sauberen Motor vortäuschte, obwohl das Fahrzeug auf der Straße, was das Stickoxid anging, eine Dreckschleuder war. Bereits vor drei Jahren flog der Schwindel auf. Jeder normale Bürger, jedes normale Unternehmen, muss für solche kriminelle Handlungen gerade stehen. Wie das geht, haben die USA vorgemacht: Rücknahme der Fahrzeuge und Zahlung von Entschädigungen.

Nicht so in der Bundesrepublik. Selbst Hardware-Nachrüstungen verweigerten die Firmen, den Einbau von Katalysatoren zum Beispiel oder gar einer Harnstoff-Einspritzanlage. Die Argumente waren fadenscheinig, letztlich ging es um eines: Kosten zu vermeiden. Dabei fuhr gerade der VW-Konzern prächtige Gewinne ein.

Der frühere CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt und sein Nachfolger, Parteifreund Andreas Scheuer, sahen tatenlos zu. Gut, in Bayern hat Audi seinen Firmensitz wie auch BMW (dieses Unternehmen ist allerdings, wenn überhaupt, allenfalls am Rande betroffen).

Aber: Muss man es deshalb zulassen, dass die Kunden mit einer popeligen Software-Aufspielung abgespeist werden? Sie haben am Ende trotzdem ein Fahrzeug, das nicht die Vorgaben erfüllt, die ihnen beim Kauf vorgegaukelt worden waren. 

Es ist kein Zufall, dass die Politik jetzt tätig wird: In großen Städten drohen Fahrverbote, weil die Stickoxid-Grenzwerte überschritten werden. In Hamburg ist es bereits soweit, Stuttgart wird nachziehen. Und dabei wird es nicht bleiben.

Der Dieselgipfel kommt zu spät

Auch das kommt nicht freiwillig: Gerichte mussten die Behörden dazu zwingen, geltendes Recht einzuhalten. Sie taten es; wenigstens der Rechtsstaat funktioniert, wenn schon die Politik versagt.

Und nun stecken Politik und übrigens auch die Hersteller in einer Zwickmühle: Sie müssen entweder die Wut der Dieselfahrer fürchten, wenn sie nicht mehr in die Stadt an ihren Arbeitsplatz fahren dürfen - die einen bangen um Wähler, die anderen um Konsumenten. Oder sie müssen jetzt, endlich, handeln.

Der Dieselgipfel heute im Kanzleramt und das Treffen der Koalitionsspitzen am Montag ist ein Ansatz. Aber er kommt weder rechtzeitig noch freiwillig. Das Vertrauen der Menschen in die Politik und in die Firmen ist verspielt, und es wird nur schwer zurückzugewinnen sein. Die beiden Koalitionsparteien brauchen sich nicht wundern, wenn sie in den Umfragen verlieren - gewiss nicht nur aus diesem Grund, aber auch. Sie könnten daraus lernen: Die deutschen Autohersteller dürfen  nicht mehr Hätschelkind der Politik sein, die immer irgendwo davonkommt, egal, was sie anstellen. Sondern ganz normale Subjekte in einem Rechtsstaat.

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